Epfenbach/Spechbach

Das Bürgerbegehren gegen den Windpark ist unzulässig

Mehr als 150 Unterschriften hatte eine Bürgerinitiative gesammelt. Der Bürgermeister hatte den Beschluss des Gemeinderats schnell vollzogen und Vertrag.

13.05.2022 UPDATE: 14.05.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Einstimmig: Der Gemeinderat stellte die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens fest. Foto: Moll

Von Christoph Moll

Epfenbach/Spechbach. "Das Bürgerbegehren ist unzulässig." Mit diesem Satz schockte Spechbachs Bürgermeister Werner Braun am Donnerstagabend in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates die meisten Zuhörer. Mehr als 150 Unterschriften hatte eine Bürgerinitiative gesammelt, um einen Bürgerentscheid gegen den geplanten Windpark "Dreimärker", der auch auf Epfenbacher Gebiet gebaut werden soll, zu erwirken. Doch diese kamen zu spät. Denn Braun hat nur wenige Tage nach dem Beschluss des Gemeinderates den Vertrag mit dem Projektierer des Windparks unterschrieben. Ob der erste Windpark im Rhein-Neckar-Kreis aber auch wirklich gebaut wird, steht noch nicht fest. Denn das umfangreiche Genehmigungsverfahren beginnt erst.

Mehr als 100 der 1700 Einwohner des Dorfes waren in die Turn- und Festhalle gekommen und mussten sich zum Teil mit Stehplätzen begnügen. Und es wurde gleich hitzig in der Bürgerfragestunde, die immer wieder von Applaus und Zwischenrufen unterbrochen wurde. Ein Bürger wollte wissen, warum der Gemeinderat der Verpachtung zugestimmt und der Bürgermeister unterschrieben habe, obwohl das angestrebte Bürgerbegehren schon bekannt war. Rathauschef Braun hielt entgegen, dass die "maßgebenden Beschlüsse" bereits im vergangenen Herbst getroffen worden seien. Außerdem habe es lediglich eine Bekundung gegeben, dass sich eine Initiative bilden wolle. "Wir können nicht bei jedem Beschluss drei Monate warten, bis wir ihn vollziehen", sagte Braun. Ein Mann forderte, dass die Bürger entscheiden: "Dann beugen sich die Unterlegenen."

Warum dies nicht möglich ist, erläuterte Braun mit einer Stellungnahme eines Anwaltsbüros, das die Gemeinde eingeschaltet hatte: Die Bürgerinitiative "Pro Landschaftsschutz" habe unter der Fragestellung "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Spechbach die Entscheidung im Gewann Dreimärker Flächen zur Errichtung von Windkraftanlagen zur Verfügung zu stellen, wieder aufhebt?" 158 zulässige Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt und diese Anfang April eingereicht. Diese hätten sich gegen den einstimmigen Beschluss des Gemeinderates vom Februar gerichtet. Dieser besagte: "Der Gemeinderat beschließt die Verpachtung von gemeindeeigenen Waldflächen im Vorranggebiet ,Dreimärker’ zur Errichtung von Windenergieanlagen an die Firma ABO Wind AG, Wiesbaden. Der Bürgermeister wird ermächtigt, den Pachtvertrag nach vorheriger juristischer Prüfung zu unterzeichnen." Dies tat Braun am 3. März. Der Pachtvertrag enthalte keine Rücktrittsmöglichkeiten seitens der Gemeinde.

Die formalen Kriterien des Bürgerbegehrens, sagt Braun, dürften eingehalten sein. So hätten mindestens sieben Prozent der Wahlberechtigten – also 96 Bürger – unterschrieben. Unzulässig sei ein Bürgerentscheid aber, wenn der Gemeinderat einem Vertrag zugestimmt hat und der Bürgermeister den Abschluss vollzogen habe. Dies sei hier der Fall. Die Gemeinde müsse sich an den Vertrag halten. Auch der Verein "Mehr Demokratie" kam zum Schluss, dass das Bürgerbegehren unzulässig ist. Der Gemeinderat stellte die Unzulässigkeit einstimmig fest.

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Ben Olbert (CDU) meinte, dass die Bürger damit aber nicht außen vor seien. Er forderte diese dazu auf, sich am Dialog zu beteiligen. Olbert sprach von vielen falschen Ängsten. "Hier tagt ein demokratisch gewähltes Gremium – und was sein darf, haben wir zugelassen", betonte Bürgermeister Braun. "Es hätte viele Möglichkeiten gegeben, vorher auf uns zuzukommen." Annette Lumpp (Freie Wähler) betonte, dass nichts verheimlicht wurde. Sie kritisierte, dass nur Gegenargumente genannt werden, und fragte: "Was ist die Alternative?"

Bürger hatten auch kritisiert, dass unlängst ein weiteres Windrad auf Lobbacher Gemarkung hinzugekommen sei. Andere sahen die "intakte Natur" durch die "Stahlkolosse" in Gefahr. Braun sagte, dass lediglich 0,8 Prozent der Waldfläche betroffen sei. Jeder gerodete Baum werde ersetzt: "Die Windräder werden unserem Wald nicht schaden." Sogar eine Windrad-Befürworterin fand, dass der Gemeinderat nicht mit offenen Karten gespielt habe. Andere hätten sich eine frühzeitige Bürgerbeteiligung zu einem solchen "Jahrhundertprojekt" gewünscht. Eine aus Spechbach stammende Mutter von zwei Kindern hielt jedoch ein Plädoyer für die Energiewende: "Jeder muss sich an die eigene Nase fassen, was er für den Klimaschutz tut."

"Unser Beschluss zum Windpark bringt die Gemeinde voran und erscheint nur im ersten Moment nicht attraktiv", meinte Braun und lud die Bürger zu einer Info-Messe zum Windpark am gestrigen Freitag, also dem Tag nach der Entscheidung, ein. "Zu spät", fanden einige Zuhörer.

Olaf Straub von der Bürgerinitiative sagte auf RNZ-Anfrage: "Das Ganze ist damit noch nicht erledigt, wir machen weiter." Man werde nun einen Anwalt einschalten und eine Klage prüfen.

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