St. Leon-Rot

Rat ärgert sich über Bürgermeister in Sachen "Oberfeld"

Die sechs Fraktionen äußern sich zur Bewerbung von Alexander Eger für einen der zwölf kommunalen Bauplätze.

10.05.2022 UPDATE: 11.05.2022 07:00 Uhr 3 Minuten, 46 Sekunden
Das Neubaugebiet „Oberfeld“ liegt zwischen dem Roter Ortsausgang und dem Gewerbegebiet Rot-Malsch (hinterer Teil des Bildes). Foto: Pfeifer

Von Tobias Törkott

St. Leon-Rot. Noch hebt kein Bagger eine Baugrube aus, auch Kräne schwenken keine Lasten über das "Oberfeld" in St. Leon-Rot. In dem Baugebiet im Ortsteil Rot sind zwar die Erschließungsarbeiten soweit fertig, erste Häuser werden aber noch keine gebaut. Doch schon weit vor dem ersten Baggerbiss gibt es Diskussionen. St. Leon-Rots Bürgermeister Alexander Eger hatte sich für einen der zwölf kommunalen Bauplätze beworben und bietet sein derzeitiges Anwesen zum Verkauf an – vor wenigen Tagen betrug der Preis 1,2 Millionen Euro. Die "Oberfeld"-Grundstücke werden per Punktesystem vergeben. Wer lange in der Gemeinde lebt oder arbeitet, erhält Punkte, genauso werden Ehrenämter honoriert. Der Preis für den Quadratmeter wurde vorab festgelegt: 680 Euro – das Kommunalrechtsamt prüft das jedoch.

Die Bewerbung des Bürgermeisters hat zu gemischten Reaktionen, unter anderem in den sozialen Medien, geführt. Doch wie bewerten die sechs Ratsfraktionen (CDU, Freie Wähler, FDP, Grüne, Junge Liste, SPD) die Bewerbung des Gemeindechefs – und haben sie davon gewusst? Die RNZ hat nachgefragt. Die Stellungnahmen gingen schriftlich ein.

> Wie bewerten die Fraktionen die Bewerbung Egers für einen Bauplatz im "Oberfeld"? Hier herrscht in den Fraktionen Konsens. Bewerbungen stehen allen offen, doch die des Bürgermeisters hat einen Beigeschmack. So sagt zum Beispiel Wolfgang Werner (SPD): "Herr Eger kann Grundstücke kaufen, so viel er will, auch im Oberfeld. Aber bitte keines der gemeindeeigenen, die nach sozialen Gesichtspunkten zu einem Sonderpreis veräußert werden sollen." Es bestehe wohl Einigkeit im Rat, dass sich auch die Gremiumsmitglieder, wie andere Bürgerinnen und Bürger, auf ein Grundstück im "Oberfeld" bewerben dürften. Dies wäre aber "eine völlige Instinktlosigkeit". Auch Michael Herling (FDP) sagt, dass sich jeder auf einen Platz bewerben konnte – die Bewerbung Egers sei aber moralisch bedenklich. Auch die Freien Wähler waren "überrascht". Etwa 250 Bewerberinnen oder Bewerber würden letztlich leer ausgehen. "Wenn sich in dieser Gesamtlage der Bürgermeister, der bereits über Wohneigentum in unserer Gemeinde verfügt, um ein Grundstück bewirbt, halten wir das nicht für angemessen", erklärt Tobias Rehorst (Freie Wähler). Die Junge Liste hätte sich mehr "Feingefühl" von Eger gewünscht, so Rouven Dittmann.

Laut Udo Back (CDU) könne sich "rechtlich gesehen" jeder bewerben. Ob dies "moralisch richtig" ist, könne jeder für sich entscheiden. Marina Krenzke (Grüne) thematisierte den möglichen Verkauf von Egers Haus und nahm dabei den Rat selbst in die Pflicht: "Wir sind leider nicht auf die Idee gekommen, dass jemand sein Haus mit Grundstück zu einem aktuell hohen Preis veräußert und versucht, den Zuschlag für ein verbilligtes Grundstück zu bekommen."

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> Für wen sind die Plätze im "Oberfeld" nach Ansicht der Fraktionen gedacht? In mehreren Ratssitzungen sprachen die Mitglieder von Bekannten, die seit Jahren auf Bauplatzsuche seien. Auf Nachfrage bekräftigen die Fraktionen, dass Familien, die noch kein eigenes Grundstück in den beiden Ortsteilen haben, die Zielgruppe waren. "Da wir lediglich über zwölf Grundstücke verfügen, war uns die Vergabe an ortsansässige Familien nach den beschlossenen Kriterien wichtig", betont Herling. Der Rat hatte sich ihm zufolge "explizit gegen ein Höchstpreisverfahren ausgesprochen", um nicht nur die "Besserverdienenden" zum Zuge kommen zu lassen. SPD-Rat Werner nennt Familien, die sich ehrenamtlich engagieren, beispielsweise bei Feuerwehr, Rotem Kreuz oder DLRG, und die hohen Baupreise nicht aufbringen können. Die Grünen wollten ebenso den Fokus auf "lebensrettende Vereine oder Organisationen" legen. Ziel war laut Dittmann (Junge Liste) die Förderung junger Familien und eine Möglichkeit für Ortsansässige zu schaffen, um "möglichst hier Eigentum zu erwerben und hier zu bleiben".

> Wie viel Einfluss hatte der Rat auf die Kriterien des Vergabeverfahrens? Die Fraktionen betonen, dass sie in den gesamten Prozess zum Vergabe-System nach Punkten involviert gewesen seien. Back (CDU) bezeichnet den Rat sogar als "Initiator". Junge-Liste-Rat Dittmann nennt das sogenannte Einheimischen-Modell, welches angewendet wurde. So sollen Interessenten aus dem eigenen Ort bevorzugt werden, ehe kaufkräftige Hausbauer von außerhalb zuschlagen. Die Freien Wähler halten das Punktesystem für die richtige Wahl, es soll auch in Zukunft angewendet werden, erklärt Rehorst in der Stellungnahme. In mehreren Sitzungen habe sich der Rat darauf geeinigt. Auch ein externer Rechtsbeistand sei involviert gewesen, "weil das Thema einige juristische Fallstricke bietet".

> Wussten die Ratsmitglieder von Egers Bewerbung und wieso wurden sie durch seine "Befangenheit" nicht aktiv? In einer der vergangenen Sitzungen des Gremiums hatte sich Eger aufgrund seiner Befangenheit bei einem Tagesordnungspunkt in Sachen "Oberfeld" vertreten lassen. Dabei ging es wohl um die Ehrenämter. Auf RNZ-Nachfrage betonen alle, dass sie nichts von der Bewerbung des Gemeindechefs bis zu seiner Bekanntgabe der Befangenheit wussten. Die Antworten unterscheiden sich hier aber in Länge und Inhalt teilweise deutlich. Krenzke betonte, dass ihre Grünen-Fraktion von Egers Befangenheit überrascht gewesen sei, "da er bei der Festlegung der Kriterien für die Grundstücksvergabe selbst mitgewirkt hat."

Back erkennt an, dass durch die Befangenheitserklärung eine Bewerbung Egers selbst im Rahmen des Möglichengelegen habe. "Es hätte aber auch eine nahe verwandte Person sein können", so der CDU-Rat. Da nicht nach Annahmen, sondern aufgrund von Fakten entschieden werde und dies für den rechtssicheren Wortlaut des Vergabeverfahrens unerheblich gewesen sei, habe dies in der öffentlichen Gemeinderatsitzung nicht angesprochen werden müssen, erklärt Back.

Rehorst betont hingegen, dass der Freien-Wähler-Fraktion in dem Moment selbst nicht bewusst gewesen sei, dass Eger sich beworben hatte. Wieso der Bürgermeister seine Befangenheit nicht begründen musste, erklärt Rehorst ebenfalls: "Ein Grund dafür muss nur dann angegeben werden, wenn die Befangenheit bestritten wird." Auch Herling betont, dass die FDP-Fraktion keine Kenntnis hatte: "Wir hatten lediglich die Information, dass sich ein Mitglied des Gemeinderats beworben hätte."

Werner sagt in der SPD-Stellungnahme hingegen, dass alle fassungslos gewesen seien, als Eger den Saal verließ. "Erst da wurde uns klar, dass er sich auf einen der Bauplätze bewirbt." In der Folge sei Eger laut Werner von einem anderen Ratsmitglied damit konfrontiert worden. Dieses Gespräch soll wohl aber zu keiner weiteren Erkenntnis geführt haben. Werner wollte nicht weiter auf Details eingehen.

St. Leon-Rots Bürgermeister Alexander Eger. Foto: Pfeifer
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