Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht spricht nichts für den Erhalt des Neckarsulmer Erlebnisbads Aquatoll. Die Stadtverwaltung will dennoch an dem Bad festhalten und schlägt dem Gemeinderat eine über mehrere Jahre gestreckte Sanierung vor. Archivfoto: Armin Guzy
Neckarsulm. (rnz) Die Stadtverwaltung Neckarsulm spricht sich für den Kompletterhalt und die schrittweise Sanierung des Freizeitbades "Aquatoll" aus. Oberbürgermeister Steffen Hertwig hatte in den jüngsten nicht-öffentlichen Vorberatungen einen klaren Impuls für den Erhalt des Aquatolls gegeben und den Gemeinderat zu einem eindeutigen politischen Bekenntnis für den Fortbestand des städtischen Eigenbetriebs aufgerufen. Jetzt schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat vor, für das Aquatoll die Variante I weiterzuverfolgen und die Verwaltung mit der entsprechenden Planung zu beauftragen.
Der Gemeinderat hatte in einer Klausurtagung Ende Januar die möglichen Handlungsoptionen zum Aquatoll auf drei Varianten verdichtet. Variante I sieht vor, das Erlebnisbad einschließlich Foyer und Restaurant sowie die Saunalandschaft in einzelnen Abschnitten zu sanieren und teilweise zu attraktivieren. Hierfür wird ein Erstinvestitionsaufwand von zwölf Millionen Euro veranschlagt.
Zu den Alternativen gehören der Abriss des Erlebnisbades mit Erhalt der Sauna (Variante II) und der Komplettabriss von Erlebnisbad und Sauna, so dass nur das Sportbad erhalten bliebe (Variante III). Der Gemeinderat entscheidet über den Beschlussvorschlag am Donnerstag, 19. Juli, in öffentlicher Sitzung in der Ballei.
Der Neubau eines Reha- und Fitnessbereichs, der als Ersatz für den Wegfall des Erlebnisbades beziehungsweise als Ergänzung des Angebots diskutiert wurde, soll nicht weiterverfolgt werden. Vorgespräche mit möglichen Betreibern haben ergeben, dass Bau und Verpachtung eines solchen Bereichs nur mit entsprechender finanzieller Beteiligung oder in Trägerschaft der Stadt möglich wären. Dies hatte der Gemeinderat aber grundsätzlich ausgeschlossen.
"Wir blicken auf einen langwierigen und schmerzhaften Entscheidungsprozess zurück, der vor allem der hohen Komplexität des Themas geschuldet ist", analysiert OB Hertwig. "Rein betriebswirtschaftlich betrachtet, spricht nichts für den Erhalt des Aquatolls", räumt er ein. "Aber das Aquatoll ist mehr als nur ein Kostenfaktor. Die rege Diskussion um die Zukunft des Bades hat auch gezeigt, dass das Aquatoll vielen Bürgern am Herzen liegt und ein Stück heimatliche Identität stiftet."
Auch die Begleitgruppe, die sich aus verschiedenen Nutzer- und Interessensgruppen gebildet und sich im Rahmen einer Bürgerbeteiligung in drei Arbeitstreffen mit dem Thema befasst hatte, plädiert für den Erhalt des Bades. Die Gruppe schlug dem Gemeinderat in öffentlicher Sitzung Maßnahmen vor, um die Attraktivität des Bades zu steigern. Nach dem Urteil der Begleitgruppe ist das Aquatoll für alle Altersgruppen attraktiv und erfülle wichtige Funktionen in puncto Schwimmen, Gesundheitsförderung und Erholung.
"Die rege öffentliche Diskussion hat gezeigt, dass das Aquatoll wichtige Funktionen für alle Altersgruppen erfüllt, die bei einem Wegfall an anderer Stelle ersetzt werden müssten", fasst Steffen Hertwig zusammen. "Auch die Architektur und der Imagefaktor wurden von der Begleitgruppe als positive Merkmale hervorgehoben. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das Aquatoll weiterhin attraktiv ist", urteilt Hertwig. "Die Stadt ist daher aus meiner Sicht politisch verpflichtet, das bestehende Bäder- und Saunaangebot für die Neckarsulmer Bevölkerung und damit auch für Bürger der Region zu erhalten."
Vor diesem Hintergrund sind die hohen Investitionen in das Aquatoll der Zukunft nach Ansicht von Hertwig gerechtfertigt, auch wenn sie den städtischen Haushalt insgesamt stark belasten. Um die Investitionen zeitlich zu strecken, schlägt die Verwaltung vor, das Bad abschnittsweise zu sanieren.
Die Erstinvestition in Höhe von maximal zwölf Millionen Euro soll durch Folgeinvestitionen in Höhe von 500.000 bis einer Million Euro pro Jahr ergänzt werden. Sie sollen nach voraussichtlich etwa drei bis fünf Jahren nach Abschluss der Erstsanierung einsetzen und sicherstellen, dass das Bad dauerhaft erhalten bleibt.
Rechnet man die jährlichen Folgeinvestitionen zur Erstinvestition hinzu, so ergibt sich bei Berücksichtigung der Kostensteigerungen ein Gesamtinvestitionsaufwand von mehr als 23 Millionen Euro. "Die Stadt sollte dieses Investitionspaket stemmen und das Aquatoll der Zukunft gestalten", bekräftigt OB Hertwig.
Allerdings müssten auch die Besucher dazu ihren Beitrag leisten. "Wie bei allen städtischen Einrichtungen müssen wir auch beim Aquatoll die Nutzer künftig stärker an der Finanzierung beteiligen", sagte Hertwig. So sieht der Verwaltungsvorschlag zusätzlich zur Sanierung ergänzende Maßnahmen vor, um das Betriebsdefizit zu begrenzen.
Neben einem organisatorisch verbesserten Personaleinsatz hält es die Verwaltung unter anderem für notwendig, die Eintrittspreise in der Saunalandschaft und im Erlebnisbad sowie die Nutzungsentgelte für Vereine und Schulen im Sportbad deutlich zu erhöhen.