Nach der Landtagswahl: Grün-Schwarz als Kretschmanns nächster Coup?

Kretschmann schrieb Geschichte, als er vor fünf Jahren der erste grüne Ministerpräsident überhaupt wurde. Vielleicht gelingt es ihm nun, das erste grün-schwarze Bündnis auf Landesebene zu schmieden.

14.03.2016 UPDATE: 14.03.2016 16:16 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) beginnt am Mittwoch mit Sondierungsgesprächen mit den anderen Parteien für eine mögliche Koalition. Foto: Patrick Seeger/dpa

Stuttgart (dpa/lsw) - Grün-Schwarz in Baden-Württemberg? Wer darauf vor einigen Wochen gewettet hat, wurde nicht wirklich ernst genommen. Die Möglichkeit, dass die Grünen die CDU in ihrer einstigen Bastion als stärkste Kraft überholen, schien völlig aus der Welt. Nun ist bei der Landtagswahl am Sonntag genau das eingetreten. Bereits 2011 schrieb Winfried Kretschmann im Ländle Geschichte, als er der erste grüne Ministerpräsident in Deutschland überhaupt wurde. Gelingt es ihm nun, nachdem es für die Fortsetzung von Grün-Rot nicht reicht, das erste grün-schwarze Bündnis auf Landesebene zu schmieden?

Die Mehrheitssuche im Landtag mit nun fünf Parteien einschließlich der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD), mit der niemand koalieren will, ist kompliziert: Für Wunschbündnisse gibt es keine Mehrheiten. Rechnerisch möglich sind zum einen zwei Dreierbündnisse. Dies sind die Deutschlandkoalition aus CDU, SPD und FDP unter einem CDU-Regierungschef Guido Wolf und eine Ampel aus Grünen, SPD und FDP unter einem Ministerpräsidenten Kretschmann. Wahrscheinlicher ist aber Grün-Schwarz unter Kretschmann, auch wenn sich auch diese Koalition keiner wirklich gewünscht hat.

Dass Wolf versucht, trotz des desolaten CDU-Ergebnisses selbst Ministerpräsident zu werden, stößt in seiner Partei und Fraktion auf Zustimmung. Die Chancen gelten aber als gering, weil die SPD nicht mitmachen will und das überragende Wahlergebnis für die Grünen vor allem auch als Votum für Kretschmann gewertet wird. Zudem hätte eine Deutschlandkoalition nur eine knappe Mehrheit. Die Ampel wiederum ist ein No-go für die FDP, auch wenn diese sich gesprächsbereit zeigt.

Sind diese Dreierbündnisse nicht möglich, bliebe der CDU jenseits von Grün-Schwarz nur die Opposition. Die Aussicht ist für CDU-Abgeordnete ein Horrorszenario. Bereits die erste Zeit in der Opposition seit 2011 haben einige von ihnen als schier unerträgliche Durststrecke empfunden. "In fünf weiteren Jahren in der Opposition würde sich die CDU zerlegen", sagt ein Mandatsträger. Grün-Schwarz wäre für ihn die zweitschlechteste Lösung. Dann, so sein Argument, hätte die CDU wenigstens die Chance, sich als Juniorpartner zu profilieren.

"Die Deutschlandkoalition ist die erste Option", sagt zum Beispiel der Landeschef der CDU Sozialausschüsse (CDA), Christian Bäumler. Wenn das nicht klappe, müsse Grün-Schwarz versucht werden. "Die beiden Möglichkeiten gibt es." Dass die CDU keine Oppositionspartei sei, habe sie in den vergangenen fünf Jahren gezeigt.

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CDU-Spitzenkandidat Wolf hat Grün-Schwarz vor der Wahl eigentlich ausgeschlossen. Am Dienstag zeigt er sich aber offener: "Es ist auf der Basis des Wahlergebnisses eine Mehrheit jenseits der Grünen denkbar. Aber es sind auch Formen der Zusammenarbeit mit den Grünen denkbar. Wir wollen alle Möglichkeiten auslotsen." Auch Kretschmann will sowohl mit SPD und FDP als auch mit der CDU sprechen.

Allerdings gibt es die Befürchtung, dass Kretschmann die CDU in einer gemeinsamen Koalition ebenso wie die Sozialdemokraten als Juniorpartner marginalisieren könnte. SPD-Landeschef Nils Schmid hatte am Wahlabend angesichts des Absturzes seiner Partei von 23,1 Prozent (2011) auf jetzt 12,7 Prozent bitter festgestellt: "Wir zahlen einen hohen Preis für diese gemeinsame erfolgreiche Arbeit."

Andererseits hat Kretschmann gerade auch viele einstige CDU-Wähler von sich überzeugen können. Als Wertkonservativer und Pragmatiker genießt er im schwarzen Lager hohe Wertschätzung - er wird oft mit dem früheren CDU-Regierungschef Erwin Teufel verglichen. Inhaltlich gibt es zwischen CDU und Grünen Berührungspunkte etwa in der Finanz- und in der Wirtschaftspolitik. Schwieriger dürfte die Suche nach grün-schwarzen Gemeinsamkeiten in der Bildungs- und Flüchtlingspolitik und der inneren Sicherheit sein.

 

 

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