GESCHMACKSSACHE

Jackfruit

Unreifes Früchtchen

09.08.2018 UPDATE: 11.08.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden
Der Jackfruchtbaum ist eine Pflanzenart in der Familie der Maulbeergewächse. Foto: alex

Von Alexander Wenisch

Tofu-Würstchen haben wir durch. Geht so. Seitan als Alternative zum Sonntagsbraten konnte nicht ganz überzeugen. Jetzt wird die Jackfruit als der neue, "absolut perfekte" Fleischersatz gepriesen. Doch die Werbefloskeln stimmen nicht ganz.

Urlauber kennen die Jackfruit vermutlich aus Thailand oder Sri Lanka. Dort wächst die melonengroße Frucht in Massen. Reif schmeckt sie leicht süß - wie eine Mischung aus Ananas, Vanille und Banane. In der asiatischen Küche wird das reife Fruchtfleisch der Jackfruit in Desserts verarbeitet, die unreife Frucht - sie schmeckt leicht bitter, etwa wie Oliven - landet als Gemüse auf dem Teller.

Oder sie wird eben in Würfel zerkleinert, für die gesundheitsbewussten Kunden im Westen in den Flieger gepackt und hier im Bioladen angeboten. 200 Gramm für vier Euro kommt preislich zumindest schon mal nahe an echt gutes Fleisch ran.

Mit dabei ist oft eine Gewürzmischung. Paprika, Zwiebeln, Sellerie, Tomate, Salz und Pfeffer. Die Würfel damit scharf angebraten hat vor allem einen Effekt: Es schmeckt würzig. Ob da nun ein Stück Hähnchenfleisch darunter versteckt ist oder Jackfruit ... ist kaum mehr auszumachen. Auch als Gulasch könnte man sich die Würfel gut vorstellen. Das gebratene Fruchtfleisch ist leicht fasrig, erinnert am Gaumen an Pulled Pork. Insofern ist der unreife Asiate eine fast perfekte Illusion.

Aber der Geschmack ist beim Thema Fleischersatz nur ein Kriterium. Wichtig finde ich, ist auch die Frage der Nährstoffe. Wer Fleisch isst, nimmt damit Eisen auf, wertvolles Eiweiß und Vitamin B 12. Und genau diese Nährstoffe fehlen in der Jackfruit komplett. Dann doch lieber der Griff zu Soja und Tofu - des pflanzlichen Eiweißes wegen. Anbieter von Jackfruit werben gerne mit Aussagen wie "nährstoffreich", "mineralstoffreich", "reich an Ballaststoffen", "hoher Kaliumgehalt", "viel Kalzium und Magnesium" und anderen Vorzügen für ihr Naturprodukt. Grundsätzlich sind diese Aussagen nicht aus der Luft gegriffen, jedoch lohnt ein Vergleich mit heimischen Lebensmitteln: Die Kartoffel hat ganz ähnliche Werte; beim Ballaststoff ist der Erdapfel sogar Sieger.

Und auch wer sich aus ökologischen Gründen fleischlos ernährt, dürfte an der Jackfruit keinen Gefallen finden. Die Frucht wächst ausschließlich in den Tropen und wird meist aus Südost-Asien oder Indien zu uns transportiert. Nachhaltig ist das ebenso wenig wie die Anbaubedingungen. Ähnlich wie bei anderen Trend-Lebensmitteln wie Avocado oder Chia-Samen wird auch die Jackfruit verstärkt auf großen Plantagen in Monokultur angebaut. Je stärker die Nachfrage im Westen wächst, umso massiver wird auch dieser unökologische Anbau vorangetrieben werden. Auch dass die Fruchtstücke aufwendig weichgekocht werden müssen (denn unreif-roh ist die Frucht ungenießbar), schmälert die Bilanz. Insgesamt bleiben, mit der Öko-Brille betrachtet, nur wenige Vorteile gegenüber regionalem Fleisch übrig. Das neue "Superfood" ist die Jackfruit daher sicher nicht.