1899 Hoffenheim

Das gefühlte "Endspiel um Platz drei" in Dortmund

Warum die TSG 1899 Hoffenheim den Kampf und dem Champions League-Platz gegen Borussia Dortmund entspannt angehen kann

04.05.2017 UPDATE: 05.05.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Wer nutzt morgen die sich bietenden Chancen besser? Sandro Wagner (M.) gegen die BVB-Abwehr beim 2:2 im engen Hinspiel. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Niemand braucht Hoffenheims Cheftrainer Julian Nagelsmann (29) vor dem Samstags-Hit bei Borussia Dortmund (15.30 Uhr/Sky) zu motivieren. Dies gilt in erster Linie auch für sein homogenes TSG-Ensemble, das nach den Champions-League-Sternen greifen möchte.

"Hoffe" brennt vor dem Saisonhöhepunkt im Signal Iduna Park vor lauter Ehrgeiz. Die "Nagelsmänner" können am Samstag das Sahnehäubchen auf eine Erfolgsstory setzen. Sie haben jetzt schon das bemerkenswerte Premierenjahr unter Ralf Rangnick, erst im Mannheimer Carl-Benz-Stadion, dann in der Anfang 2009 eröffneten Rhein-Neckar-Arena, mit dem neuen Klubrekord (58 Punkte) getoppt, jetzt soll am 20. Mai möglichst die Direktqualifikation für die Königsklasse herausspringen.

Auf den Punkt gebracht: Man traut es den Sportsfreunden um Kapitän Sebastian Rudy zu, dass sie in der BVB-Kathedrale vor 80.000 Zuschauern - darunter 3.500 TSG-Fans - die Bewährungsprobe bestehen und weiterhin in der Pole Position vor dem Ballspielverein Borussia 09 bleiben.

Nagelsmann war am Freitag bei der Pressekonferenz megalocker drauf. "Ich glaube, dass wir nicht den großen Druck haben wie Dortmund. Ich sage das nicht wegen irgendwelcher Psychospielchen, sondern das ist meine ehrliche Überzeugung", konstatierte er wohltuend realitätsbewusst. In der Tat: Die Tuchel-Schützlinge brauchen am 32. Spieltag eher einen Dreier als die Kraichgauer, bereits ein Remis würde den Gästen mehr nutzen als den Westfalen, deren Marschroute heißt: Verlieren verboten!

Innenverteidiger Niklas Süle sieht im Aufeinandertreffen zwischen dem aktuellen Vierten und Dritten primär eine Herausforderung. "Wenn 80.000 gegen dich sind, ist es auch ein geiles Gefühl, mit dem man noch ein paar Prozent mehr herauskitzeln kann.

Wir spielen natürlich auf Sieg", lässt sich Süle, künftiger Konkurrent eines Mats Hummels und Jérôme Boateng beim ruhmreichen FC Bayern, am Donnerstag auf der TSG-Internetseite zitieren. Noch Fragen!?

Am 18. Mai 2013 bestritt Süle unter Markus Gisdol sein zweites Bundesligaspiel. Ein unvergessliches Erlebnis für alle Hoffenheimer Protagonisten, denn durch das 2:1 beim BVB rettete sich 1899 noch auf den Relegationsplatz. Nagelsmann saß beim "Wunder von Dortmund" als Co-Trainer auf der Bank. In der Retrospektive berichtete er: "Das war sehr emotional. Wenn man ganz ehrlich ist, müssen die Dortmunder 6:0, 7:0 führen.

Da haben wir viele Fußball-Götter auf unserer Seite gehabt." Den Ausgang bzw. das Ergebnis würde Nagelsmann wieder so nehmen, den Verlauf eher nicht. Diese Aussage ist nachvollziehbar. Hoffenheim hatte seinerzeit Glück, dass die Hausherren vor dem deutsch-deutschen Champions-League-Finale zwischen dem BVB und Bayern (1:2) einen Gang zurückschalteten und Schiedsrichter Jochen Drees das 2:2 von Robert Lewandowski wegen Abseits zurücknahm. Eine hauchdünne Entscheidung: Zählt der Treffer, hätte sich der Dorfverein mit der Zweitklassigkeit abfinden müssen.

Die Heimstärke des BVB ist allseits bekannt. Vor eigener Kulisse haben die Borussen letztmals am 4. April 2015 in der Liga verloren - mit 0:1 gegen den großen Rivalen aus München. Die Serie von seither 36 ungeschlagenen Spielen darf als beeindruckendes Statement eingeordnet werden. Jetzt können die "Nagelsmänner" den versierten Tempofußballern von Thomas Tuchel die Tour vermasseln.

All jenen, die ein Trainer-Duell zwischen Tuchel und Nagelsmann in den Vordergrund rücken, widersprach der TSG-Coach: "Es ist nicht Tuchel gegen Nagelsmann, sondern Dortmund gegen Hoffenheim. Es wird auch keinen Taktik-Battle geben. Wir versuchen ganz einfach, einen guten Plan auszugeben. Wir haben eine Chance, die nicht viele Teams bekommen."

Nagelsmann scheint fast immer eine Antwort zu haben. Ein SWR-Medienvertreter fragte ihn am Freitag, wie er zum Thema Glauben stünde. Es sei ein "Symbolwort", etwa für Werte, die eine Fußballmannschaft verkörpere. "Der Fußball ist ein Superbeispiel für ein funktionierendes Zusammenleben ohne Gewalt", sagte Nagelsmann.

Nach den jüngeren Ereignissen, insbesondere dem Anschlag auf den BVB-Teambus, hoffen alle inständig, dass es rund um den BVB-"Hexenkessel" friedlich bleibt und respektvoll zugeht. Bei aller sportlichen Rivalität und Brisanz in Sachen Champions League, die in diesem gefühlten "Endspiel um Platz drei" stecken ...

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