Von Roland Muschel
Stuttgart. Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) arbeitet nach Informationen dieser Zeitung an einem Rettungsschirm für die Südwest-Wirtschaft, der in einem ersten Schritt mit fünf Milliarden Euro bestückt sein soll. Das sind die Kernpunkte der Pläne der zuständigen Ministerin:
> Branchenoffener Härtefallfonds (Zuschüsse) für Selbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen bis 50 Beschäftigte zur Abdeckung eines dringenden und kurzfristigen Finanzbedarfs und zur Vermeidung einer existenzbedrohenden Situation. Dieser Fonds soll ein Gesamtvolumen von 3,5 Milliarden Euro aufweisen.
> Auflegung eines Beteiligungsfonds bei der Förderbank des Landes, der L-Bank, zur Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen, die von der Coronakrise betroffen sind.
Gesamtvolumen: 1,0 Milliarden Euro.
> Ausweitung des Bürgschaftsprogramms der L-Bank im Zuge der Coronakrise zur Absicherung des damit verbundenen erhöhten Risikos durch das Land. Gesamtvolumen: 0,5 Milliarden Euro.
> Krisenberatungsprogramm für Selbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen.
Gesamtvolumen: 2,0 Millionen Euro.
CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann hatte als erste einen fünf Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm ins Spiel gebracht. "Wir brauchen dieses Durchhalte-Paket für Baden-Württemberg in Höhe von mindestens fünf Milliarden Euro so schnell wie möglich, um eine sonst drohende Insolvenzwelle zu verhindern. In dieser Ausnahmesituation darf auch die Schuldenbremse kein Hindernis sein", sagte Eisenmann dieser Zeitung.
Viele Einzelunternehmer sowie kleine und mittelständische Unternehmen würden vor dem massiven Problem stehen, dass ihnen die Einnahmen durch die Corona-Krise senkrecht weggebrechen würden und sie schnell und unbürokratisch Geld benötigen, um die Miete und ihre Mitarbeiter bezahlen zu können, sagte Eisenmann. Das reiche von Tourismusunternehmen wie Hotels und Gastronomie bis hin zu Handwerkern und Einzelhändlern wie die kleine Boutique an der Ecke. In Ergänzung der Programme des Bundes wolle die CDU deshalb erreichen, dass die Landesregierung mit einem branchenoffenen Nothilfefonds die betroffenen Unternehmen in Baden-Württemberg unterstütze. "Daneben haben wir vorgeschlagen, über die L-BANK auch Mittel zur Stärkung des Eigenkapitals besonders betroffener Unternehmen bereitzustellen, ein Krisenberatungsprogramm für Selbstständige und kleine Unternehmen einzurichten und das Bürgschaftsprogramm der L-Bank auszuweiten", bestätigte Eisenmann die Pläne.
Die Auswirkungen der Coronakrise werden nach allgemeiner Einschätzung weite Kreise der Wirtschaft erfassen. Früh betroffen waren Branchen wie Reise und Touristik, Veranstaltungen, Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungen und Kultur. Im Vergleich zur Wirtschafts- und Finanzkrise gibt es diesmal eine besondere Betroffenheit von Selbstständigen, Kleinstunternehmern und kleinen Unternehmen, die über wenig Rücklagen verfügten. Für diese dürften Kreditprogramme über die Hausbank (Regelinstrument: Liquiditätskredit) oft zu langsam oder zu aufwändig sein. Daneben ist zu erwarten, dass zunehmend "klassische" kleine und mittlere Unternehmen wie auch größere Unternehmen in vielen Branchen betroffen sein werden. Aktuell haben mehrere Autohersteller angekündigt, die Produktion an den europäischen Standorten herunterzufahren. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf die Zulieferer im Land haben.
Deshalb laufen die Pläne des Wirtschaftsministeriums darauf hinaus, die vorhandenen Instrumente des Landes - Liquiditätskredit und Bürgschaften - sowie die aktuell hinzukommenden und für viele Kleinstunternehmen wichtigen steuerlichen Erleichterungen durch die Finanzämter so zu ergänzen, dass eine Insolvenzwelle vermieden werden kann. Dazu soll der Härtefallfonds für Kleinstunternehmer auf der einen Seite und eines neuen Beteiligungsfonds des Landes für kleine und mittlere Unternehmen auf der anderen Seite beitragen.
Update: Mittwoch, 18. März 2020, 16.43 Uhr
Von Roland Muschel
Stuttgart/Berlin. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die Wirtschaftsministerin des Landes, Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Einrichtung milliardenschwerer Nothilfefonds aufgefordert. "Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, in dieser Ausnahmesituation braucht es jetzt mutige und weitreichende Maßnahmen, um die Schäden für Wirtschaft und Bevölkerung so gering wie möglich zu halten", heißt es in einem am Montag von Kretschmann und Hoffmeister-Kraut verfassten Schreiben mit Blick auf die wirtschaftlichen Schäden infolge von Corona.
Die bislang in Aussicht gestellten Maßnahmen alleine würden nicht ausreichen. So würden Kurarbeitergeld oder Liquiditätshilfen gerade den am stärksten betroffenen Branchen wie Hottelerie, Gastronomie oder Medien- und Kulturwirtschaft nur sehr bedingt helfen. "Hier sind die Umsätze teilweise bereits auf Null eingebrochen, während die Kosten weiterlaufen", klagen Kretschmann und Hoffmeister-Kraut in dem Brief, der dieser Zeitung vorliegt. Helfen würde hier "die Einrichtung eines Nothilfefonds" für Selbstständige, Kleinunternehmer und Mittelständler auf Bundesebene. Über diesen könnten ansonsten solvente Unternehmen, die jetzt durch das Coronavirus massive Ausfälle erleiden, "schnell und unbürokratisch Zuschüsse zur Überbrückung finanzieller Engpässe erhalten".
Zugleich regen Kretschmann und Hoffmeister-Kraut an, auch einen Nothilfefonds für Eltern ins Auge zu fassen. "Nicht zuletzt sollten wir über mögliche Hilfen für Eltern nachdenken, die sich jetzt ohne dauerhafte Entgeltfortzahlung um ihre Kinder kümmern müssen. Auch sie könnten unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten, so dass sie etwa Immobilienkredite nicht mehr bedienen können", heißt es in dem Schreiben an die Kanzlerin. Merkel sichern Autoren zu, dass die Landesregierung alles tun werde, damit die verschiedenen Hilfsmaßnahmen des Bundes "auch wirklich schnell und unbürokratisch umgesetzt werden können. Denn wir haben keine Zeit zu verlieren."