Zeigt her eure Knöchel

Ein Modetrend, der Leidensfähigkeit fordert

18.01.2017 UPDATE: 21.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Sneaker und nackte Knöchel: Blogger wie Ruth Garthe von www.cosmofashiontan.com geben den Trend vor. Foto: zg

Von Julie Dutkowski

Frauen überall auf der Welt haben aufgeatmet, als Sneaker plötzlich wieder im Trend waren. Die hohen Hacken flogen im hohen Bogen in den Schrank und seither lassen sich flache Schuhe in allen Formen und Farben auf den Straßen bewundern. Mittlerweile zählt der Schuh sogar als wichtigstes Teil des Outfits. Und dieser Trend reißt nicht ab. Im Gegenteil - er wird derzeit geradezu verfeinert.

Flanking heißt das Phänomen, bei dem es sich weder um einen Trick beim Fußball noch um einen Internethype handelt (das war Planking). Bei dem Mixwort aus "flashing" (Aufblitzen) und "ankle" (Fußfessel) geht es darum, den nackten Knöchel zu zeigen. Zweck des Flankings ist, den Blick auf den Schuh zu lenken.

Gerade in den jetzt beginnenden Modewochen - nach Berlin folgen im Februar direkt hintereinander New York, London, Mailand und Paris - tummeln sich auf den Straßen Moderedakteurinnen, Bloggerinnen, Ex-Models und Schauspielerinnen. Hier werden neue Trends gesetzt oder bestehende ausgeführt. In Berlin steckten die nackten Füßchen sogar in hohen Riemchensandalen. Je prominenter, desto nackter an den Füßen - und das bei Eiseskälte.

"Der Knöchel ist das neue Dekolleté!", titelte jüngst ein Frauenmagazin. Dabei frönen nicht nur Frauen dem Knöchel-Exhibitionismus, auch Männer zeigen mittlerweile mit hochgeschlagener Hose und zum Sneaker gerne ihre blanken Fesseln.

Den Trend der entblößten Knöchel, die im Frühjahr und Sommer noch hübsch gebräunt unter Jeans hervorlugten, konnte selbst der Winter nicht einfrieren. Wo man hinschaut, sieht man käsige Beinchen, die bei manch einer jungen Frau gar ins Rote changieren. Man möchte ihnen Socken schenken, bekäme man nicht alleine vom Hinschauen schon eine Blasenentzündung.

"Warum dieses freiwillige Frieren?", fragt sich der Betrachter unwillkürlich. Und weiß die Antwort doch längst. Denn gilt in der Mode nicht immer noch der Spruch "Wer schön sein will, muss leiden"?

Dass sich Frauen für aktuelle Modeerscheinungen quälen, gibt es quasi schon immer. So zwängten sie sich ab dem 17. Jahrhundert in Korsetts. Bis zum Biedermeier um 1850 trieben sie das damals so extrem, dass sich durch die enge Schnürung ihre Brustkästen deformierten und Organe verschoben. Selbst Kinder trugen Korsetts.

Aufatmen, im wörtlichen Sinne, konnten Frauen im 19. Jahrhundert. Mit den Empirekleidern kam die modische Befreiung. Plötzlich waren Chemiesenkleider en vogue - Kleidchen aus hauchdünnen Stoffen, die unterhalb des Busens weit flatterten. Dadurch wurden die natürlichen Proportionen sichtbar. Doch auch dieser Trend hatte einen Haken, wenn nicht gleich mehrere.

Das dünne Empirekleid wurde nicht zu unrecht auch als Nacktmode bezeichnet. Die trendbewusste Dame spazierte zu jener Zeit zudem barfuß oder mit leichten Ballerinas umher. Die Folge: Lungenentzündungen waren an der Tagesordnung.

So weit geht es heutzutage natürlich nicht. Doch für die Mode quälen sich Frauen - und auch Männer - heute immer noch. Korsetts sind gerade mal wieder voll im Trend, High Heels haben mittlerweile Absatzhöhen von bis zu 14 Zentimetern erreicht und die Jeans sind so eng, dass sie Quetschungen verursachen.

Einfallsreichtum und riesige Handtaschen haben das Leben der Trendsetter aber erleichtert. Gerade während der Modewochen, wo zwischen den vielen Terminen an einem Tag schnell mal mehrere Kilometer zu Fuß zurückgelegt werden, sind Ersatzschuhe ein ständiger Begleiter.

Und dann gibt es da noch die berühmt berüchtigten Lammfellstiefel - auch ein Trend aus dem Winter, der sich hartnäckig hält, aber nur bei ganz wenigen Frauen vorteilhaft aussieht. Dafür sind die allerdings kuschelig warm.

Der aktuelle Trend zum Frieren geht übrigens über das Knöchelzeigen hinaus. Dicke Wollschals hängen lässig vor der Brust, Mäntel werden offen getragen, damit das Outfit besser zur Geltung kommt und die Mütze bleibt daheim, weil sie die Frisur zerstört.

Das Gute am Flanking: Es steht einfach jedem. Immerhin wird der Blick auf den Knöchel gelenkt - bei vielen die vielleicht dünnste Körperstelle.