Jugendoffiziere unerwünscht?

Stuttgart. Heftige Landtagsdebatte um Bundeswehr-Kooperation mit Schulen - Die Opposition nutzt die Gelegenheit zur Grundsatzfrage

31.01.2013 UPDATE: 31.01.2013 10:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Von Julia Giertz und Bettina Grachtrup

Stuttgart. Die Besuche von Jugendoffizieren an den Schulen in Baden-Württemberg haben für eine hitzige Debatte im Landtag gesorgt. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) kündigte an, das Kooperationsabkommen mit der Bundeswehr rasch zu überprüfen. "Wir wollen deutlicher aufzeigen, dass Jugendliche auf dem Weg zum mündigen Staatsbürger in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sowohl mit der Bundeswehr als auch mit anderen Organisationen diskutieren sollen", sagte er bei seinem Debüt als Ressortchef gestern im Landtag. Das Abkommen zwischen Land und Truppe erwecke den Eindruck, dass diese beim Zugang an die Schulen privilegiert sei. Letztendlich liege es aber in der Verantwortung der Lehrer, wen sie in den Unterricht einladen wollten.

CDU und FDP warnten davor, die Bundeswehr aus den Schulen zu "verbannen" und sie nicht genug zu achten. Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock rief die Grünen auf, ihren "kalten Krieg" mit den Streitkräften zu beenden. Nachdem Rot-Grün zu Regierungszeiten im Bund für die Auslandseinsätze deutscher Soldaten verantwortlich gezeichnet habe, sei es "scheinheilig und unaufrichtig" von Grün-Rot im Land der Bundeswehr zu signalisieren, sie habe an Schulen nichts zu suchen. Der Grünen-Landesparteitag hatte Ende 2012 beschlossen, das Abkommen zu kündigen.

Stoch betonte, es gehe nicht um das Ansehen der Bundeswehr, die Opposition solle den "Pegel nicht auf 120 Dezibel" hochfahren. Es gehe lediglich um die geeigneten Informationen für Schüler, um auf wichtige politische Fragen eigenständig Antworten finden zu können. Von einer "Verbannung" der Bundeswehr aus den Schulen könne keine Rede sein. Dagegen hielt der FDP-Abgeordnete Timm Kern der Regierung vor, sie misstraue der Professionalität der Lehrer und bringe den Offizieren eine "Grundskepsis" entgegen.

Sandra Boser (Grüne) plädierte für eine Gleichberechtigung aller Gruppen. Die Entwicklung in Nordafrika habe gezeigt, dass auch Menschen ohne Waffen großen Einfluss haben könnten. Stefan Fulst-Blei (SPD) betonte, es gebe einen breiten Konsens über die Bundeswehr als "Teil des demokratischen Staatswesens", den aufbrechen zu wollen, die Opposition Grün-Rot unterstelle.

Stoch kündigte an, im Februar mit Friedensorganisationen und der Bundeswehr zu sprechen, um die Kooperation möglicherweise weiterzuentwickeln. Er nannte als Beispiel Nordrhein-Westfalen, in dessen Abkommen gleiche Rechte für Friedensorganisationen wie für die Bundeswehr verankert seien. Es gebe eine noch ältere Grundlage für politische Bildung an Schulen: den Beutelsbacher Konsens. Dieser verbiete den Lehrern einseitige Einflussnahme und halte sie an, strittige Themen als solche darzustellen.

Laut der Initiative "Schulfrei für die Bundeswehr" werden Jugendoffizieren Privilegien eingeräumt, die keine andere Gruppe bekomme. So sei die Bundeswehr an der Aus- und Fortbildung von Lehrern beteiligt, erläuterte Klaus Pfisterer von dem Bündnis. Für Referendare sei die Teilnahme an den Seminaren Pflicht - weigerten sie sich, könne dies Konsequenzen haben. Auch informierten Jugendoffiziere nicht objektiv. "Sie stellen einfach nur die Arbeit des Verteidigungsministeriums vor, ohne auf die Kriegswirklichkeit und Folgen für Soldaten einzugehen." Zwar sei es den Offizieren untersagt, in den Schulen aktiv für die Bundeswehr zu werben. "Aber das Auftreten in Uniform ist automatisch mit Werbung verbunden."

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