"Bei Nichtgefallen Geld zurück"

Das rot-grüne Prostitutionsgesetz sollte eigentlich den Frauen helfen - Stattdessen macht es die Bordellbesitzer auf legale Weise reich

31.01.2012 UPDATE: 31.01.2012 07:51 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Von Christoph Driessen

Köln. In Köln steht ein Hochhaus, das komplett von Prostituierten bewohnt wird. Das hat sich die Stadt in den 70er Jahren selbst so ausgedacht, um das Rotlichtmilieu aus der Innenstadt zu verlagern. Mittlerweile ist das "Huren-Hochhaus" ziemlich heruntergekommen. Die Beleuchtung ist geisterbahnmäßig schummrig, und die riesigen Erotik-Gemälde im Treppenhaus erinnern an ein altes Bahnhofskino. Das Einzige, was einem hier Vertrauen einflößt, ist ausgerechnet das Gesicht von Bordell-Betreiber Armin Lobscheid (55). Es sieht ein bisschen aus wie Hemingway.

Seit zehn Jahren ist die Prostitution in Deutschland völlig legalisiert. Ein Werk der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Sie wollte vor allem erreichen, dass sich mehr Prostituierte bei den Sozialversicherungen anmelden. Doch wie das Bundesfamilienministerium bestätigt, wird diese Möglichkeit "kaum genutzt". Auch Lobscheid bestätigt: "Das ist komplett in die Hose gegangen. Die Frauen sind alle freiberuflich tätig. Die wollen keinen Arbeitsvertrag." Die Prostituierten-Organisation Hydra sagt, das liege daran, dass der Beruf nach wie vor nicht gesellschaftlich anerkannt sei. Es erfordert Selbstbewusstsein, sich in amtlichen Formularen als "Prostituierte" zu bezeichnen.

Lobscheid beginnt einen Rundgang, vorbei an "Domina-Studio" und "Tantra-Massagen". Manche Zimmer geben den Blick auf den Kölner Dom frei: "Schön, nicht?" Im "größten Laufhaus Europas" arbeiten stets 80 bis 100 Frauen. "Dazu kommen noch 15 bis 30 im Club und noch einmal 15 bis 30 Tänzerinnen." Jetzt ist gerade besonders gut zu tun, denn es ist Messezeit. Man sieht Anzugträger telefonierend auf und ab gehen.

Im zehnten Stock schließt Lobscheid die Tür zu seinem Büro auf. An den Wänden hängen Geweihe - er schießt Elche in Kamtschatka und Steinböcke in Sibirien -, und neben dem Schreibtisch liegt ein Jagdhund, dem man besser nicht zu nahe kommt. Nein, wiederholt er, für die Frauen habe sich nicht viel geändert, wohl aber für Betreiber wie ihn. Vorher durfte er zum Beispiel nicht werben, da wäre das Riesenposter draußen an der Fassade mit der "Geld-zurück-Garantie" nicht erlaubt gewesen, genauso wenig wie Restaurant, Bistro und Tabledance.

Die Bordellbetreiber sind die großen Gewinner des Prostitutionsgesetzes, weil ihr Geschäft nicht mehr illegal ist und das Gewerbe deshalb insgesamt gewachsen. Lobscheid findet, dass er umgekehrt auch viele Pflichten hat. Er holt einen Aktenordner hervor, setzt seine Lesebrille auf und zeigt die vielen Formulare, die er ausfüllen muss. Die Polizei wird von ihm stets mit einer aktuellen "Belegungsliste" der bei ihm arbeitenden Frauen versorgt.

Die meisten Orte, an denen Prostitution stattfindet, sind allerdings keine Groß- oder "Wellness-Bordelle". Es ist der kleine Escort-Service, die Privatwohnung, der Straßenstrich. Und da im Prinzip alles erlaubt ist, können die Zuhälter dort machen, was sie wollen. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich sogenannte Flatrate-Clubs: Für teilweise nicht mehr als 20 Euro können Männer mit beliebig vielen Frauen schlafen.

Für die Polizei ist es schwierig, im Milieu zu ermitteln. Menschenhändler zu belangen ist nur möglich, wenn belastende Aussagen der Opfer vorliegen; doch viele Frauen sind Analphabetinnen aus Osteuropa, die gar nicht wissen, wo sie arbeiten und die Polizei für korrupt halten.

Die Innenminister der Länder haben vor gut einem Jahr eine strengere Regulierung der Prostitution gefordert. Unter anderem wollen sie, dass genau definiert wird, welche Anforderungen eine legale Prostitutionsstätte erfüllen muss. Das Bundesfamilienministerium prüft Verordnungen. Eine Änderung des Gesetzes selbst ist nicht geplant.

Es ist Nachmittag geworden, und das Kölner "Huren-Hochhaus" füllt sich mit Gästen. Lobscheid steht auf, sein Jagdhund hebt den Kopf. Am Ausgang sagt er: "Wenn noch etwas unklar geblieben ist, lieber noch mal anrufen".