Bewerbungstipps: So besteht man im Assessment Center

Bei einem Workshop fürs Assessment Center gab es hilfreiche Tipps - Selbstbewusste Körpersprache ist die halbe Miete

06.07.2015 UPDATE: 07.07.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

In einem Assessment Center messen Bewerber ihre Kräfte - Da werden nicht nur die schriftlichen Bewerbungen verglichen. Foto: dpa

Von Jana Ulbrich

Die Teilnehmer sind bunt zusammengewürfelt: ein Archäologe, eine ehemalige Lektorin, eine promovierte Biochemikerin. Was sie antreibt: Der gemeinsame Wunsch, erfolgreich in einem Assessment Center zu bestehen - einem vielschichtigen Auswahlverfahren, das mittlerweile viele Unternehmen einsetzen. Das Wort selbst lässt vielen zunächst die Nackenhaare zu Berge stehen: Da wird gnadenlos beurteilt und ausgesiebt, so heißt es. Und sich selbst zu präsentieren, unter einer gehörigen Menge Druck, ist nun mal nicht jedermanns Sache.

Meins ist es ganz bestimmt nicht. Was ich erwarte, ist genormtes Geplänkel, das Nachzeichnen vorgegebener Richtlinien und wiederholtes Hämmern auf den Tisch. Ich denke, die Botschaft wird sein: Das Leben ist hart, die Welt ist kalt, und ihr müsst lernen, euch charismatisch zu präsentieren - dann habt ihr vielleicht den Hauch einer Chance. Als ich aber zu dem Dutzend Teilnehmer stoße, das sich in der Heidelberger Agentur für Arbeit belehren lassen will, kommt es anders.

Hintergrund

In einem Vorstellungsgespräch oder Assessment Center gibt es einige Dinge, die Bewerber auf jeden Fall vermeiden sollten. RNZ-Campus-Mitarbeiterin Jana Ulbrich nennt die fünf Todsünden.

1. Zurückgelehnte Haltung oder Hände in den Hosentaschen. Bill

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In einem Vorstellungsgespräch oder Assessment Center gibt es einige Dinge, die Bewerber auf jeden Fall vermeiden sollten. RNZ-Campus-Mitarbeiterin Jana Ulbrich nennt die fünf Todsünden.

1. Zurückgelehnte Haltung oder Hände in den Hosentaschen. Bill Clinton macht es besser: Er steht bei all seinen Reden auf den Fußballen - damit schafft er Bewegungsfreiheit für seine Arme und macht einen offenen, motivierten Eindruck. Wer, im Gegensatz dazu, die Fersen in den Boden gräbt, wirkt schnell steif und wie auf dem Rückzug.

2. Spontan erzählen, was einem gerade so einfällt. Eine gute Vorbereitung, eine klare Struktur und schlüssige Argumente sind für jede Präsentation essenziell. Je nach Berufsfeld gehören auch eine Portion Witz und Kreativität dazu. Wer es schafft, sich inhaltlich auf andere Bewerber zu beziehen, zeigt außerdem, dass er während der Präsentationen aufgepasst hat - ein dickes Plus.

3. Sein eigenes Ding durchziehen. Diskutieren die Bewerber in Gruppen miteinander, achten die Personalchefs mit hoher Wahrscheinlichkeit auch darauf, wie gut jedes Gruppenmitglied in die Diskussion einbezogen wird. Wer andere unterbuttert, zeigt zwar Durchsetzungsvermögen, aber auch mangelnde Teamfähigkeit - und fliegt raus.

4. Stur ins Nichts schauen. Blickkontakt ist wichtig und kann zusätzlich die eigene Nervosität senken. Wer niemanden direkt anschaut, wirkt, als wolle er die Sache nur schnell hinter sich bringen. Stattdessen: Ab und zu in die Runde schauen, vielleicht sogar lächeln. Das wirkt freundlich und motiviert.

5. Sich für den potenziellen Arbeitsplatz verbiegen. Manchmal muss man sich den Fakten stellen: Wer sich für den Job vollkommen verstellen muss, ist nicht der richtige Kandidat. Und das Vortäuschen von Charaktereigenschaften bringt eben auch nur so lange etwas, bis man tatsächlich eingestellt wurde.

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Sebastian Winn, der gut gelaunte Referent der ASI Wirtschaftsberatung, sagt gleich zu Anfang: "Ich will, dass jeder seinen Weg geht." Das klingt abgedroschen, scheint aber ernst gemeint zu sein. Je nach Job und Arbeitgeber sehen die Anforderungen an die Bewerber schließlich unterschiedlich aus - auch, was den ersten Eindruck betrifft. "Ich würde zum Beispiel niemanden einstellen, mit dem ich mir nicht vorstellen kann, ein Bier trinken zu gehen", schmunzelt Winn. In anderen Unternehmen kann derselbe Eindruck aber ganz schnell zum Ausschlusskriterium werden.

Wer sich auf seinen potenziellen Arbeitgeber einstellt, ist also ganz klar im Vorteil. In einem kleinen Vortrag, bei dem die Teilnehmer sich kurz vorstellen, den bisherigen Werdegang und die eigene Motivation für das angestrebte Berufsfeld schildern, wird das geübt. So bekommt Si Sang, die sich für einen Job im Labor bewerben will, Sympathiepunkte für ihr bescheidenes Auftreten. Witze reißen oder Sprüche klopfen muss sie nicht. Das ist für einen Job im Hotelmanagement beispielsweise schon wichtiger.

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Winn gibt nach jedem Vortrag ein Feedback, ohne zu vergessen, die Referenten nach ihrem eigenen Eindruck zu fragen. Die Mehrzahl der Teilnehmer ist sich einig: Es war ziemlich schrecklich. "Ich hab alle meine Fäden verloren", meint Jana. So plötzlich vorne zu stehen und sämtliche Schlüsselpunkte abrufen zu müssen, ist nun mal nicht ohne. Andererseits: Kaum jemandem ist aufgefallen, dass die promovierte Biochemikerin viele ihrer Punkte unter den Tisch fallen ließ. "Du bist die Einzige, die weiß, was auf Deinem Zettel steht", erinnert Winn sie. Den Faden zu verlieren, ist also halb so schlimm - solange man es sich nicht anmerken lässt.

Besonders viel Einfluss darauf hat wiederum die Körpersprache der Referenten. Das Verzwickte daran: Steht man einmal vorne, laufen bestimmte Bewegungen ganz automatisch ab - so konzentriert ist man meist auf die inhaltliche Komponente. Während also Jan und Laura ganz vorbildlich wie Felsen in der Brandung stehen und kaum gestikulieren, wippt Si Sang von einem Fuß auf den anderen, wiegt sich, windet sich geradezu. "Für mich ist es immer schrecklich, vorne", gibt sie zu. Winn schlägt ihr deshalb vor, beim Üben einen Stift oder Moderationskärtchen in die Hand zu nehmen. "Daran kannst du dich emotional festhalten", erklärt er. Die nervösen Bewegungen übertragen sich dann zwar anfangs auf das, was man in den Händen hält. Aber es bedeutet den Anfang vom Ende für das "Tanzen", wie Winn es nennt.

Auch die letzte Übung ist ergiebig: Wir müssen innerhalb einer Gruppe agieren und zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen. Winn läuft um uns herum und macht sich Notizen. Seine Analyse am Ende der Übung: Jan, der 32-jährige Physiker, habe die Gruppe ganz klar angeführt. Während der Diskussion hatten offenbar sämtliche Mitglieder ständig seinen Blick gesucht, und jede Entscheidung von ihm abnicken lassen. Das war keinem von uns bewusst.

Auch mir gesteht Winn zu meiner Überraschung Führungspotenzial zu. "Mit den richtigen Fragen an die richtigen Leute hätten Sie die Gruppe ganz leicht lenken können", meint er. Überhaupt sei das die beste Führungsmethode. Fragenstellen ist wohl das neue Auf-den-Tisch-Hauen. Das merke ich mir. Und probiere es bei Gelegenheit mal aus.