1899 Hoffenheim

Hansi Flick - Der Netzwerker

Hoffenheims neuer Geschäftsführer Sport, will das Profiteam und die Akademie noch enger verknüpfen

23.07.2017 UPDATE: 24.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden

Seite an Seite in die kommende Saison: Trainer Julian Nagelsmann (l.) und TSG-Geschäftsführer Hansi Flick (r.) im Trainingslager. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Windischgarsten. Gut drei Wochen lang ist Hansi Flick in Amt und Würden bei der TSG 1899 Hoffenheim. Wer den neuen Geschäftsführer Sport etwas näher kennt, der weiß: Flick ist kein Haudrauf, kein Lautsprecher, kein Selbstdarsteller, sondern ein bodenständig-loyaler Typ, der sich als Netzwerker und Entwicklungsfachmann versteht. Von seinen vielfältigen Erfahrungen als Ex-Bayern-Profi, Trainer, "Co" von Weltmeister-Coach Jogi Löw und DFB-Sportdirektor soll der Kraichgauklub bis tief in den Nachwuchsbereich profitieren. Flick war im einwöchigen Trainingslager in Windischgarsten, das am gestrigen Sonntag zu Ende ging, meist auf einem Gerüst zu sehen, neben Videoanalyst Benjamin Glück. Das Bild hatte ebenso Symbolcharakter wie der gelegentliche gemeinsame Marsch mit Cheftrainer Julian Nagelsmann zum hoteleigenen Übungsplatz. Seite an Seite in eine aufregende Zukunft.

Er wolle sich "erst mal einen Überblick verschaffen", sagt Flick bei einer Medienrunde im "Polsterstüberl" des Nachbarortes Hinterstoder. Der 52-jährige Mückenlocher, der in Bammental wohnt, befindet sich noch in der Kennenlernphase. "Es geht darum, Profis und Akademie zu vernetzen", umschreibt Flick sein Jobprofil, "Philosophie und Konzepte sind einfacher zu schreiben als zu leben." Im fußballfachlichen wie zwischenmenschlichen Bereich möchte er einen "roten Faden" finden, ganzheitliche Ansätze zulassen, Talente zu "Persönlichkeiten ausbilden". Einer seiner Leitsätze: "Nur mit starken Persönlichkeiten kommen die Erfolge."

Hintergrund

Julian Nagelsmann wird zum "Trainer des Jahres" gekürt

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Julian Nagelsmann wird zum "Trainer des Jahres" gekürt

Windischgarsten. (jog) Besser geht’s nicht: An seinem gestrigen 30. Geburtstag wurde TSG-Fußballlehrer Julian Nagelsmann als "Trainer des Jahres 2016" ausgezeichnet. Abgestimmt hatten insgesamt 885 Mitglieder des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS). Nagelsmann landete mit 273 Stimmen auf Rang eins vor Christian Streich (261, SC Freiburg) und Ralph Hasenhüttl (107, RB Leipzig). "Auf so breite Anerkennung zu stoßen, freut mich und ist auch Ansporn, akribisch weiterzuarbeiten", sagte Nagelsmann. Der Senkrechtstarter der Gilde folgt auf Dirk Schuster (2015), Joachim Löw (2014), Jupp Heynckes (2013) und Jürgen Klopp (2012, 2011).

Zu den ersten Gratulanten von Nagelsmann gehörte Klubeigner Dietmar Hopp: "Julian hat nicht nur die Mannschaft weiterentwickelt, sondern durch seine natürliche Art und sein Charisma auch dazu beigetragen, dass die TSG ein neues Selbstverständnis gewonnen hat. Wir sind sehr glücklich, ihn auch noch in den nächsten Jahren bei uns zu haben."

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Flick nennt explizit das Beispiel des FC Valencia. An der Mündung des Turia genießt der Spitzensport generell einen hohen Stellenwert. Und trotz Finanzproblemen, Turbulenzen und Spielerverkäufen hat die Talentschmiede um Coaching-Direktor Charles Martínez einen Weg für die "kleinen Fledermäuse" gefunden. "In gewissen Altersstufen steht dort die Entwicklung im Vordergrund, das Ergebnis ist eher zweitrangig. Valencia hat Mentoren, die Trainer wie Spieler unterstützen", so Flick über einen Verein, der sein Nischendasein neben den "Übermächtigen" von Real, Atlético und des FC Barcelona pflegt. Übertragen aufs Bundesliga-Geschäft heißt das: Auch "Hoffe" kann kein zweiter FC Bayern oder BVB werden.

Gerade Ästhet Pep Guardiola habe dem Fußball hierzulande zentrale Impulse verliehen. "Es war gut, dass Pep in Deutschland trainiert hat. Das hat unsere Trainer dazu animiert, noch mehr über den Fußball nachzudenken", so Flick, dem längst klar ist, dass Hoffenheim in Julian Nagelsmann über einen außergewöhnlichen Trainer verfügt: "Er hat eine klare Ansprache. Er ist herausragend." Doch jeder, sogar die Besten unter den Besten, bräuchten Ansprechpartner oder gar Korrektive im Hintergrund. "Wenn Julian mich etwas fragt, dann stehe ich immer bereit", sagt Flick pragmatisch, "aus meiner eigenen Erfahrung als Trainer ist es wichtig, dass man jemanden hat, der über den Dingen steht und nicht so im Tagesgeschäft drinsteckt, der Dinge wahrnimmt, die der Coach vielleicht nicht merkt."

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Im Binnenverhältnis zwischen Cheftrainer und Geschäftsführer Sport passt es, Flick will Nagelsmann oder auch Manager Alexander Rosen nicht ins operative Tagesgeschäft reinreden. Nagelsmann über den Wunsch-Entscheidungsträger von Gesellschafter Dietmar Hopp: "Wir sprechen über jede Trainingseinheit, Hansi ist bei der Videoanalyse mit dabei. Er ist ein sympathischer, herzlicher Mensch, mit dem ich mich gerne zusammensetze."

Flick erzählt, dass er als DFB-Sportdirektor durchaus Nagelsmann gerne zum Deutschen Fußball-Bund gelotst hätte. Im Scherz habe er mal gesagt: "Julian kann noch 20 Jahre in Hoffenheim und dann noch 20 Jahre beim DFB arbeiten." Der Weltmeister-Assistent von 2014 sieht die TSG gut aufgestellt ("Hoffenheim hat eine DNA"), weiß aber auch haargenau, wie die Gesetzmäßigkeiten des Marktes funktionieren. Topvereine aus dem In- und Ausland haben den hochbegabten Trainer längst auf dem Radarschirm. Flick redet über "Wenn-Dann-Strategien" - und erschrickt für einen Moment darüber. Nicht ausgeschlossen, dass Flick und Rosen 2018 einen Nachfolger für Nagelsmann holen müssen ...

Vorerst aber zählt die Gegenwart: Die Integration der Neuzugänge, die Sechser-Suche, der Dauerkartenverkauf - von 15.000 auf aktuell 16.300 Tickets gestiegen -, die Ziele samt internationaler Feuertaufe im zehnten Erstliga-Jahr. Flick kiebitzte nicht allein in Oberösterreich bei den Profis, sondern begutachtete am Sonntag auch den U 17-Cup in Öhringen und die U 19 der TSG in Schwäbisch Hall. "Die Entwicklung von Spielern liegt mir am Herzen", sagt er. Flick (Vertrag bis 2022) soll beim Dorfklub Prozesse optimieren, als Gesicht aus der Region für die Region Charme verbreiten, Optimismus ausstrahlen. "Ich bin einfach happy", sagt er und seine Augen leuchten dabei. Es sei eine "spannende Aufgabe" - vor der eigenen Haustür ...

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