Das Gefängnis Kilmainham Gaol in Dublin.
Von Brigitte von Imhof
Sie üben eine befremdliche Anziehungskraft aus. Einige Gefängnisse haben es auf die große Kinoleinwand geschafft, etwa Alcatraz ("Die Flucht von Alcatraz") oder die Teufelsinsel vor Französisch-Guyana, wo der Film "Papillon" spielt.
Alcatraz: Hollywood der Bad Guys
Die wohl berühmteste Gefängnisinsel der Welt gehört gleichzeitig zu den größten Besucherattraktionen San Franciscos mit (normalerweise) über einer Million Besuchern pro Jahr. Auf der 8,5 Hektar großen Insel in der Bucht von San Francisco, von der Golden Gate Bridge aus gut sichtbar, saßen "America’s Most Wanted" wie Al Capone ein. Den Ruhm von Alcatraz haben auch die Hollywoodfilme "Der Gefangene von Alcatraz" oder "Die Flucht von Alcatraz" befeuert. Nach einem spektakulären Fluchtversuch im Juni 1962 ordnete der damalige Justizminister Robert F. Kennedy die Schließung des offenbar doch nicht so sicheren Hochsicherheitsgefängnisses an.
Teufelsinsel: Papillons Schicksal
Der Hollywood-Klassiker "Papillon" mit Steve McQueen und Dustin Hoffmann basiert auf dem autobiografischen Roman des französischen Schriftstellers Henri Charrière. Er spielt auf der Teufelsinsel vor Französisch-Guayana. Kaiser Napoleon III. hatte die südamerikanische Strafkolonie um 1850 auf den drei Îles du Salut vor der Atlantikküste in Französisch-Guayana (Karibik) errichten lassen. Jahrzehntelang waren auf der Île du Diable (Teufelsinsel) politische Gefangene und Spione inhaftiert. Auf der Nebeninsel Île Saint-Joseph waren Schwerverbrecher untergebracht, auf der Île Royal standen die Verwaltungsgebäude und das Krankenhaus. Die Insassen wurden Arbeitslagern zugewiesen. Dort mussten sie unter anderem Straßen und ihre eigenen Zellenblöcke bauen. Tödliche Tropenkrankheiten waren an der Tagesordnung. Besucher fahren von der Hauptstadt Cayenne mit dem Bus in die Stadt Kourou. Von da aus geht es mit dem Boot auf die Teufelsinsel.
Die Festung Rocca Vecchia auf der Gefängnisinsel Gorgona.Gefängnisinsel Gorgona: Leichte Weine, schwere Jungs
Die nördlichste und kleinste Insel des Toskanischen Archipels ist Europas letzte Gefängnisinsel mit "echten" Insassen. Rund fünf Dutzend Gefangene verbringen auf dem 2,2 Quadratkilometer großen Eiland die letzte Phase ihrer Strafe. Im Rahmen eines Resozialisierungsprogramms arbeiten sie auf dem Bauernhof und den Feldern – oder im Weinberg: Fast 3000 Flaschen des fruchtigen Weißweins "Gorgona" werden jährlich abgefüllt; sie finden reißenden Absatz. Die Insel ist normalerweise für kleine Wandergruppen geöffnet, die mit dem Schiff für einen Tag auf Gorgona festmachen. Die Guides würzen den Spaziergang mit allerhand Anekdoten von der Gefängnisinsel. Etwa von spektakulären Ausbruchversuchen oder der Schwärmerei mancher Häftlinge für eine attraktive Gefängnisärztin wird erzählt.
Nürnbergs Lochgefängnisse: Foltern auf Fränkisch
Wie ein italienischer Palast thront das Alte Rathaus mit seiner Prunkfassade im Herzen der Franken-Metropole. Von hier aus lenkt der Nürnberger Rat seit fast 700 Jahren die Geschicke der Stadt. In den Kellergewölben waren die mittelalterlichen Lochgefängnisse untergebracht. Sie wurden bereits im 14. Jahrhundert eingerichtet und dienten als Verwahrungsort für Angeklagte bis zur Urteilsvollstreckung. Zwölf kleine Zellen und eine größere, ihrer Ausmaße wegen "Kapelle" genannte Folterkammer vermitteln ein bedrückendes Bild des schaurigen Rechtsgebarens früherer Zeiten.
Kilmainham Gaol: Big Brother is watching you
Das frühere Staatsgefängnis Kilmainham Gaol in Dublin ist heute eine nationale Gedenkstätte und Besuchermagnet. Erbaut 1795, war es bis zu seiner Schließung im Jahr 1924 das Gefängnis, in dem so ziemlich jeder bedeutende irische Freiheitskämpfer irgendwann einmal einsaß. So mancher wurde dort auch hingerichtet. Kilmainham Gaol gilt als Hochburg des viktorianischen Strafvollzugs. Königin Viktoria (1837 bis 1901) vertraute sehr auf den erzieherischen Effekt der Inhaftierung. Entsprechend viel Zeit und Ideen flossen in Planung und Bau der Gefängnisse. Erstmals kam hier das Guckloch zum Einsatz, das "never sleeping eye", durch das die Wärter die Insassen jederzeit kontrollieren konnten. Im Exekutionshof wurden nach einem Gefangenenaufstand im April 1916 die Anführer erschossen.
Berlin-Hohenschönhausen: Erst Sowjets, dann Stasi
Von Ende 1946 an diente Schönhausen der sowjetischen Besatzungsmacht als zentrales Untersuchungsgefängnis für Deutschland. Zu den prominentesten Häftlingen der Sowjets gehörte der Theater- und Filmschauspieler Heinrich George, dem unter anderem die Beteiligung an NS-Propagandafilmen vorgeworfen worden war. Nach Gründung der DDR übernahm das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) das sowjetische Kellergefängnis und nutzte es von nun an als zentrale Untersuchungshaftanstalt. Der Neubau wurde 1960 in Betrieb genommen. Im Laufe der Jahrzehnte wurden Tausende Menschen inhaftiert, die der kommunistischen Diktatur im Weg standen. In der auf dem Gefängnisgelände errichteten Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, erhalten Besucher einen Einblick in dieses Stück deutscher (Un-)Rechtsgeschichte.
Darunter der Tower of London.Tower of London: Royale Endstation
Der letzte Gefangene, der im Tower of London hingerichtet wurde, war der deutsche Spion Josef Jakobs. Das war am 15. April 1941. Damit endete die Historie des berüchtigt-gefürchteten Kerkers. Im Laufe ihrer langen, im Jahr 1101 beginnenden Geschichte diente die Festung auch als königliche Residenz, Waffenkammer, Zoo, Garnison, Museum, Münzprägestätte und Archiv. Rund zweieinhalb Millionen Besucher zählt der Tower pro Jahr. Hauptattraktion sind die Britischen Kronjuwelen, von denen ein kleiner Teil ausgestellt ist.
Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt. Fotos: South African Tourism/ Heike/Sentieri in ToscanaRobben Island: Zelle mit Traumstadtblick
Zwölf Kilometer vor Kapstadts Küste gelegen, gab es für die Gefangenen von Robben Island kein Entkommen. Nelson Mandela und andere Apartheid-Gegner saßen hier viele Jahre ein und mussten von früh bis spät im Steinbruch arbeiten. Heute ist die Haftanstalt eine Gedenkstätte, die Insel Weltkulturerbe der Menschheit. Die Fremdenführer sind zum Teil ehemalige Gefangene und erwecken dieses traurige Kapitel der Geschichte Südafrikas auf bewegende Weise zum Leben. Im ehemaligen Gefängnis gibt es unter anderem die fünf Quadratmeter große Zelle zu besichtigen, in der Mandela 18 Jahre lang einsaß. Durch einen Fensterschlitz konnte er nach Kapstadt und zum Tafelberg sehen – ein traumhafter Ausblick, den der Freiheitskämpfer wahrscheinlich nicht wirklich genießen konnte.