RNZ-Kolumne "Rückspiegel"

Ohne Geld zum Oldtimer? Geht schon!

Für alle Träumer bietet sich am Wochenende der Weg zum Hockenheimring zur "Veterama"

03.04.2018 UPDATE: 07.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Foto: Heiko Schattauer

Von Heiko Schattauer

Man kann sich das Leben auch selbst schwer machen. Wer Leidenschaft lebt, muss ab und an auch selbst leiden können - aus Fehlern lernen können ja gern die anderen. Aber ich bin nicht allein: Wieso sonst ziehen Oldtimermessen und -märkte immer wieder (man hat sogar das Gefühl immer mehr) Menschen magisch an? Nur ein Bruchteil derer, die da sehnsuchtsvoll um die alten Karossen schleichen, kann sich tatsächlich einen Oldtimer leisten. Und trotzdem wird immer und immer wieder die Nähe zu den Objekten der Begierde gesucht. Im Grunde ist das ja ein ziemlich dämliches Verhalten - ungefähr so, als würde man ohne Korkenzieher im wohlsortierten Weinkeller eingeschlossen oder sich immer nur am Schaufenster die Nase platt drücken, wenn der Süßwarenladen längst zu hat.

Aber der Zugang zum alten Auto, das weiß nicht nur der bereits "Infizierte", ist halt nicht rational, schon gar nicht nüchtern erklärbar. Träumerei und Wunschdenken gehören eben dazu. Und träumen lässt sich auf so einem Oldtimermarkt ganz vorzüglich. Mit offenen Augen. Und, wie bei den meisten Träumern drumherum, sogar mit leeren Taschen. Oft ist die vom Wunsch geprägte Vorstellung ja ohnehin viel besser als das reale Ergeb- und Erlebnis. Das kennt man zur Genüge aus dem Alltag, auch ganz ohne Automobilbezug.

Zurück zum Träumen: Gelegenheit dazu gibt’s grad reichlich. Die beiden größten Traum-, sorry: Oldtimermessen Deutschlands sind im März über die Bühne gegangen. Jeweils mit vielen Tausend wunschgeschwängerten Besuchern. Ein paar wenige davon haben sich in Stuttgart (Retro Classic) oder Essen (Techno Classica) tatsächlich einen Traum erfüllt. Und auf dem an Auswahl reichen, preislich dafür aber immer leicht überhitzten Messemarktplatz ein klassisches Automobil erstanden.

Für alle anderen Träumer bietet sich am Wochenende der Weg zum Hockenheimring an, wo es ausnahmsweise mal nicht um Rundenzeiten und Highspeed geht. Die "Veterama" entschleunigt die Szenerie an der Rennstrecke. Wenngleich man angesichts der Dimensionen, in die der Flohmarkt für Autoverrückte inzwischen vorgestoßen ist, auch eine gewisse Aufgeregtheit vermuten könnte. 2500 Aussteller auf 120.000 Quadratmetern, mindestens 300 alte Autos auf der "Komplettfahrzeugbörse" - da geht schon was. Aber glücklicherweise überwiegend in einem dem Alter der Autos entsprechendem Tempo. Den Jungs, die hinter den sauber sortierten Blinkern, Lenkrädern oder Zierleisten sitzen, geht es nicht (nur) ums Geschäft. Mehr noch als Kauf oder Verkauf eines schnöden Ersatzteils für die alte Kiste steht der Austausch über die gemeinsame Leidenschaft oder das gemeinsame Leiden im Vordergrund. Benzingespräche gehen auch ganz ohne Benzin.

Die Veterama ist - im Gegensatz zu Hochglanzmessen wie der Retro Classics - selbst schon ein (gefragter) Oldtimer. Was im Jahr 1975 als kleine Insider-Veranstaltung in der alten "Kannenberg Halle" in Mannheim begann, ist inzwischen zum größten europäischen Markt für Oldtimer und Klassiker geworden. Wachstum hin, Entwicklung her - unrealistisch träumen kann man auf der Veterama immer noch. Auch wenn man sich damit nicht immer einen Gefallen tut.