"Pam – the Van" ist ein gelungener Eigenbau

Platz ist in der kleinsten "Hütte"

Alles Handarbeit: ein Heim auf Zeit für eine junge Italienerin und ihren Hund

17.07.2017 UPDATE: 04.08.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 55 Sekunden

Von Gerhard Prien

Sie heißt Marina, ist Mitte 20 und in Italien geboren. In ihren jungen Jahren träumte sie davon, eine autarke und selbstständige Wald-Fee zu sein. Stattdessen hat sie sich selbst eigenhändig ein kleines, kompaktes Reisemobil ausgebaut. Seither lebt sie den Traum aller Daheimgebliebenen: Mit dem Auto tourt sie quer durch Europa.

Marina hat etwas für Menschen übrig, die auch mal ohne konkreten Anlass lächeln. Sie mag turbulente Flüge, reife Früchte und Baumhäuser. Kein Wunder, dass sie auch mit relativ wenig Platz auskommt. Er muss für sie ausreichen, und für ihren Hund Odie, eine Labrador-Mischung. Der tat zwar immer so, als würde er die Worte "sitz" und "nein" nicht verstehen. Dafür fängt (und frisst) er aber gerne Fliegen. Was auf Reisen recht praktisch sein kann.

Rund zwei Monate hat die attraktive junge Frau in England, wo sie starten und den Wagen zulassen wollte, nach einem vierrädrigen Reisepartner für sich und ihren treuen Vierbeiner gesucht. In dieser Zeit hat sie festgestellt, dass es "das beste Reisefahrzeug" einfach nicht gibt. Stattdessen hat sie erkannt, dass es darauf ankommt, was man von seinem Reisemobil so will.

Der Küchenblock: Vier Tage hat die umtriebige Italienerin an diesem zweiteiligen Stück gearbeitet.
Es sei "eine echte Herausforderung" für sie gewesen, sich durch die fast unüberschaubare Vielzahl denkbarer Basisfahrzeuge zu navigieren. Sehr spannend sei das gewesen, lehrreich, aber auch anstrengend. Dabei waren ihre Anforderungen eigentlich recht klar und knapp zu formulieren. "Wanted: Preiswert und kompakt."

 

Günstig sollte das Basisfahrzeug sein, denn ihr Budget lag gerade mal bei rund 800 Pfund (knapp 900 Euro). Das schränkt die Auswahl natürlich ein. Außerdem sollte das Mobil kompakt sein. Marina suchte etwas, was einfach zu fahren - und zu parken - sein sollte. Obendrein gab es einen weiteren pragmatischen Grund, der gegen ein großes Mobil sprach: Je größer die Basis, desto mehr Geld geht für Isolation, Verkleidung, Kabel, Möbelbau und Ausbau-Technik drauf. Weniger als 100.000 Meilen auf dem Tacho wären schön, Baujahr nach dem Jahr 2000, gerne aus Privatbesitz und nicht aus einem Firmenfuhrpark, wo die Fahrzeuge oft "runtergeritten" werden.

Ein kultiger VW Bus hätte der jungen Italienerin natürlich gefallen - wenn da nicht die aus ihrer Sicht schon fast unverschämten Kosten gewesen wären. So blieben letztendlich Hochdach-Kombis wie der Citroen Berlingo, Peugeot Partner oder der Renault Kargo nach Abarbeiten ihrer Entscheidungs-Matrix übrig. Klingt nicht gerade nach Traummobil für Abenteuerfahrten. Und dann sollte der Wagen auch noch schön farbig sein. Auf keinen Fall weiß - sonnengelb wäre toll.

Mehrere Male täglich graste sie Verkaufsplattformen im Internet ab - alle in Frage kommenden Fahrzeuge hatten mehr als 150.000 Meilen runter. Marina wusste, sie müsste nur geduldig sein - denn irgendwann ist "ihr" Fahrzeug dabei.

Der perfekt genutzte Raum des Renault Kangoo – mit Küchenblock und Bett, jeder Menge Stauraum und nicht zuletzt hübsch dekoriert.
Nach Wochen fand Marina schließlich einen fünftürigen Renault Kangoo, Baujahr 2001. Zwar nicht in der Wunschfarbe Gelb, aber mit Fenstern, akzeptablen rund 70.000 Meilen auf dem Tacho, angetrieben von einem 1,4 Liter Benziner - und Automatik. Marinas Kommentar zu dieser eher seltenen und leistungsfressenden Ausstattung: "I know, I know". Will heißen: So richtig temperamentvoll ist der Kangoo nicht.

 

Weil es sich so schön reimt, hat sie das kleine französische Raumwunder auf den Namen "Pam - the Van" getauft. Pam ist offenbar auch ein recht eigensinniges Gefährt mit Launen und einem eigenem Willen. "Wenn sie gut gelaunt ist, fährt sie wie ein Traum." Auch die Vorlieben und Abneigungen von Pam sind klar definiert: Geht es bergab, ist alles super. Führt die Strecke bergauf, ist Pam meist weniger gut gelaunt.

Nach Kauf des Kleintransporters ging es an den Ausbau. Zunächst wurde der Renault isoliert, an den Seitenwänden und auf der Ladefläche. Die bekam danach einen verklebten und an den Seiten mit einem Alu-Winkel verschraubten Vinyl-Boden verpasst. Marinas Argumente für die Wahl dieses Bodenbelags: "Er ist einfach zu verarbeiten, lässt sich easy sauber halten und ist relativ unempfindlich gegen Wasser".

Mit Teppich verkleidet wurden das Fahrerhaus, nach Demontage der Sicherheitsgurte die B- und C-Säulen, der Bereich um die Fenster, die Schiebetüren und das Dach des Fahrerhauses. Alleine für die Verkleidung der beiden Schiebetüren ging ein kompletter Nachmittag ins Land. Den Dachhimmel mit den LED-Leuchten aus einem schwedischen Möbelhaus hat Marina verklebt.

Die über Solar geheizte Außendusche von „Pam – the Van“, wie Marina ihr Auto liebevoll nennt. Fotos: zg
Statt des dünnen und feuerresistenten Teppichs im Farbton "Pazifikblau" hätte Marina "in a perfect world" ja viel lieber Holz verwendet. Aber für den Kangoo schien ihr diese Lösung, nicht nur wegen des Gewichts von Holz, wenig praktikabel. Ihr Tipp für alle Nachahmer: Reichlich Kleber verwenden - und bloß keine kleinteilige Patchwork-Arbeit aus der Verkleidung werden lassen, sondern lieber möglichst große Stücke verwenden und diese nach dem Verkleben immer gut und etwas länger anpressen. Auch eine Tasse Tee oder Kaffee vor Arbeitsbeginn könne hilfreich sein.

 

Obwohl Marina unumwunden zugibt, dass ihre Kenntnisse in Holzverarbeitung nicht gerade die besten sind, wagte sie sich auch an den Bau von Küchenblock und Bett. In gerade mal vier Tagen war die Küche fertig - wenn auch, wie die junge Frau gesteht, "nicht hundertprozentig perfekt". Zwei Teile hat die auf der linken Fahrzeugseite installierte Küche, einen für den 907 Gaszylinder von Campingaz, einen zweiten als Stauraum. Die Basisstruktur aus Holzlatten ist mit dem Fahrzeugboden verschraubt, für die Seiten, die per Magnet gesicherten Türen und die Arbeitsfläche hat sie Holzplatten zugeschnitten. Krumm geschnittene Kanten hat sie mit schicken Aluwinkeln kaschiert und dann noch den Kocher eingebaut und mit reichlich Silikon verklebt.

Zwei Tage nahm der Bau des Bettes in Anspruch - den Marina eigentlich für recht simpel gehalten hatte. Es sollte ein verbreiterbares Einzelbett werden, raus kam ein, aus einem Futon gebautes, simples Bett mit aufklappbarer Auflage. So kann der Platz unter dem Bett als Stauraum genutzt werden. Und mittels eines aufgelegten Bretts funktioniert mittlerweile auch die Vergrößerung der Liegefläche.

Die Elektrik des kleinen Reise-Renaults ist ganz bewusst simpel gehalten. Der Strom kommt aus einer 110 Ampere Bordbatterie, die während der Fahrt geladen wird, und die die LED-Leuchten und einen 12 V / 230 V Konverter zum Betrieb des Laptops und des Handyladegeräts versorgt.

So ausgestattet touren Marina und Odie mittlerweile schon seit Monaten durch Europa: Großbritannien, Österreich, Deutschland und Italien. Vielleicht läuft ihnen unterwegs ja mal ein "passendes" Baumhaus mit Feen über den Weg, für das sich Marina von Pam trennen würde.

Weitere Infos: https://pamthevan.com