Simbabwe

Alte Garde oder Neuanfang?

Simbabwe wählt erstmals nach der jahrzehntelangen Mugabe-Herrschaft einen neuen Präsidenten

29.07.2018 UPDATE: 30.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden
Die Anhänger von Präsident Emmerson Mnangagwa sind bei der Wahl in Simbabwe guter Dinge. Doch der Oppositionelle Nelson Chamisa könnte für eine Überraschung sorgen. Foto: AFP

Von Jürgen Bätz

Harare. Zum ersten Mal seit fast 40 Jahren wird in Simbabwe der Name Robert Mugabe nicht mehr auf dem Wahlzettel stehen. Der frühere Präsident wirtschaftete das Land von der Kornkammer des südlichen Afrikas zum Armenhaus herunter. Jetzt steht Simbabwe vor einem Neuanfang. "Die Wahl ist für Simbabwe die wichtigste seit der Unabhängigkeit" im Jahr 1980, sagte der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan jüngst in Harare.

Knapp sechs Millionen Wahlberechtigte können sich am Montag zwischen 23 Kandidaten entscheiden. Chancen werden aber nur zwei Bewerbern eingeräumt. Präsident Emmerson Mnangagwa von der Regierungspartei Zanu-PF gilt als Favorit, doch Nelson Chamisa von der größten Oppositionspartei MDC liegt in Umfragen nur knapp hinter ihm. Sollte keiner eine Mehrheit erzielen, würde am 8. September eine Stichwahl stattfinden.

Es ist eine Richtungsentscheidung: Mnangagwa (75) war lange Minister und später Mugabes rechte Hand, er ist ein Vertreter der alten Garde. Sein Wahlsieg würde die Herrschaft der Regierungspartei in ein viertes Jahrzehnt verlängern. Der 40-jährige Chamisa hingegen, ein gelernter Jurist und eloquenter Pastor, steht für einen Neuanfang.

Wären die Wahlen komplett frei und fair, hätte Chamisa gute Chancen. Der Wahlkampf verlief zwar ohne große Einschüchterungskampagnen gegen Oppositionelle, wie es unter Mugabe zur Norm geworden war. Doch Mnangagwa und Zanu-PF haben die Ressourcen geschickt für ihre Kampagne genutzt. In staatlichen Medien, vor allem auf dem Land oft die einzige Nachrichtenquelle, kam Chamisa kaum vor. Die kleinen Oppositionsplakate kamen gegen Mnangagwas riesige Werbetafeln kaum an.

Obwohl Chamisa auch die Wahlkommission für parteiisch hält, hat sich die Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) gegen einen Wahlboykott entschieden. "Es ist Zeit für einen Wechsel. Wir werden diese Wahl gewinnen", sagt Chamisa. Erstmals seit vielen Jahren werden auch wieder Wahlbeobachter aus den USA und der EU zugegen sein.

Wer auch immer die Wahl gewinnt, steht vor enormen Herausforderungen. Mugabes Enteignung weißer Landeigentümer hat die Wirtschaft in eine tiefe Krise gestürzt. Vor allem die Produktion von Tabak und Mais brach zusammen. Es folgten Rezession und Hyperinflation. Das Gesundheitssystem brach zusammen, mehr als 3000 Menschen starben binnen weniger Monate an Cholera.

Simbabwes Wirtschaftsleistung ist laut Weltbank heute mit rund 900 US-Dollar pro Kopf niedriger als 1980. Wegen der Inflation wurde 2009 der US-Dollar als Währung eingeführt. Doch es gibt nur so viel Dollar im Umlauf, wie das Land durch Exporte einnimmt. Die bringen aber zu wenig ein, Bargeld ist Mangelware. Es herrscht Rekordarbeitslosigkeit.

Mugabe, 94, wollte eigentlich erneut kandidieren. Zudem baute er seine unbeliebte Ehefrau Grace (53) als Nachfolgerin auf. Im November entließ er Vizepräsident Mnangagwa, weil er in ihm einen Rivalen sah. Das war für die Streitkräfte zu viel des Guten: Das Militär putschte. Bis dahin treu zu Mugabe stehende Abgeordneten liefen zu Mnangagwa über. Das Militär gab die Macht ab - Putschistenführer Constantino Chiwenga ist jedoch seither Vizepräsident.

Mnangagwa, der wegen seiner Skrupellosigkeit oft "das Krokodil" genannt wird, ist ein Mann der Sicherheitskräfte. In den 1980er Jahren war er als Geheimdienstminister einer der Architekten der Massaker in der Region Matabeleland. Nun gibt er sich als geläuterter Demokrat. Seit November hat er gezeigt, dass er den Menschen mehr Freiheit lassen und das Land reformieren will.

Am Sonntag meldete sich Mugabe auf einer hastig einberufenen Pressekonferenz überraschend zu Wort. Er könne nicht jene unterstützen, die illegal an die Macht gekommen seien und nun ihn und seine Familie schikanierten, sagte er über Mnangagwa. Er deutete sogar an, dass er für Chamisa stimmen könnte. "Seine Wahlkampfveranstaltungen sind gut besucht", sagte er. "Falls er gewinnt, würde ich ihn gerne treffen."