Diskussion über Merkel-Zukunft

AKK will Debatte über raschen Kanzler-Wechsel beenden

Zwei Wochen vor den wichtigen Wahlen am 26. Mai stört die Diskussion über eine rasche Ablösung von Kanzlerin Merkel den Wahlkampf der Union. Die CDU-Vorsitzende tut viel, um die Debatte auszutreten. Doch ob die schwarz-rote Regierung tatsächlich bis 2021 hält, weiß keiner.

13.05.2019 UPDATE: 13.05.2019 18:33 Uhr 3 Minuten
Kramp-Karrenbauer
Annegret Kramp-Karrenbauer bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU Bundesvorstands im Konrad-Adenauer-Haus. Foto: Michael Kappeler

Berlin (dpa) - CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist zwei Wochen vor den Wahlen in Europa, Bremen und Kommunalparlamenten bemüht, die Debatte über einen vorzeitigen Wechsel im Kanzleramt zu beenden.

"Die CDU geht von einer ganz normalen Legislaturperiode aus. Diese Regierung ist gewählt bis ins Jahr 2021", sagte sie am Montag nach Sitzungen der Spitzengremien ihrer Partei in Berlin. Merkel sei Regierungschefin, "und das soll sie für diese Legislaturperiode auch bleiben". Hinter Kramp-Karrenbauers Bemühungen dürfte die Sorge stecken, dass die Diskussion über ein rasches Aus für die in Beliebtheitsumfragen führende Merkel dem Wahlkampf schaden könnte.

Einen Tag vor einer Sitzung des Koalitionsausschusses kritisierte Kramp-Karrenbauer erneut scharf die SPD. Die Sozialdemokraten seien mit der von den Jusos begonnenen Sozialismusdebatte und der Wirtschaft als erklärtem Hauptgegner auf dem Irrweg. Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft sei eine der Grundkonstanten der Gesellschaft und des Erfolgs in Deutschland. Die CDU werde im Endspurt des Wahlkampfs deutlich machen, dass es mit Blick auf die SPD "keine Verlässlichkeit mehr gibt".

Auf die Frage, ob sie besorgt sei, dass ihre Chancen auf eine Nachfolge Merkels im Kanzleramt kleiner würden, falls die CDU bei den kommenden Wahlen schlecht abschneide, sagte Kramp-Karrenbauer: "Sie sehen mich vollkommen sorgenfrei." Sie habe ihre Interview-Äußerungen zu einem vorzeitigen Wechsel im Kanzleramt in Präsidium und Vorstand wiederholt - dies sei auf absolute Zustimmung getroffen.

Kramp-Karrenbauer hatte der "Welt am Sonntag" auf die Frage, ob sie ausschließe, dass sie noch vor 2020 Kanzlerin werde, gesagt, sie könne "für mich ausschließen, dass ich auf einen früheren mutwilligen Wechsel hinarbeite". Auf die zusätzliche Frage, ob sie die Ablösung der Kanzlerin betreiben würde, wenn sie zu dem Schluss käme, dass eine Fortsetzung der Kanzlerschaft Merkels der CDU schaden würde, sagte die Parteivorsitzende dann: "Der Maßstab muss sein: Wie entwickelt sich erstens das Land? Wie entwickelt sich zweitens die Partei? Darüber reden Angela Merkel und ich sehr offen. Wir wissen dabei beide um unsere Verantwortung."

Kramp-Karrenbauer hatte damit aber letztlich offen gelassen, ob und wann es einen Wechsel geben könnte. Dies hat sich auch durch die jüngsten Äußerungen der Parteivorsitzenden nicht geändert. In der Union wird nicht ausgeschlossen, dass der kleine Koalitionspartner SPD etwa nach einem sehr schlechten Abschneiden bei der Europawahl oder einem Machtverlust in seiner Hochburg Bremen, wo die Partei seit 73 Jahren ununterbrochen regiert, die Koalition verlassen könnte. Zudem ist unklar, ob sich Union und SPD angesichts der einbrechenden Konjunktur und dem gebremsten Wachstum der Steuereinnahmen auf gemeinsame Schwerpunkte für den Rest der Legislatur einigen können.

Nach den Gremiensitzungen sagte die CDU-Vorsitzende, ihre Partei wolle beim Parteitag im Herbst 2020 ein neues Grundsatzprogramm sowie ein Regierungsprogramm für die Bundestagswahl 2021 beschließen. Dort solle auch die Kanzlerkandidatur geklärt werden. Dann sollten die organisatorischen Vorbereitungen soweit getroffen sein, dass die Partei sofort in das Wahljahr 2021 mit der Bundestagswahl und den wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz starten könne. "Darauf konzentrieren wir uns", sagte Kramp-Karrenbauer. "Alle anderen Fragen stellen sich nicht."

Auf die Frage, wo sie die Grenzen zwischen ihrer Aufgabe und jener der Kanzlerin sehe, sagte Kramp-Karrenbauer, der Schwerpunkt ihrer Arbeit als Parteivorsitzende liege im Augenblick vor allem in der Organisation und Mobilisierung der Partei. Sie sei mit Merkel in enger Abstimmung auch bei der Frage, wie die Regierungspartei CDU die Arbeit der scharz-roten Regierung begleite. Dabei sehe sie als ihre Aufgabe, Interessen von Bund und Ländern miteinander auszugleichen. Dort wo die Union gute Arbeit leiste, wolle die Partei dies stärker als bisher kommunikativ begleiten. "Aber das ersetzt natürlich keine Regierungsarbeit", sagte Kramp-Karrenbauer.

Auch CDU-Bundesvize Volker Bouffier wandte sich gegen Spekulationen über einen vorzeitigen Wechsel im Kanzleramt. "Wir haben eine Kanzlerin und wir haben eine Parteivorsitzende. Die beiden müssen als erste entscheiden, wie es weitergeht", sagte der hessische Ministerpräsident. "Es macht ja keinen Sinn, sozusagen jetzt morgens aufzustehen, zu sägen und zu sagen, ich will." CDU-Vize Armin Laschet sagte, viele Menschen erwarteten, "dass die große Koalition jetzt ihre Arbeit" mache. "Die ist gerade mal ein Jahr im Amt. Und deshalb ist für mich klar, dass bis zum Ende der Wahlperiode diese Arbeit geleistet wird."

Kramp-Karrenbauer selbst verkündete eine wichtige CDU-interne Personalie: Der langjährige Bundesgeschäftsführer und Vertraute ihrer Vorgängerin Angela Merkel, Klaus Schüler, wechselt auf eigenen Wunsch in die Wirtschaft. Zum 1. Juli wird der 62-Jährige beim Spezialchemie-Konzern Lanxess in Köln Bevollmächtigter des Vorstands für nationale und internationale Politikbeziehungen. Schüler war seit 2007 Bundesgeschäftsführer der Partei.

Dass eine neue Parteichefin in ihrer Zentrale Schlüsselpositionen neu und vorrangig mit Vertrauten besetzt, ist nicht ungewöhnlich. Nach Informationen aus Parteikreisen werden dem 44 Jahre alten Kramp-Karrenbauer-Vertrauten Nico Lange beste Chancen auf die Nachfolge Schülers eingeräumt. Lange ist seit Mitte April 2018 stellvertretender Bundesgeschäftsführer. Kramp-Karrenbauer hatte ihn aus der Staatskanzlei in Saarbrücken mit nach Berlin geholt.