Zum Tode von Georg Thönnissen

Mit der Schreibmaschine zur Neckarwiese

Thönnissen berichtete mehr als 50 Jahre lang für die RNZ über das Rudern berichtete

16.07.2017 UPDATE: 17.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Wissbegierig, verbindlich und kameradschaftlich: Georg Thönnissen †. Foto: Pfeifer

Von Claus-Peter Bach

Heidelberg. Der Heidelberger Sport nimmt Abschied von Georg Thönnissen. Der "Förderer des Sports" ist am 5. Juli im Alter von 89 Jahren gestorben. Georg Thönnissen war von 1957 bis 2008 Rudermitarbeiter der RNZ und trug durch seine zahllosen Veröffentlichungen dazu bei, dass die besten Akteure dieser faszinierenden Heidelberger Traditionssportart populär wurden und der Rudersport in der Kurpfalz viele Förderer fand.

"Schorsch", wie ihn seine Freunde riefen, wurde am 21. März 1928 als Sohn des Kapellmeisters Alf Thönnissen und dessen Ehefrau Liesel im Haus "Zum Gutenberg" an der Ecke Hauptstraße/Brunnengasse geboren. Des Vaters Orchester unterhielt die Kurgäste vor dem Stadtgarten-Pavillon, damals ein Mittelpunkt gutbürgerlichen Lebens in der Universitätsstadt. Georg besuchte die Mönchhofschule und die Höhere Handelsschule, ehe er in den letzten Kriegsjahren als Flakhelfer zum Einsatz kam und mit einer gelben Armbinde den Ludwigshafener Ebertpark und Oggersheim "vor der totalen Zerstörung bewahrte." So berichtete der reife Georg Thönnissen, dem Selbstironie nicht fremd war, über seine Kriegserlebnisse.

Gleich 1945 begann er eine Verwaltungslehre bei der Stadt Heidelberg und ging 1991 als Oberverwaltungsrat in den Ruhestand. Vierzehn Jahre lang leitete Georg Thönnissen mit Akribie das Amt für Verteidigungslasten, das immer dann flink reagieren musste, wenn beispielsweise im täglichen Stoßverkehr ein Panzer ein Verkehrsschild umfuhr oder ein fröhlicher Besatzungssoldat in der Altstadt randalierte. Von 1964 bis 1969 führte er die EDV in die Stadtverwaltung ein. Die Bürde des Amtes trug Georg Thönnissen mit Eleganz. Die Arbeit ließ dem sportbegeisterten Mann einige Energie, um in der Mittagspause mit der Kugelkopf-Schreibmaschine seine engzeiligen Artikel für die RNZ zu verfassen und die Berichte über die Erfolge der HRK- und RGH-Boote bei nationalen Meisterschaften in Berlin, Essen, Ratzeburg und München oder der Heidelberger Nationalmannschaftsruderer bei den Regatten in Luzern, Paris und Prag in der Redaktion abzuliefern. Da es auch viel zu erzählen gab, dauerte die Mittagspause eben etwas länger, dafür ernannte der Ruderklub Luzern den unermüdlichen Hobby-Journalisten zum "Kapitän vom Rotsee".

Thönnissen war Rudern, ganz klar. Aber als der Leverkusener Kurt Bendlin am 13. und 14. Mai 1967 im Heidelberger Unistadion seinen Zehnkampf-Weltrekord (8319 Punkte) aufstellte, schrieb "Schorsch" auch darüber eine ganze Zeitungsseite - er war vielseitig am Sport interessiert und betrachtete die Funktionäre seiner Zeit aus kritischer Distanz. Die vorolympische Regatta 1972 in München nannte er sein "schönstes sportliches Erlebnis."

Georg Thönnissen trat 16-jährig in den HRK ein, lernte das Rudern auf dem für tückische Strömungen gefürchteten Neckar bei seinem Onkel "Bibo" Veith, wurde 1950 zum Jugendwart gewählt und führte als Trainer den Jugendachter mit Schlagmann Hansjörg Schröder 1951 in Berlin auf Platz drei der deutschen Meisterschaft.

Georg Thönnissen berichtete auch für das Kurpfalz-Radio und den Rudersport mit unbestrittener Expertise. Er war seit 1965 Redakteur der HRK-Vereinszeitung, ab 1975 Pressewart und von 1996 bis 2002 Vizepräsident für Öffentlichkeitsarbeit seines Vereins. Auch im Landesruderverband und im Deutschen Ruder-Verband (DRV) nahm er sich der Öffentlichkeitsarbeit an. Ab 1954 wirkte er in der Leitung des Regattaverbandes mit, dessen Chef er 1973 und 1974 war. Die Heidelberger Rennen um den "Martini-Achter" begeisterten damals die ganze Stadt. Seine Artikel schrieb er an Ort und Stelle mit der Schreibmaschine im Zielhäuschen auf der Hundewiese. Die "Sumen" auf der Neckarwiese fanden in Georg Thönnissen einen väterlichen Freund. Kaum waren sie zehn Jahre alt, engagierte er die kleinen Neuenheimer als Verkäufer der von ihm gestalteten Regattaprogramme. Fünfzig Pfennig pro verkauftes Heft waren ein äußerst fairer Lohn, da war die Sparbüchse ganz schnell voll.

Dass ein so fleißiger, sachkundiger und beliebter Mann sämtliche Ehrungen der Rudervereine und -verbände erhalten hat, versteht sich von selbst; auch französische Ehrennadeln haben ihn, der sich rank und schlank hielt, sein Tässchen Kaffee liebte und von der Verdauungszigarette nicht lassen wollte, bunt geschmückt. Nun haben Georg Thönnissen, der die Regatta 2017 noch kurz besuchen konnte, die Kräfte verlassen. Er behält einen Ehrenplatz in den Herzen der Heidelberger Sportler, die mit seinem Sohn Andreas und dessen Familie trauern.

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