AfD in Sinsheim

Drinnen markige Aussagen, draußen Polizei und "Bürgerdialog"

Beatrix von Storch und Parteikollegen sprachen in der Dr.-Sieber-Halle vor etwa 80 Besuchern.

28.06.2022 UPDATE: 29.06.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Polizisten aus Sinsheim, Mannheim und umliegenden Revieren waren am Montagabend im Einsatz, verbannten unter anderem die Antifa in die Allee. Foto: Christian Beck

Sinsheim. (guz/cbe) Geschützt von einem stattlichen Polizei- und Security-Aufgebot und begleitet vom Protest von rund 50 Gegendemonstranten aus der linken Szene und Vertretern von "Die Partei" hatte die AfD zu einem "Bürgerdialog" am Montagabend in der Dr.-Sieber-Halle eingeladen. Abgesehen von wenigen kurzen Wortgefechten am Stand von "Die Partei" blieb es friedlich. Protestierende und auch einige Passanten kritisierten jedoch, dass die Stadt ihre "gute Stube" überhaupt an die AfD vermietet hat.

Die damit verbundene Aufmerksamkeit für Sinsheim in rechten Kreisen gefällt nicht jedem, zumal die AfD fünf hochrangige Vertreter ins "heitere Landstädtchen" entsandt hatte und der Hauptteil der Veranstaltung aus der Stadthalle online gestreamt wurde.

Anwesend waren die Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch, Marc Bernhard, Martin Hess und Malte Kaufmann sowie der Landtagsabgeordnete Ruben Rupp. Angesichts dieser Parteiprominenz war die Zahl der physisch Anwesenden in der abgetrennten Sieber-Halle mit rund 80, überwiegend älteren Personen gleichwohl überschaubar. "Deutschland aus der Krise führen" war das Motto, und die fünf Abgeordneten unterbreiteten in je 15-minütigen Redebeiträgen ihre Rezepte dafür: Genannt wurden unter anderem die "Bekämpfung des islamistischen Terrors", eine "Abschiebe-Offensive", ein Verbot der Antifa und die Abschaffung des Euros sowie des "Euro-Enteignungsregimes EU".

Beatrix von Storch. Foto: Armin Guzy

Mit markigen Aussagen tat sich insbesondere der ehemalige Polizist Hess hervor. Er führte die Massenschlägerei im Berliner Sommerbad vor wenigen Tagen als Beispiel für Clankriminalität an, forderte eine "Strategie des Vorschlaghammers" und die Vorgabe an die Polizisten: "Ihr geht da rein, ihr räumt da auf." Zu hören war auch, dass der Gasnotstand ein direktes Ergebnis der Energiewende sei (Bernhard), die Vertreter der AfD "die einzigen Demokraten in diesem Parlament (dem Bundestag, Anm. d. Red.) sind" und viele Abgeordnete "mit militanter Penetranz die Frauenquote vor sich hertragen" (beide Aussagen von von Storch).

Nach den Redebeiträgen wurde das Streaming beendet, und die vor Ort Anwesenden konnten Fragen an die Abgeordneten stellen. Unter anderem zweifelten dabei gleich zwei Anwesende an, dass die jüngsten Wahlergebnisse korrekt sind, und ein Mann wollte wissen, wie man gegen queere Veranstaltungen "der beiden Großkirchen" vorgehen solle. "Ich rate davon ab, zu stören", antwortete von Storch, "demonstrieren ist ok."

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Das taten vor Veranstaltungsbeginn auch 40 Antifa-Aktivisten, die von der Polizei allerdings vom Hallenvorplatz auf die gegenüberliegende Straßenseite verbannt wurden und zehn Mitglieder von "Die Partei", deren Stand vor der Stadthalle von der Polizei geduldet wurde, solange sich nicht mehr als zehn Personen dort aufhielten. Als "sehr nervös" empfand Versammlungsleiter Theo Pausch die Polizei – und sich selbst von den Beamten als "etwas eingeengt". "Die Partei" verteilte Süßwaren in Mini-Burger-Form und setzte damit dem "Bürgerdialog" der AfD einen "Burgerdialog" entgegen. "Kein Burger muss braun sein", rief eine Aktivistin einem Mann auf dem Weg in die Sieber-Halle hinterher, der sich zuvor am Stand gegen Vielfalt positioniert hatte.

Drinnen feierte der Abgeordnete Kaufmann den Erfolg seiner Partei, die sich gerade per Eilantrag das Recht erstritten hat, in der Stuttgarter Carl-Benz-Arena ihren Parteitag abhalten zu dürfen. Der Hallenbetreiber hatte den Vertrag mit der AfD eigentlich gekündigt.

Da die Stadt Sinsheim beziehungsweise der Gemeinderat die Nutzung der Sieber-Halle bislang nicht per Mietvertrag oder Hallensatzung dahingehend eingeschränkt hat, dass dort keine politische Partei eine Veranstaltung abhalten darf, konnte sich auch dort die AfD einmieten – anders als übrigens beispielsweise in der Sporthalle der Carl-Orff-Schule.

Warum nicht mehr Sinsheimer gegen die Veranstaltung protestieren, fragte eine Frau. Gemeinderätin Anja Fürstenberger erklärte, dass es in den Augen vieler besser sei, der Veranstaltung nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.

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