Nach Barcelona-Anschlag

Spanische Polizei vereitelt Terror-Attacke in Badeort (Update)

Ein Lieferwagen raste in Barcelona in eine Menschenmenge, viele sterben. Wenig später erschoss die Polizei fünf mutmaßliche Terroristen 100 Kilometer weiter südlich und verhinderte hier vermutlich Schlimmeres.

18.08.2017 UPDATE: 18.08.2017 08:16 Uhr 2 Minuten, 58 Sekunden
Ausnahmezustand
Ein Polizist sperrt in Barcelona eine Straße ab. Ein Lieferwagen ist auf dem Las Ramblas-Boulevard in eine Menschenmenge gerast. Die Terrormiliz IS reklamierte den Anschlag für sich. Foto: Manu Fernandez

Barcelona. (dpa) Das Urlaubsland Spanien steht unter Terror-Schock: Nur wenige Stunden nach einem islamistischen Anschlag mit 13 Toten in Barcelona hat die Polizei im Badeort Cambrils eine weitere Terrorattacke verhindert. In der rund 100 Kilometer südwestlich der katalanischen Metropole gelegenen Touristenhochburg erschossen die Einsatzkräfte in der Nacht zu Freitag fünf mutmaßliche Terroristen. Sie sollen in dem Badeort an der Costa Dorada (Goldküste) kurz davor gestanden haben, einen weiteren Terroranschlag zu verüben.

Zunächst hatte es geheißen, die fünf Männer hätten Sprengstoffgürtel getragen. Diese erwiesen sich später jedoch als Attrappen, teilte die katalanische Polizei mit. Die Sicherheitskräfte nahmen drei mutmaßliche Terroristen fest und fahndeten laut einem Zeitungsbericht noch nach einem neuen Hauptverdächtigen.

Ein Lieferwagen war am Donnerstag auf der Flaniermeile Las Ramblas in Barcelona in Gruppen von Passanten gerast. Neben den 13 Todesopfern wurden dabei auch mehr als 100 Menschen verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag laut ihrem Sprachrohr Amak für sich.

Bei dem neuen Hauptverdächtigen handele es sich um den 17-jährigen Moussa Oukabir, dem jüngeren Bruder des bereits am Donnerstag inhaftierten Driss Oukabir, berichtete die Zeitung "El Mundo" unter Berufung auf die Sicherheitskräfte. Der Verdächtige soll nach der Todesfahrt zu Fuß geflüchtet sein. Der Minderjährige Moussa hat dem Bericht zufolge seinem Bruder seinen Pass gestohlen und unter dessen Namen den Transporter angemietet. Dies habe auch Driss Oukabir gegenüber der Polizei bestätigt.

Nach dem Anschlag in Barcelona prüfte die Bundesregierung, ob auch Deutsche unter den Opfern sind. Das ZDF hatte unter Berufung auf Sicherheitskreise von drei deutschen Todesopfern berichtet. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte diese Information zunächst nicht. Die katalanischen Behörden teilten lediglich mit, dass Deutsche ebenso wie Menschen aus über 20 anderen Nationen zu Schaden gekommen seien. Ob sie starben oder verletzt wurden, blieb offen. Am Tag nach dem Anschlag wurden nach Angaben der Rettungskräfte noch mehr als 100 Verletzte in Krankenhäusern behandelt.

Bei der Terrorattacke in Cambrils wurden sieben Menschen verletzt, zwei davon schwer, wie der katalanische Zivilschutz auf Twitter schrieb. Unter den Verletzten war auch ein Polizist. Nach spanischen Medienangaben waren die mutmaßlichen Terroristen in einem Wagen von der Polizei kontrolliert worden. Die Verdächtigen seien davongerast und hätten auf der Flucht noch Passanten angefahren, hieß es. Dabei sei ihr Fahrzeug umgekippt. Die Insassen versuchten zu fliehen und wurden von der Polizei niedergeschossen.

Nach Angaben der Sicherheitskräfte bestand wahrscheinlich ein Zusammenhang zwischen den Taten in Barcelona und Cambrils. Die Vorfälle dürften nach Ansicht der Ermittler auch mit einer Explosion in der Ortschaft Alcanar zu tun haben, wo am Mittwoch bei einer Detonation in einem Wohnhaus ein Mensch umkam. Dort sollen nach Informationen der Zeitung "El Pais" etwa 20 Gasflaschen gelagert worden sein. In dem Wohnhaus in der Gemeinde mit knapp 10 000 Einwohnern sei möglicherweise der Anschlag in Barcelona vorbereitet worden. "Alles begann in Alcanar", titelte das angesehene Blatt.

Unter den Verdächtigen, die in Verbindung mit dem Angriff in Barcelona festgenommen wurden, sei ein Marokkaner und ein Bewohner der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla, sagte Polizeichef Josep Lluís Trapero. Ein bei einer Polizeikontrolle erschossener Verdächtiger habe nach bisherigen Erkenntnissen keine Verbindungen zu der Tat gehabt. Er hatte nach Medienberichten versucht, eine Polizeikontrolle zu durchbrechen.

Nach Einschätzung des katalanischen Innenministeriums könnte die Zahl der Todesopfer des Anschlags in Barcelona weiter steigen. Von den mehr als 100 Verletzten hätten einige sehr schwere Blessuren erlitten, sagte der Innenminister der katalanischen Regionalregierung, Joaquim Forn.

Nach Darstellung des IS-Sprachrohrs Amak waren mehrere Täter an dem Anschlag beteiligt. Sie seien "Soldaten des Islamischen Staates", meldete Amak unter Berufung auf nicht näher genannte Sicherheitsquellen. Sie hätten mit der Operation auf Aufrufe reagiert, die Staaten der "internationalen Koalition" anzugreifen. Die Echtheit der Nachricht ließ sich zunächst nicht verifizieren. Sie wurde aber über die üblichen Kanäle von Amak im Internet verbreitet.

Fotos aus Barcelona zeigten Leichen am Straßenrand. Augenzeugen berichteten, das Fahrzeug sei mit hohem Tempo auf die Promenade im Zentrum der Stadt gefahren. Ein Tourist sagte, das Fahrzeug sei Zickzack gefahren, "um ein Maximum an Fußgängern zu erwischen". Berichten zufolge liefen Menschen panisch über die Straßen.

Der weiße Lieferwagen sei ungebremst mit etwa 80 Stundenkilometern in die Menge gerast, berichteten Augenzeugen. Der Fahrer des Lieferwagens soll ein Mann von etwa 1,70 Meter Größe gewesen sein und ein weißes Hemd mit blauen Streifen getragen haben, wie die Zeitung "El Periódico de Catalunya" berichtete.

Seit vergangenem Sommer war es in Europa wiederholt zu Anschlägen mit Fahrzeugen gekommen. Im Juli 2016 raste ein Attentäter mit einem Lkw in Nizza in eine Menschenmenge. 86 Menschen starben. Beim Anschlag mit einem gekaperten Laster auf den Berliner Weihnachtsmarkt wurden im Dezember 2016 zwölf Menschen getötet. Im Frühjahr 2017 gab es zudem tödliche Attacken mit Fahrzeugen in London und Stockholm.