Große Hoffnung, aber auch Bangen: DFB will Frauen-EM 2029
Das bislang letzte große Frauenfußball-Turnier in Deutschland war die WM vor 14 Jahren. Nun hofft der DFB auf den Zuschlag für die Europameisterschaft 2029 - die Konkurrenz ist groß.

Nyon (dpa) - Beim Werben um die Frauen-Weltmeisterschaft 2027 setzte es für den Deutschen Fußball-Bund im vergangenen Jahr noch eine deutliche Niederlage. Nun soll die Europameisterschaft 2029 das nächste große Fußball-Fest in Deutschland werden. Mit dem Versprechen auf volle Stadien, das erste finanzielle Plus der EM-Geschichte und Schwung für den boomenden Frauenfußball hofft der DFB auf den Zuschlag durch die UEFA.
An diesem Mittwoch vergibt die Europäische Fußball-Union das Turnier in vier Jahren. Die Konkurrenten Deutschlands sind die gemeinsame Bewerbung von Dänemark und Schweden sowie die Einzel-Kandidatur aus Polen. "Der positiven Entwicklung des Frauenfußballs wollen wir in ganz Europa durch die Ausrichtung des Turniers einen weiteren Schub verleihen", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf.
Die wichtigsten Fragen vor der Vergabe durch das UEFA-Exekutivkomitee:
Wer sind die Konkurrenten und wie stehen die Chancen des DFB?
Dänemark und Schweden gelten mit ihrer vergleichbaren Affinität für Frauenfußball als härteste Rivalen und setzen unter anderem auf ihre große Tradition. Gemeinsam mit Norwegen und Finnland war das Duo bereits mit dem Anlauf für die EM 2025 gegen die Schweiz unterlegen. Dänemark und Schweden können nicht mit so großen Stadien wie der DFB werben. Gegen Deutschland spricht dagegen, dass es dann kaum noch Wachstumspotenzial für die UEFA gäbe. Sollte die Frauen-EM zukünftig mit mehr als 16 Teams stattfinden, würde man einen großen Gastgeber mit vielen Stadien brauchen.
Intern wird beim DFB davor gewarnt, den dritten Bewerber Polen zu unterschätzen: Es wäre die erste EM in Osteuropa. Dort hinkt der Frauenfußball noch hinterher, neue Märkte können erschlossen werden. Zudem verfügt Polen über die Stadien von der gemeinsamen Männer-EM 2012 mit der Ukraine. Italien und zuletzt Portugal hatten ihr Interesse als mögliche weitere Bewerber zurückgezogen.
Was hat der DFB zu bieten?
Groß denken, so lautet die Devise. "Unser Ziel ist es bei den Spielen, die wir dann sehen, über eine Million Zuschauer ins Stadion zu bringen", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Das Turnier soll auch wirtschaftlich profitabel werden, das wäre ein Novum in der EM-Historie der Frauen: "Wir haben den Anspruch, dass hier zumindest eine schwarze Null geschrieben wird."
Bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer hatte die Schweiz als Gastgeber die Zuschauer-Bestmarke der EM 2022 in England (574.875 Fans) schon vor dem Finale deutlich übertroffen - aber finanziell ein Minus gemacht.
Bei der Präsentation in Nyon sind nicht nur DFB-Spitzenfunktionäre wie Neuendorf und Frauen-Bundestrainer Christian Wück anwesend. Auf der Bühne soll nach dpa-Informationen auch Alexandra Popp, langjährige Kapitänin des Nationalteams, für Deutschland als Turnierausrichter werben.
In welchen deutschen Städten soll gespielt werden?
Anfangs waren 31 Städte interessiert, am Ende bestimmte der DFB acht von elf Bewerbern: Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Köln, Leipzig, München und Wolfsburg. Berlin, Gelsenkirchen und Rostock mussten passen. Die EM-Gastgeber-Städte müssen zwischen 100 und 150 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Wer entscheidet über die EM-Vergabe?
Die UEFA-Exekutive mit Präsident Aleksander Ceferin an der Spitze hat das letzte Wort. Mitglieder sind unter anderem Norwegens Verbandschefin Lise Klaveness als einzige Frau, Georgiens früherer Freiburger Bundesliga-Profi Lewan Kobiaschwili und Katars Nasser Al-Khelaifi, der Präsident von Paris Saint-Germain, als Vertreter der European Football Clubs (EFC). Nicht abstimmungsberechtigt im Führungsgremium sind Hans-Joachim Watzke als deutscher Vertreter sowie der Däne Jesper Møller Christensen.
Wie ist das Prozedere?
Der Evaluierungsbericht der UEFA wird vor der Abstimmung nicht veröffentlicht. Jeder Kandidat hat acht Minuten für seine Präsentation plus sieben Minuten, um Fragen zu beantworten. Der DFB benötigt bei der geheimen Abstimmung hinter verschlossenen Türen die absolute Mehrheit, um bereits im ersten Wahlgang zu gewinnen. In einem zweiten Durchgang reichen dann die meisten Stimmen.
Wie sind die Aussichten auf weitere große Turniere in Deutschland?
Wenn es mit der Frauen-EM nicht klappt, könnte die Männer-EM 2024 für längere Zeit das letzte große Fußballturnier gewesen sein. Ob der Verband einen erneuten Anlauf für eine zweite Frauen-WM nach 2011 nimmt, ist offen.
Eine dritte Männer-WM nach 1974 und 2006? Neuendorf kann sich "grundsätzlich vorstellen, dass wir uns perspektivisch mit dieser Frage auseinandersetzen und schauen, unter welchen Rahmenbedingungen eine solche Bewerbung überhaupt denkbar ist". Diese WM-Turniere sind jedoch auf Jahre hinaus vergeben: 2026 an USA, Kanada, Mexiko, 2030 - auf drei Kontinenten - an Marokko, Portugal, Spanien, Uruguay, Argentinien und Paraguay sowie 2034 an Saudi-Arabien.
Zuletzt sorgte ein Medienbericht über ein angebliches deutsches Interesse an der Club-WM der Männer 2029 für Wirbel - dies dementierte der DFB jedoch.
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