1899 Hoffenheim in Bremen

Nagelsmann hält nichts von Rechenspielen

TSG-Trainer Julian Nagelsmann kehrt am Samstag an den Ort zurück, wo Hoffenheims wundervoller Wandel begann

11.05.2017 UPDATE: 12.05.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden

"Sechser"-Duell: Florian Grillitsch vom SV Werder, der im Sommer nach Hoffenheim wechseln wird, gegen Sebastian Rudy (r.). Foto: Imago

Von Frank Enzenauer

Zuzenhausen. Würde Julian Nagelsmann, 29, nicht die Berge mögen, nicht leidenschaftlich gerne Mountainbike fahren, hätte er keine engen privaten Verbindungen in München und übte der FC Bayern keinen Reiz aus - freilich ein Zukunftsthema, "nach" Ancelotti - , dann könnte er glatt Bremen zu seiner Lieblingsstadt erklären. "Gute Erinnerungen", sagte am Donnerstag der Trainer der TSG Hoffenheim schmunzelnd. Das unvergessliche Datum: 13. Februar 2016. Erstes Bundesligaspiel von Nagelsmann als Cheftrainer, Tatort Weserstadion, 1:1 das Hoffnungsergebnis - die Wende wurde beim SV Werder eingeleitet. Der atemberaubende Aufstieg folgte: Vom Keller in die Königsklasse. Ein Fußballmärchen, geschrieben im Kraichgau.

"Die Leute schreien friedlich"

"Es hat gleich funktioniert, was wir in zwei Tagen trainiert haben", erzählte im Rückblick Julian Nagelsmann über seine Bremer Premierenfeier. "Das war ein Fingerzeig, dass es auch künftig klappen könnte." Aus Frust wurde Lust, damals. Hatte sein Vorgänger Huub Stevens, der wegen Herzrhythmusstörungen aufgab, destruktiven Fußball zu verantworten, "Hoffe" auf dem vorletzten Tabellenplatz hinterlassen und, miserabel beraten, geglaubt, mit Journalistenbeschimpfung punkten zu können, sorgte Nagelsmann in Blitzgeschwindigkeit für einen Klimawandel, überzeugte die Spieler mit frischen Ideen, gescheiten Plänen, anspruchsvollen, abwechslungsreichen Übungsprogrammen und hievte Hoffenheim, gemeinsam mit Sportdirektor Alexander Rosen, auch mittels intelligenter Transfermaßnahmen in fette Positivschlagzeilen.

Am Samstag wieder Bremen. Und Nagelsmann freut sich auf die Dienstreise hoch in den Norden, natürlich. "Die Stimmung ist dort im Stadion immer außergewöhnlich gut, die Leute schreien friedlich", sagte Hoffenheims Trainer vergnügt, augenzwinkernd. "Vielleicht winken sie mir dieses Mal auch zu." Und es "winkt" am vorletzten Spieltag sogar die Rückeroberung des dritten Ranges, sollte die TSG bei den in der Rückrunde beeindruckend starken Grünen gewinnen und Borussia Dortmund, Konkurrent um die direkte Champions-League-Qualifikation, gleichzeitig beim FC Augsburg verlieren. Gleichwohl, von Rechenspielen oder Wunschkonzerten hält Musikfreund Nagelsmann nichts, bildhaft hielt er während der Pressekonferenz eine auf dem Podium platzierte Plastikflasche in die Höhe und sagte grinsend: "Ich würde ja gerne aus Mineralwasser Rotwein machen ..." Soll heißen: Was der BVB veranstaltet, könne er nicht beeinflussen, sein Job sei es, die TSG-Profis fit zu machen für den erhofften Dreier beim SV Werder.

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Auch Gegnerbeobachtung darf sein. Florian Grillitsch, 21, wechselt im Sommer von Bremen in den Kraichgau - "ein sehr entwicklungsfähiger, wissbegieriger Spieler, einer, der ständig den Ball haben will", beschrieb Nagelsmann seinen künftigen "Sechser", der in die Rolle des zum FC Bayern abwandernden Nationalspielers Sebastian Rudy hineinschlüpfen und das Hoffenheimer Mittelfeld beleben soll. Grillitschs Verpflichtung dürften die Zweifel von Pirmin Schwegler und Eugen Polanski verstärkt haben, beide sind unzufrieden ob ihrer geringen Einsatzzeiten und äußerten bereits öffentlich Umzugsüberlegungen.

Nicht nur zuschauen, vielmehr ihre Lieblingsmannschaft zum Erfolg brüllen und Flagge zeigen wollen am Samstag 1300 TSG-Fans. Viel mehr Unterstützer machen sich also auf den weiten Weg, als noch vor 15 Monaten vorstellbar gewesen war, damals, als Nagelsmann mit seinem Werk begann, sieben Punkte vom Bundesligaverbleib entfernt.

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