"Für ein Leben in Würde"

Tag der Arbeit: Gewerkschaften fordern höheres Rentenniveau

Eine ausreichende Rente, weniger Zeitverträge und das Rückkehrrecht auf eine volle Stelle. Die Gewerkschaften richten beim Tag der Arbeit viele Forderungen an den Staat. Die Bundesarbeitsministerin haben sie auf ihrer Seite.

01.05.2017 UPDATE: 01.05.2017 14:51 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Zentrale DGB-Kundgebung
DGB-Chef Rainer Hoffmann bei der zentralen Mai-Kundgebung in Gelsenkirchen. Foto: Ina Fassbender

Gelsenkirchen (dpa) - Am Tag der Arbeit haben die Gewerkschaften einen Kurswechsel in der Renten- und in der Gesundheitspolitik gefordert. Die Rente müsse "im Alter für ein Leben in Würde" reichen, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Rainer Hoffmann, bei der zentralen Maikundgebung in Gelsenkirchen vor bis zu 1500 Demonstranten. Die Krankenkassenbeiträge müssten wieder von Beschäftigten und Arbeitgebern in gleicher Höhe finanziert werden, forderte Hoffmann im Jahr der Bundestagswahl.

Bundesweit beteiligten sich nach Angaben des DGB rund 360 000 Menschen an den knapp 500 Kundgebungen und Veranstaltungen der Gewerkschaften. Viele Redner sprachen sich für ein starkes Europa ohne Nationalismus und Rassismus aus.

Auch Verdi-Chef Frank Bsirske forderte höhere Altersrenten. "Die Talfahrt des Rentenniveaus muss gestoppt und das Rentenniveau wieder auf etwa 50 Prozent angehoben werden", sagte Bsirske in Wuppertal. "Deutschland ist ein reiches Land, aber viele Menschen darin werden immer ärmer. Das ist ungerecht und unsozial." Bsirske forderte unter anderem einen höheren Bundeszuschuss zur Rentenversicherung.

Unterstützung bekamen die Gewerkschaften von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. "Wir brauchen endlich eine Stabilisierung des Rentenniveaus", sagte die SPD-Politikerin in Gelsenkirchen. Wer jahrelang gearbeitet habe, müsse im Alter mehr erhalten als nur die Grundsicherung. Deshalb müsse es eine "Mindestrente für alle, die Jahrzehnte lang eingezahlt habe" geben.

Nahles bezeichnete es als wichtigste Aufgabe für die nächste Legislaturperiode, "die Parität bei der gesetzlichen Krankenversicherung wieder herzustellen". Derzeit zahlten die Arbeitnehmer pro Jahr zehn Milliarden Euro mehr in die Krankenversicherung ein als die Arbeitgeber. Das müsse sich ändern.

Bei den Kundgebungen unter dem Motto "Wir sind viele. Wir sind eins" forderten die Gewerkschaften zudem ein Verbot sachgrundloser Befristungen von Arbeitsverträgen sowie ein Rückkehrrecht von Teilzeitbeschäftigte auf eine volle Stelle. Der Gesetzentwurf von Nahles zum Rückkehrrecht müsse noch vor der Bundestagswahl umgesetzt werden, sagte Hoffmann. In Deutschland hätten sieben Millionen Frauen eine Teilzeitstelle. Viele von ihnen wollten gerne mehr arbeiten. "Das dürfen wir ihnen nicht verweigern." Deshalb müssten die Union und die Arbeitgeber ihren Widerstand aufgeben.

In Berlin kritisierte die stellvertretende DGB-Bundesvorsitzende Elke Hannack, dass fast drei Millionen Menschen in Deutschland nur einen befristeten Arbeitsvertrag hätten.

Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen suchte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) den Schulterschluss mit den Arbeitnehmer-Vertretern. "Zusammen mit den Gewerkschaften haben wir den Arbeitsmarkt ein Stück fairer gemacht", sagte sie bei der Maikundgebung in Köln. Gemeinsam haben man den gesetzlichen Mindestlohn erstritten und so auch die Tarifparteien gestärkt. "Wir gehen gegen den Missbrauch bei Leiharbeit, Werkverträgen und Minijobs vor", sagte Kraft.

IG Metall-Bundesvorstand Wolfgang Lemb kritisierte auf einer Kundgebung im thüringischen Gera, dass Rechtsextreme den 1. Mai immer häufiger für ihre Botschaften missbrauchten. Wie ihre "braunen Vorbilder" von einst würden sie heute wieder die Inhalte und Begriffe der Arbeiterbewegung stehlen, sagte Lemb vor mehreren Hundert Zuhörern. "Das lassen wir nicht zu." Lemb sprach auf der zentralen Thüringer DGB-Kundgebung in der Innenstadt, während sich in Hörweite Anhänger der rechtsextremen Partei III. Weg zu einem Demonstrationszug versammelten.

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