Aufgespießt! - Die RNZ-Sportkolumne

Über die Liebe in stürmischen Zeiten

Liebesbekenntnisse zum Fußball, zum Trainer, zu einem Verein und zu seiner Stadt sind trotz aller Bekenntnisse mit Vorsicht zu genießen

14.12.2017 UPDATE: 16.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Von Claus-Peter Bach

In der Fußball-Bundesliga wird viel geliebt. Man mag es, liebe Leserin, lieber Leser und liebes Leserlein, angesichts der Dramatik der Spiele, der Härte vieler Zweikämpfe, der Höhe der Gehälter und Ablösesummen und der rohen Sitten in den Vorstandsetagen kaum glauben. Nach jedem Tor, das sie in Erfüllung ihres dienstlichen Auftrags schießen, fallen die Spieler übereinander her und herzen und küssen sich ungeniert, obwohl sich nach dem liebenswürdigen Thomas Hitzlsperger (2014) keiner mehr geoutet hat.

In Liebesdingen besonders umtriebig, ist uns in den letzten Wochen Peter Stöger ins Auge gestochen, obwohl dieser Wiener Fußballlehrer sich besser weniger "der Liab" als dem Spielverständnis seiner Kölner Akteure gewidmet hätte. Seit fast zwanzig Jahren mit der Schauspielerin Ulrike Kriegler verbunden, hat Stöger es fertig gebracht, nicht nur einen Spieler oder seine Mannschaft zu lieben, sondern eine ganze Stadt. Das hat er am Tage seiner Entlassung unserem Korrespondenten Andreas Morbach anvertraut. Der schrieb von einer "wundervollen Liebesaffäre", und was man in der RNZ liest, darf man getrost glauben.

Max Merkel (1918 - 2006), ebenfalls Fußballlehrer aus Wien und Landesmeister mit Rapid, dem TSV 1860 München, 1. FC Nürnberg und Atlético Madrid, hätte seinen Landsmann, der mit immerhin schon 51 Jahren die Manneskraft aufbringt, eine ganze Stadt zu lieben, "ahn dollen Hecht" genannt. Was Frau Kriegler zu den Umtrieben ihres Peterle meint, ist nicht überliefert. Wir wissen immerhin, dass das Paar - gemeinsam! - rege am kulturellen Leben der Domstadt teilgenommen hat. "Das ist besser als shoppen", findet mein Papagei, der schon am Dienstag nach dem Dortmunder Sieg in Mainz gefühlt hat, dass sich zwischen Peter Stöger und den Borussia-Fans im Stadion eine neue, aufregende Liebesaffäre entwickeln könnte. Stöger hat bei seinem superraschen Bundesliga-Comeback etwas Einmaliges geschafft: Sein Team, die neue "Liab", holte in einem einzigen Match genauso viele Punkte wie seine alte Liebe in den 14 ersten Spieltagen der Saison.

Bei der Fernsehübertragung dieses epochalen Fußballspiels sind uns zwei Phänomene aufgefallen: Die Dortmunder Anhänger auf den billigen Plätzen sind auch in stürmischen Zeiten und bei nasskaltem Wetter flexibel. Hatten sie dem Niederländer Peter Bosz zu Saisonbeginn süße Schmeicheleien zugerufen, so verabschiedeten sie den emotional verarmten Mann nach dem 15. Saisonspiel mit groben Beleidigungen, um Peter Stöger nur drei Tage später vieltausendstimmig als neuen Lover zu begrüßen. Noch erstaunlicher aber war, dass eine Firma namens Intersport mit elektronischen Anzeigetafeln hinter beiden Toren zu verstehen gab, "aus Liebe zum Sport" dort zu werben. Bisher waren wir immer davon ausgegangen, dass Sportartikelhändler Bandenwerbung betreiben, um Kickstiefel, Stutzen, Trikots oder Bälle anzupreisen. Ist die Bundesliga etwa doch kein großes Geschäft? Existiert sie nur der Liebe wegen? Wer es ganz genau wissen will, sollte Peter Stöger fragen.

Mein Papagei empfiehlt, der Liebe nicht allzu sehr zu trauen, schließlich wird sie in der Literatur, der Musik und der "Bravo" oft problematisiert. Sie sei zwar hin und wieder schön und von langer Dauer ("ewiglich"), aber eben auch trügerisch und wendisch wie das Wetter im Dezember 2017. Wo die Liebe hinfällt, kann sie wirken - im Guten wie im Bösen und im Fußball. Seine Freunde, der Dompfaff und die Nachtigall, haben meinem Papagei frei nach Walzerkönig Johann Strauss, ein Duett vorgesungen: "Die Liebe, die Liebe ist eine Himmelsmacht." Fußballlehrer brauchen also Gottvertrauen.

Kontakt: claus-peter.bach@rnz.de

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