Ein Quantensprung für "Hoffe"
Der Kraichgauklub hat Historisches geleistet und darf weiterhin vom lukrativen Millionenspiel in der Königsklasse träumen
Von Joachim Klaehn
Sinsheim. Der Satz von Vordenker und Vorausdenker Julian Nagelsmann fiel nebenbei. "Es ist extrem schwer, das zu wiederholen", meinte der TSG-Cheftrainer in vertrauter Runde nach dem offiziellen Teil der Pressekonferenz. Es klang nach einem perfekten Saisonfazit aus Hoffenheimer Sicht. Platz vier in Deutschlands Beletage ist top, wenngleich sich im Laufe der segensreichen Saison mancher hartgesottene "Hoffe"-Fan gewünscht hätte, die Kraichgauer würden noch den Direkteinzug in die Champions League feiern.
Fußballer im Profigeschäft, ob Trainer oder Spieler, sagen viel oder ganz wenig - je nach sportlicher Situation und je nachdem, was ihnen Medienberater, die inzwischen ab einem bestimmten Level Standard sind, empfehlen oder zuweilen gar in den Mund legen. Bei Nagelsmann ist es ein Stück weit anders. Er lässt sich zwar coachen, doch er redet wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Das wiederum schafft Authentizität und Glaubwürdigkeit.
Hintergrund
Pressestimmen:
Augsburger Allgemeine: "Bei der TSG 1899 Hoffenheim holte sich der FCA mit einem glücklichen, aber nicht unverdienten 0:0 den noch notwendigen Punkt."
Die Augsburger Zeitung: "Sei es, dass die
Pressestimmen:
Augsburger Allgemeine: "Bei der TSG 1899 Hoffenheim holte sich der FCA mit einem glücklichen, aber nicht unverdienten 0:0 den noch notwendigen Punkt."
Die Augsburger Zeitung: "Sei es, dass die Glücksgöttin Fortuna dem FCA kein weiteres Ungemach bereiten wollte, sei es, dass sich die Nagelsmann-Truppe nach der zwischenzeitlichen 3:2 Führung der Bremer schon in der Champions League wähnte, es blieb bis zum Abpfiff der Partie bei zwei Pfostenschüssen."
Süddeutsche Zeitung: "Hoffenheim muss nach einem seltsam uninspirierten Auftritt in die Champions-League-Qualifikation. Vielleicht war das vorbereitete Brimborium und die Erwartung eines Torfestivals ein bisschen zu viel Ballast für Nagelsmanns Mannschaft."
Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Das letzte kleine Wunder, auf das sie in Hoffenheim gehofft hatten, blieb aus. Statt zum guten Schluss deutlich gegen den FC Augsburg zu gewinnen, reichte es am 34. Spieltag für die Kraichgauer nur zu einem 0:0."
Bild-Zeitung: "Kuriose Bilder: trotz des 0:0 immer wieder Jubel auf den Rängen! Weil die Hoffenheim-Fans die Werder-Tore in Dortmund feierten. Und auf Platz drei hofften. Am Ende aber reichte es für die TSG nur für Platz 4, die Playoffs für die Champions League."
Kicker: "Am Samstagnachmittag reichte dem FCA eine solide Defensivleistung und ein damit verbundenes 0:0 in Sinsheim zur Rettung. Gegner Hoffenheim konnte seine Überlegenheit trotz zweier Pfostentreffer nicht nutzen und dadurch in der Tabelle nicht weiter klettern." mk
Der jüngste Bundesliga-Coach ist mit seinen 29 Jahren ein bemerkenswerter Typ - er lässt sich weder vom irrationalen Hype um seine Person noch vom Entertainment einer überreizten Branche beeindrucken. Nein, er weiß nach einer Wahnsinnssaison mit mehreren Vereinsrekorden (Vierter, 62 Punkte, keine Heimniederlage, keine Hinrundenniederlage) haargenau, dass sich Superlative als Mannschaft wie als Trainer nicht bestätigen lassen wie kernige Legislaturdebatten im Bundestag. In diesem neunten Bundesliga-Jahr passte bei der TSG 1899 so gut wie alles.
"Wir wollten in dieser Saison das absolute Maximum herausholen", meinte Stürmer Sandro Wagner, "und das ist Platz vier. Da muss man ehrlich sein." Der eigenwillige Mittelstürmer polarisiert nicht nur gerne auf dem Rasenviereck, er ist auch durchaus wortgewaltig. Beflügelt durch seine Nationalmannschaftsnominierung für den Confed-Cup in Russland (17. Juni bis 2. Juli), die Wagner wie Niklas Süle, Sebastian Rudy und Kerem Demirbay erhalten hat, wies er auf die Strahlkraft aus der nordbadischen Provinz hin: "Hoffenheim ist wieder ein Name in Fußball-Deutschland. Vor der Saison waren wir ein bisschen graue Maus, jetzt steht die TSG für guten Fußball und für Leidenschaft."
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Die Eckdaten der nahen Zukunft stehen fest. "Hoffe" startet am 28. Juni mit dem ersten Trainingslager in Garmisch-Partenkirchen in die zehnte Erstliga-Spielzeit. Mit der Champions-League-Hymne werden bisher unbekannte Töne in der Sinsheimer Arena (15./16. oder 22./23. August) erklingen.
Als Europa-Novize drohen den ungesetzten Hoffenheimern Schwergewichte wie beispielsweise FC Liverpool, FC Sevilla, AS Rom, SSC Neapel oder auch die beiden diesjährigen Europa-League-Finalisten Manchester United und Ajax Amsterdam. Respekt ja, Angst nein, Nagelsmann bleibt selbstbewusst und optimistisch: "Egal, welcher Brocken kommt. Wir werden in der Lage dazu sein, dagegenzuhalten - wie es uns in der Liga gegen den FC Bayern oder Borussia Dortmund gelungen ist."
Ausgelost wird die "Quali" erst am 4. August, bis dahin müssen sich Verantwortliche wie Anhänger gedulden. Im Fall des Sich-Durchsetzens winken Millionensummen. In der Königsklasse sind allein 12,7 Millionen Startgeld für die Gruppenphase garantiert, Einnahmen von insgesamt rund 20 Millionen Euro (Playoffs und sechs Partien) scheinen sicher. Deutlich weniger lukrativ ist hingegen die Europa League: 2,6 Millionen Euro Antrittsbudget schüttet die Uefa aus, hinzu kommen leistungsbezogene Prämien (360.000 für einen Sieg, 120.000 Euro für ein Remis).
So oder so - die erste Europapokal-Teilnahme ist für "Hoffe" ein Quantensprung und historischer Meilenstein. "Für uns hängt viel von der Kaderplanung ab", so Nagelsmann. Dass er als Bessermacher, Spielerentwickler und "Freund" der Profis gilt, ist gerade für junge Hochbegabte ein schlagkräftiges Argument. Zumindest 2017/18 hat "Nagel" fest beim Dorfverein zugesagt. Weiter vermag im Moment niemand zu denken.