Reisetipp

Mit dem 9-Euro-Ticket in die bayerischen Alpen

Wer umweltfreundlich in die Alpen will, reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln an.

14.07.2022 UPDATE: 09.07.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 10 Sekunden
Foto: srt

Von Gerhard von Kapff

München. Manchmal müssen es einfach die Alpen sein! Mountainbiken oder Wandern in Mittelgebirgen, wie der Rhön oder der Schwäbischen Alb, ist zwar immer reizvoll. Hin und wieder locken aber trotzdem die steilen Felswände, tiefen Scharten und schroffen Gipfel des Hochgebirges. Doch wie in die Berge kommen, falls man nicht mit dem Auto fahren will? Ist die Anreise mit Bus und Bahn aus dem Großraum um Stuttgart oder Frankfurt eine sinnvolle Alternative, wenn man schon nachmittags bei Kaiserschmarrn oder Apfelstrudel auf der Terrasse der Hütte sitzen möchte? Und klappt das auch mit dem Neun-Euro-Ticket?

Hintergrund

Anreise: Die Bahnfahrt beispielsweise zum Württemberger Haus der DAV-Sektion Stuttgart dauert von Stuttgart nach Reutte mindestens 3:45 Stunden, www.bahn.de,

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Anreise: Die Bahnfahrt beispielsweise zum Württemberger Haus der DAV-Sektion Stuttgart dauert von Stuttgart nach Reutte mindestens 3:45 Stunden, www.bahn.de, www.dav-wuerttembergerhaus.at/willkommen.html; Bergbus München: Der Fahrpreis (Hin- und Rückfahrt) für DAV-Mitglieder beträgt 15 Euro, für Nichtmitglieder 24 Euro. Infos und Buchung unter: www.alpenverein-muenchen-oberland.de/umwelt/muenchner-bergbus.

Der Bergsteigerbus Eng fährt vom Bahnhof Lenggries aus in die Eng. Die Züge nach und von München fahren sehr regelmäßig, www.dbregiobus-bayern.de/angebot/freizeitbusse/rvo-rva/bergsteigerbus. Infos zur Bahn-Anreise in den Alpen und zu (sportlichen) Aktivitäten unter Anderem im Allgäu und in Oberbayern sind auf der Seite Bahnland-Bayern.de zu finden (bahnland-bayern.de/de/) und auf der DAV-Seite München-Oberland, www.alpenverein-muenchen-oberland.de/umwelt/mit-bahn-und-bus-in-die-berge

Übernachtung: Die Übernachtung auf dem Württembergerhaus ist - wie auf allen anderen Hütten in den Alpen - auch für Nichtmitglieder möglich. Lediglich der Preis ist höher. Ein Beispiel für das Württembergerhaus: 10,50 Euro für Mitglieder, 22,50 Euro für Nichtmitglieder. www.dav-wuerttembergerhaus.at/willkommen.html

Eine Nacht gratis bei Anreise mit den Öffentlichen: Exakte Infos auf der Seite des Alpenvereins München-Oberland unter dem Stichpunkt "Freie Nacht fürs Klima", www.alpenverein-muenchen-oberland.de

Touren- und Hütteninfos: Der Deutsche Alpenverein bietet auch für Nichtmitglieder eine riesige Auswahl an Touren- und Hütteninfos, www.alpenverein.de. Die Bahn hat Anreise- und Tourenmöglichkeiten, www.bahnland.bayern.de

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Grundsätzlich ist die Anreise in die bayerischen Alpen aus ganz Deutschland mit dem Neun-Euro-Ticket möglich. Das einzige Problem ist der Zeitfaktor: Schon für die Fahrt von Stuttgart nach München müssen bei vielen Verbindungen gut dreieinhalb Stunden Bahnfahrt eingerechnet werden, im Falle von Frankfurt sind es sogar fünfeinhalb Stunden. Wer mit dem Neun-Euro-Ticket in Richtung Alpen fahren will, braucht viel Geduld. Es erfordert eine präzise Planung, will man an diesem Tag noch vor Anbruch der Dunkelheit eine Berghütte erreichen.

"Aus der Region Stuttgart sind die Nordschweiz, das Allgäu und der Vorarlberg am schnellsten erreichbar", sagt Christian Ludwig von der Sektion Stuttgart des Deutschen Alpenvereins (DAV). Er ist für die Öffentlichkeitsarbeit der Schwaben verantwortlich. Wie man genau beispielsweise mit den Öffentlichen auf die Sektion eigene Berghütte Württemberger Haus (Lechtaler Alpen) kommt, steht auf der Homepage der Hütte. Wichtig ist ihm dabei: "Wie man von Stuttgart oder sonstwo mit dem Zug nach Reutte kommt, brauchen wir nicht erklären. Aber die Leute müssen wissen, an exakt welcher Haltestelle sie für den Aufstieg zu unserer Hütte aussteigen müssen." Doch auch regionale Busunternehmen in ganz Deutschland bieten regelmäßig touristische Tages- und Mehrtagesfahrten in die Alpen an. Ob eine Fahrradmitnahme möglich ist, muss aber individuell angefragt werden. Beim Fernbus-Anbieter Flixbus kostet der Fahrradtransport generell neun Euro. Die Mitnahme von E-Bikes ist bei Flixbus allerdings nicht möglich.

Zumindest grundsätzlich ist die Fahrradmitnahme bei der Deutschen Bahn (DB) recht einfach geregelt. Auf der Homepage der DB kann man die Option "Fahrradmitnahme" anklicken, wird aber mitunter zur konkreten Buchung an den Fahrkartenschalter verwiesen. Falls es mit dem Online-Ticket doch klappt, werden im Fernverkehr pro Strecke ohne Bahncard acht Euro fällig, mit Bahncard 5,40 Euro. Grenzüberschreitende Fahrten kosten neun Euro. Der Preis für das Rad im Nahverkehr beträgt pro Tag sechs Euro. Das Neun-Euro-Ticket berechtigt übrigens nicht zur kostenlosen Rad-Mitnahme. Da in den Zügen oft nur wenige Plätze für Räder zur Verfügung stehen, sollte unbedingt reserviert werden.

Viele Reisebüros haben sich lange vor dem Neun-Euro-Ticket vom Geschäft mit der Bahn verabschiedet. "Bei uns spielt die Zugreise keine Rolle mehr", sagt Gabriele Reminder-Schray, die Regionalleiterin der Euro Lloyd Reisebüros in Stuttgart, Ludwigsburg und Sindelfingen stellvertretend für viele Kollegen: "Sie rechnet sich einfach nicht und ist nur für Büros interessant, die sich darauf spezialisieren." Wenn Züge gebucht werden, dann vor allem auf traditionellen Schweizer Bahnstrecken wie der Glacier Express. Selbst für Reisen mit dem Bahn-Veranstalter Ameropa besteht laut Reminder-Schray kaum Nachfrage.

Das bedeutet aber nicht, dass die Alpen für die Reisebüros bedeutungslos wären. Das Gegenteil ist der Fall. "Ein für uns spannendes Thema sind hochwertige Hotels in den Alpenregionen", sagt Reminder-Schray: "Aber da sind weniger die Schweizer Berge für unsere Kunden interessant, sondern Südtirol mit seinen schönen und gehobenen Hotels. Bergclubs wie Aldiana oder Robinson mit ihrem großen Sportangebot werden ebenfalls gerne gebucht." Mit der Bahn oder dem Bus, sagt die Regionalleiterin, reist aber kaum einer an. Eine allerdings bereits acht Jahre alte Umfrage des DAV bestätigt diese Einschätzung: Lediglich 17 Prozent aller Alpenvereins-Mitglieder gaben an, mit den Öffentlichen in die Berge zu reisen.

Für Bahngäste aus ganz Deutschland bietet es sich daher an, einfach einen Zwischenhalt mit Übernachtung in München einzulegen. Der Fahrpreis bleibt der gleiche. Von der Bayerischen Landeshauptstadt sind die Alpen näher und die Möglichkeiten vielseitiger. Vom Münchner Hauptbahnhof aus kann man beispielsweise mit dem Zug täglich mehrmals nach Lenggries fahren und dort den so genannten Bergsteigerbus in das Karwendelgebirge zum Sacktal "Eng" nehmen. Auch in dieser Sommersaison fährt der so genannte Bergsteigerbus siebenmal täglich an Wochenenden und Feiertagen sowie zweimal wochentags von Lenggries in die Eng/Tirol. Sieben Fahrräder können zugeladen werden.

Eine Alternative dazu ist der Bergbus, der in München selbst startet. Das Pilotprojekt der Sektion Oberland des Alpenvereins München soll am Wochenende die Autoflut in den nahen Bergen zumindest ein bisschen eindämmen. Das Angebot gilt auch für Nichtmitglieder. Ganz gezielt fahren die Münchner auf den vier Routen Tourenziele im Chiemgau, in den Blaubergen, im Rofan und im Mangfallgebirge an, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichbar sind. Es ist zudem genügend Platz für Räder, Kraxen, Kletterausrüstung und Kinderwagen vorhanden. Schon bei der Premiere im vergangenen Jahr waren im Schnitt 80 Prozent der Plätze im Bus besetzt. Auch hier gilt es deshalb, möglichst früh zu reservieren.