Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin. Jörg Radek (60) ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei.
Herr Radek, seit der Tötung des Schwarzen George Floyd in den USA durch Polizisten gibt es auch hierzulande Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus. Wie geht die Polizei damit um?
Man kann den Polizeiberuf, so wie er in Amerika ausgeübt wird, mit dem in Deutschland nicht vergleichen. Hierzulande findet eine anspruchsvolle Ausbildung statt, die zweieinhalb bis vier Jahre dauert. Die Kollegen lernen zu würdigen, was das Grundgesetz von ihnen abverlangt, und setzen das im Einsatz um. Der Polizeiberuf hierzulande ist deutlich anspruchsvoller als in den USA. Der Vergleich verstört die Kollegen in Deutschland.
Fühlen sich die Polizisten einem Generalverdacht ausgesetzt?
Es gibt unberechtigte Vorwürfe und Kritik. Die Vorurteile gegenüber der Polizei werden noch von politischen Kreisen verstärkt. Das empört die Kollegen. Sie werden pauschal verdächtigt, rassistisch, extremistisch und antisemitisch zu sein. Das sind unsere Polizistinnen und Polizisten nicht. Wir haben einzelne Fälle von Rassismus, denen wir nachgehen. Diese müssen auch mit der ganzen Härte des Dienstrechtes aufgearbeitet werden. Die Äußerungen von politischer Seite, dass wir ein Problem mit Polizeigewalt und latentem Rassismus in Deutschland hätten, helfen der Polizei nicht weiter.
Was macht das mit der Moral der Einsatzkräfte? Wie gehen sie damit um?
Die Kollegen sind selbstbewusst, weil sie gut ausgebildet wurden, wissen, was sie können, und weil sie auf dem Boden unseres Rechtsstaats arbeiten. Sie leisten einfach gute Arbeit. Die Öffentlichkeit weiß aber zu wenig darüber, wie die Polizei arbeitet. Es wird von Willkür und Polizeigewalt gesprochen. Große Teile der Gesellschaft stehen aber hinter der Polizei, und dieses Vertrauen gibt den Kollegen Sicherheit.
Es gibt Kritik am Anti-Diskriminierungsgesetz des Landes Berlin. Damit würde die Polizei unter Generalverdacht gestellt und die Beweislast umgekehrt. Der Bundesinnenminister und auch einige Länderkollegen wollen keine Einsatzkräfte mehr nach Berlin schicken. Wie bewerten Sie das Gesetz?
Ein Gesetz, das schon vor der Anwendung in der Deutung problematisch ist, zeigt, dass der Gesetzgeber unsauber gearbeitet hat. So ein Gesetz braucht es nicht. Wir haben bereits ein Allgemeines Gleichstellungsgesetz. Die Kollegen lernen bereits früh, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Einsatz der Mittel abzuwägen. Der Polizei wird mit diesem Gesetz jedoch ein pauschales Misstrauen entgegengebracht. Fakt ist: Es gibt nur wenige Beschwerden gegenüber dem Verhalten von Polizisten. Es gibt Einzelfälle, die aufgearbeitet und aus denen Lehren gezogen werden müssen. Wenn jemand in Deutschland mit einer polizeilichen Maßnahme – sei es mit der Maßnahme an sich oder mit der Durchführung der Maßnahme – nicht einverstanden ist, kann er die Gerichte anrufen. Die Berliner Kolleginnen und Kollegen fühlen sich da aber von dem eigenen Dienstherren im Stich gelassen. Gut, dass die Innenministerkonferenz zumindest bei länderübergreifenden Einsätzen offenbar einiges geklärt hat.
Es gibt heftige Kritik an einem Kommentar in der Tageszeitung "Die taz". Die Polizei wurde darin verunglimpft. Es hieß, sie gehöre auf den Müllhaufen. Wie reagieren Sie darauf?
Die Berliner GdP-Kollegen haben eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Und wir haben als Gewerkschaft der Polizei im Bund eine Beschwerde an den deutschen Presserat eingereicht. Es ist nicht nur eine widerliche Wortwahl, die verwendet worden ist. Sie ist menschenverachtend. Das entspricht nicht meinem Menschenbild. Kein Mensch ist Müll.