1899 Hoffenheim

Die "Ö3" für den Kraichgau

Warum die TSG 1899 Hoffenheim künftig auf das Alpenland-Trio Florian Grillitsch, Robert Zulj und Stefan Posch setzt

20.07.2017 UPDATE: 21.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Österreicher für die TSG Hoffenheim am Ball: Florian Grillitsch kam von Werder Bremen. Fotos: APF

Von Joachim Klaehn

Windischgarsten. Beim Hitradio Ö3 arbeiten viele Koryphäen. Der sogenannte Ö3-Wecker beispielsweise ist ein Hörgenuss. Kollege Robert Kratky hat in dieser Woche allen Flachlandtirolern zehn Regeln vermittelt, ganz nach der Devise: Auf der Alm da gibt’s ka Sünd, aber jede Menge Rind. Wie hat sich der Mensch gegenüber Kühen zu verhalten? Hallelujah, köstlich - "aufpassen und aufmerksam sein", dies sei gegenüber "den Instinktwesen" stets zu empfehlen. Eine Alm ist eben kein Streichelzoo - und das Leben der Fußballprofis kann zuweilen ähnlich gefährlich sein. Robert Zulj ist einer von sechs Neuzugängen bei der TSG 1899 Hoffenheim, der momentan von den Nebenwirkungen seines Jobs ein Lied singen kann.

Hintergrund

TSG-Doppelpass

Einen Tag lang spionierte Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Michael Strugl mit seinem Gefolge im Trainingslager. "Wir konnten Spielern und Trainern auf die Beine schauen", sagte Strugl auf der Terrasse des Dilly, "die

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TSG-Doppelpass

Einen Tag lang spionierte Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Michael Strugl mit seinem Gefolge im Trainingslager. "Wir konnten Spielern und Trainern auf die Beine schauen", sagte Strugl auf der Terrasse des Dilly, "die hohe Professionalität des Trainings und der Organisation sind beeindruckend." Hansi Flick, TSG-Geschäftsführer Sport, überreichte Strugl ein Hoffe-Trikot mit Unterschriften der Mannschaft. Das Sportland Oberösterreich und Oberösterreich Tourismus haben mit Hoffenheim eine Marketing-Kooperation vereinbart und setzen darauf, dass die TSG auch 2018 und 2019 das Sommer-Trainingscamp in Windischgarsten abhält. Es sieht gut aus mit dem Doppelpass.

Gnabrys Trikotnummer

Bayern-Leihspieler Serge Gnabry, dessen Wechsel passgenau seit seinem 22. Geburtstag am 14. Juli feststeht, bekommt bei "Hoffe" die Trikotnummer 29. Die hatte er übrigens auch bei Werder Bremen getragen. Dass Gnabry die Nummer auch beim FC Bayern erhält, ist eher unwahrscheinlich. Kingsley Coman, der 21-jährige Rechtsaußen der Münchner aus Guadeloupe, trägt die 29 und hat beim Rekordmeister noch bis 2020 ein Arbeitspapier.

Rudis Tour

Nicht nur bei der laufenden Tour de France schwitzen derzeit die Pedaleure. Rudi Sauer (61) aus Dielheim ist für seine TSG kein Weg zu weit. "Ich habe vorher geschaut, wie ich mir die Tour am besten einteile", bekennt Sauer. Die 580 Kilometer von Dielheim nach Windischgarsten packte Sauer in vier Tagen, was einem Tagespensum von durchschnittlich 145 Kilometer entspricht. Chapeau! Gemeinsam mit Frau Inge verfolgt Rudi seit Jahren die Trainingslager von "Hoffe". Zu Hause läuft der drahtige Mann immer mal wieder ins TSG-Trainingszentrum, um die Profis zu begutachten. "Eine tolle Joggingstrecke", sagt Sauer. Je nach Verlauf sind es zwischen Dielheim und Zuzenhausen acht bis zwölf Kilometer. Einfach. Ein Klacks halt. jog

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Beim Telekom-Cup in Mönchengladbach am vergangenen Wochenende musste Zulj zwei Mal grätschen. Nun sitzt er auf der Terrasse des Teamhotels und eine große Platzwunde ziert sein linkes Bein. Doch der 25-Jährige, der die österreichische und kroatische Staatsbürgerschaft besitzt, ist mit seinen 1,89 Metern ein harter Hund, was dem Berichterstatter von Radio Arabella eine Spontanreaktion im Rahmen einer Presserunde entlockt: "Dös schaut scho heftig aus!" Weshalb eine größere Bandage bei den harten Einheiten von Julian Nagelsmann Schlimmeres verhindert.

Zulj, ausgesprochen "Schul", stammt aus dem benachbarten Wels. Er ist demnach der Lokalmatador im Hoffenheimer Trainingslager. Und natürlich freut sich das ehemalige "Kleeblatt" von Greuther Fürth auf "sein" Heimspiel am Samstag (17 Uhr) mit der TSG in der Wimpassing-Arena von Wels gegen den FC Genua 1893 ganz besonders. Seine Eltern leben in der historischen Stadt, Freunde und Bekannte werden beim Test gegen die Italiener anrücken. "Ich bin überzeugt von meiner Qualität", sagt Zulj selbstbewusst.

Österreicher orientieren sich in aller Regel Richtung Bundesliga. Das ist die vermeintlich geeignete Plattform, um den entscheidenden Karrieresprung zu wagen und zu machen, sei es über den Umweg Zweite Liga oder auf dem direkten Weg ins deutsche Oberhaus. Im zehnten Jahr der Zugehörigkeit zur Beletage vertraut "Hoffe" gleich auf drei Alpenländer mit Perspektive. Florian Grillitsch (21, vorher Werder Bremen), Zulj und Stefan Posch (20, eigene Jugend), der im Juni einen Lizenzspielervertrag bis 2020 erhalten hat. Grillitsch kommt aus Niederösterreich, besuchte sechs Jahre lang die Fußballakademie von St. Pölten und arbeitete sich bei Werder (2013 - 2017) systematisch hoch. Innenverteidiger Posch wechselte im Sommer 2015 vom FC Admira Wacker Mödling zur U19 der Kraichgauer. Seine Heimat ist Judenburg in der Steiermark.

"Ö3" in Hoffenheim - Grillitsch meint grinsend: "Ich freue mich natürlich, dass ich zwei Landsleute im Team habe. Jetzt wollen wir natürlich die Spielidee von Julian Nagelsmann möglichst schnell verinnerlichen." Genau dies versuchen sie alle in Windischgarsten. Grillitsch hat schon festgestellt, dass es dabei viel Neues für den ehrgeizigen Kader zu verarbeiten gilt. Gerade in puncto Tempo, Intensität und kognitive Aufnahmebereitschaft lässt Nagelsmann nicht locker. Deutschlands großes Trainertalent kommt in dieser Woche noch einen Tick ambitionierter rüber als vergangenes Jahr bei der Vorbereitung in Bad Häring. Heuer lockt die Königsklasse …

"Es ist unglaublicher Zug in den Sequenzen drin. "Es sind sehr, sehr viele Inhalte", räumt Robert Zulj ein, "das Niveau ist richtig hoch." Für ihn ist die Trainingsmethodik kein Neuland, bei Red Bull Salzburg habe er 2014 Ähnliches unter Roger Schmidt erlebt. Nahezu deckungsgleich äußert sich Grillitsch, der berechtigte Ansprüche auf einen Platz in der Startformation stellt. "So kannte ich das nicht. Aber die TSG hat mich nicht geholt, damit ich Mitläufer bin. Ich will mich hier durchsetzen", so der schlanke, zentrale Mittelfeldspieler, der nach eigener Aussage sowohl auf der Sechs, Acht oder Zehn agieren kann.

Manager Alexander Rosen hält auf die österreichische Fraktion bei "Hoffe" große Stücke - Breite und Qualität wurden im Kader gezielt verbessert. Im Fall von Zulj und Posch ist sich Rosen absolut sicher, dass sie die Rolle der Herausforderer annehmen. "Robert war einer der herausragenden Spielerpersönlichkeiten in der Zweiten Liga", so der Direktor Profifußball zuversichtlich. "Stefan ist ein Riesentalent. Damit zeigen wir, dass wir hintere Kaderplätze weiterhin mit Spielern aus der eigenen Akademie besetzen." Spiel- und Verhaltensregeln sind bei Nagelsmann für alle 30 Profis klar definiert. Insgesamt 31 Prinzipien existieren für Bundesliga, DFB-Pokal und Europacup-Premiere. Ö3-Hörer von Robert Kratky haben es da vergleichsweise leichter. Zehn Regeln reichen aus, um Kühe ("Behalten Sie die immer im Blickfeld") auf Almwiesen ja nicht zu erschrecken …

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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