Hausärzte finden keine Nachfolger

Bad Rappenau. Ärzteschaft der Kurstadt schlägt Alarm: Bald "Ostdeutsche Verhältnisse" - Junge Mediziner wollen nicht aufs Land

24.11.2011 UPDATE: 24.11.2011 09:10 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Von Michael Endres

Bad Rappenau. Die niedergelassenen Hausärzte der Kurstadt schlagen Alarm: Junge Mediziner haben keine Lust aufs Land - selbst den gut gehenden Praxen droht das Aus. Was sich wie ein Szenario aus Städten im Osten in den neuen Bundesländern anhört, mischt ganz konkret das über Jahrzehnte gut funktionierende Hausarztsystem in Bad Rappenau auf.

Zum 16. Dezember schließt nach 34 Jahren Dr. med. Eberhard Druschky seine Praxis, aus Altersgründen, wie er zu verstehen gibt. Denn der 68-Jährige sehnt sich jetzt am Ende seines erfüllten Arbeitslebens nach etwas mehr Ruhe, "außerdem bin ich am Ende mit meiner Leistungsfähigkeit".

Doch so recht will sich der Mediziner mit Leib und Seele noch nicht mit dem Ruhestand abfinden. Ihn treibt die ungewisse Zukunft der ärztlichen Versorgung der Kurstädter um. Seit drei Jahren ist er auf der Suche nach einem Nachfolger, der seine gut gehende Praxis mit weit über 2000 Patienten übernehmen will. "Ich würde die sogar verschenken, wenn sich jemand finden würde", sagt er. Doch alle Bemühungen und Geld für Anzeigen waren "für die Katz'", sagt er.

Nur sieben meist gescheiterte Existenzen aus dem ärztlichen Berufsstand hätten in den drei Jahren bei ihm angeklopft, doch keiner hatte wirklich Interesse an der Hausarztpraxis. Diese ungelöste Frage der Nachfolge bringt den umtriebigen Mediziner ebenso wie seine anderen elf Kollegen in Rage, zumal vom Ärztemangel vor Ort kaum jemand Notiz nehme, geschweige denn, dass die Politik etwas unternehme.

Die Hausärzte fühlen sich von der großen Politik im Stich gelassen, "die interessiert es nicht, dass wir in Bad Rappenau in einigen Jahren womöglich ohne ärztliche Versorgung dastehen", meint Dr. Druschky. Auf offene Ohren mit seinem Anliegen ist er bei der Stadt gestoßen, "wir können aber nicht konkret helfen", wie Oberbürgermeister Blättgen bei einem Pressegespräch zusammen mit den Allgemeinmedizinern gestern konstatierte.

"Öffentlichkeit herstellen und Druck machen", wünscht sich die Bad Rappenauer Ärzteschaft, sonst drohen schon in wenigen Jahren "Ostdeutsche Verhältnisse", wie sie sagen. Von den zwölf Hausärzten in der Kurstadt sind schon neun über 50 Jahre alt, "das Problem wird demnächst auch in anderen Städten unter den Nägeln brennen", pflichtet Dr. Jochen Späth bei.

Resigniert, einen Nachfolger für seine Praxis zu finden, hat längst Dr. Armin Bürk aus Heinsheim. Einen jungen Mediziner hatte er zwar gewonnen, doch der hat nach kurzer Zeit wieder das Handtuch geworfen. "Jetzt mach ich halt weiter und hoffe auf ein Wunder."

Dass bei der medizinischen Versorgung in den ländlichen Regionen nur noch ein "Wunder" helfen kann, ist Dr. Druschky überzeugt. "Entweder die Politik und die Kassenärztlichen Vereinigungen schaffen für junge Mediziner bessere - auch finanzielle Anreize - oder es gibt für Kassenpatienten keine ausreichende Versorgung mehr. Ebenfalls wehrt sich OB Blättgen vehement gegen einen Patienten-Tourismus: "Es kann nicht Ziel sein, unsere Einwohner beispielsweise zu den Ärzten nach Heilbronn zu schicken."

Die weitere Krux: Mit jeder altersbedingten Praxisschließung bekommen die verbleibenden Hausärzte mehr Patienten und mehr Arbeit, "aber nicht mehr Geld", sagt Dr. Christian Matulla. Das sind die Konsequenzen aus der Deckelung und Budgetierung, "wir werden für jede Überschreitung des Budgets sogar bestraft", betont Dr. Birgit Heidrich.

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