Julian Nagelsmann ist von den Transferfristen genervt
Hoffenheim muss sich verstärken, doch "der Transfermarkt läuft total schleppend".
Von Roland Karle
Sinsheim. Bei der TSG Hoffenheim explodieren die Preise. Julian Nagelsmann kostet 400 Millionen Euro, für Stürmer Sandro Wagner sind mindestens 50 Millionen Euro fällig. Die Ablöse für den Trainer hat Klubeigentümer Dietmar Hopp festgelegt, Wagners Wegegeld hat Nagelsmann bekannt gegeben. Sie sprachen die hohen Zahlen lässig aus, schmunzelten dabei und waren gut gelaunt. Ein Späßchen halt.
Aber: Es ist kein Witz, dass es im kommerziellen Fußball inzwischen um Fastilliarden geht. Vor zehn Jahren hätte es gereicht, einem Teufelskerl wie Wagner ein, sagen wir mal, Fünf-Millionen-Etikett auf den Oberschenkel zu kleben, um zu wissen: Das ist nicht ernst gemeint.
Barcelona und Madrid, London und Manchester, der ölige Orient und auch China markieren bereits die Landkarte des fußballerischen Absurdistans, vielleicht kommt auch München bald dazu. Uli Hoeneß, dem bei großen Summen bekanntlich nicht schwindlig wird, hat angekündigt für seinen FC Bayern die eine oder andere "Granate" einzukaufen.
Jetzt, da fast alle Spiele der Saison gespielt sind, verlagert sich die Spannung vom Rasen in die Wechselstuben. Weltweit wird gehandelt und geschachert, unter strenger Einhaltung der verbandsoffiziellen Termine. Im Kongo und in Kamerun zum Beispiel ist das berühmte "Transferfenster" nur noch eine Woche geöffnet, während es in Nordkorea erst in neun Tagen öffnet. Die genannten Länder sind nicht gerade das Kerngebiet deutscher Talentspäher oder Sehnsuchtsziele finanzbewusster Spieler. Hierzulande müssen alle Wechsel im Profifußball bis zum 31. August um 18 Uhr abgewickelt sein; fürs Wintershopping gilt die Frist bis zum 31. Januar.
Auch interessant
Nagelsmann ist davon schon jetzt genervt. Hoffenheim muss sich verstärken, doch "der Transfermarkt läuft total schleppend". Er macht dafür auch Berater verantwortlich. "Die warten bis ultimo, dann gibt’s die meiste Kohle." Der TSG-Trainer plädiert für kürzere Wechselfristen. Am 31. Mai sollte Schluss sein - und dann Fenster zu! Bei der jetzigen Praxis "ist doch gar keine vernünftige Vorbereitung möglich". Hoffe beginnt am 28. Juni. Bis zu neun Wochen später können noch Spieler kommen und gehen. "Wann willst du da mit der kompletten Mannschaft trainieren?", fragt Nagelsmann, richtig in Fahrt gekommen. Dann habe er "mit dem Hausmeister trainiert, mit der Waschfrau und mit 18 U 23-Spielern". Zuschauer würden sich über das Gebolze in den Stadien wundern - und wenn ein Trainer am vierten Spieltag entlassen wird, so Nagelsmann, "hat er vielleicht noch keine einzige Einheit mit der ganzen Mannschaft gearbeitet".