"Geht nicht allein darum, Merkel abzulösen"

Gysi fordert Steuergerechtigkeit

15.06.2013 UPDATE: 15.06.2013 08:30 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
Gregor Gysi hält nichts von Tolerierungsmodellen auf Bundesebene. Foto: dpa
Von Rasmus Buchsteiner, RNZ Berlin

Berlin. Auf ihrem Dresdner Parteitag will die Linke Geschlossenheit demonstrieren. Gregor Gysi, Vorsitzender der Bundestagsfraktion, glaubt, dass das gelingt.

Bei der Bundestagswahl wird die Linke schwächer abschneiden als 2009. Vor einem Jahr haben Sie noch von Hass in der Bundestagsfraktion gesprochen. Warum tun Sie sich das alles noch an?

Wir haben ein reinigendes Gewitter hinter uns. Die Parteiflügel wissen, dass sie aufeinander angewiesen sind, und haben ihren Kampf weitgehend eingestellt. Jetzt müssen sie nur noch begreifen, dass auch keiner gewinnen muss. Wir machen deutlich bessere Politik als vor einem Jahr und die Stimmung in der Fraktion ist auch viel besser. Ich kämpfe mit Leidenschaft und wünsche mir immer noch ein zweistelliges Ergebnis bei der Bundestagswahl. Aber wenn es am Ende neun Prozent werden, freue ich mich auch.

Haben Sie sich nach Ihrem Zerwürfnis mit Oskar Lafontaine versöhnt?

Wir gehen wieder gut miteinander um. Gelegentlich haben wir unterschiedliche Auffassungen. Ich hoffe, dass er auch im Bundestagswahlkampf als Zugpferd aktiv sein wird. Wir brauchen ihn.

Wäre es nicht an der Zeit, mit SPD und Grünen daran zu arbeiten, Frau Merkel und Schwarz-Gelb abzulösen?

Es geht nicht allein darum, Frau Merkel abzulösen. Wir brauchen eine andere Politik. Die gesellschaftlichen Mehrheiten gegen Kampfeinsätze der Bundeswehr, gegen die Rente erst ab 67, gegen Leiharbeit und andere prekäre Beschäftigung sind längst da. Daraus müssen politische Mehrheiten im Bundestag werden. Das geht nur mit einer starken Linken. In Koalitionen muss die politische Arithmetik stimmen. Es sind ausreichende inhaltliche Übereinstimmungen erforderlich. Eine Koalition muss auch von einer breiten Unterstützung in der Bevölkerung getragen werden. Wir können schwer einschätzen, wie die Lage im September sein wird. Die SPD und die Grünen haben Schwierigkeiten mit den genannten gesellschaftlichen Mehrheiten. Irgendwann aber wird es die Koalition geben - wenn nicht 2013, dann eben vier Jahre später. Für mich gilt: Ganz oder gar nicht. Von Tolerierungsmodellen auf Bundesebene kann ich nur abraten.

Schließen Sie aus, dass Linke Steinbrück zum Kanzler wählen?

Personen sind nicht entscheidend. Wir müssen uns inhaltlich finden. Bei den notwendigen Maßnahmen für Steuergerechtigkeit und eine Reform der Hartz-Gesetze sehe ich durchaus Möglichkeiten einer Zusammenarbeit. Schwierig wird es nur bei den Kampfeinsätzen der Bundeswehr, die wir wie zwei Drittel der Gesellschaft strikt ablehnen.

Ist das Wahlprogramm der Linken nicht ein Oppositions-Programm ohne jede Aussicht auf Umsetzung?

Wer in eine Regierung geht, muss immer Kompromisse machen. Unsere Vorschläge sind umsetzbar. Wer mehr soziale Gerechtigkeit erreichen will, muss für Steuergerechtigkeit sorgen. Dazu gehören nicht nur Steuererhöhungen, sondern auch Steuersenkungen. Wir wollen die kleinen und mittleren Einkommen bis 6000 Euro monatlich entlasten und dafür den Spitzensteuersatz erhöhen. Wir wollen die Mehrwertsteuer fürs Handwerk, für alle Kinderprodukte und für rezeptpflichtige Arzneien senken. Auch über eine Luxussteuer sollten wir nachdenken...

Wie sollte die aussehen?

Darüber werden wir beim Parteitag noch sprechen. Ich bin für eine erhöhte Mehrwertsteuer auf extrem teure Produkte. Was stört den Millionär, wenn er einen Porsche kauft und darauf dreißig Prozent Mehrwertsteuer zahlt? Darüber hinaus brauchen wir eine angemessene Körperschafts- und Vermögensteuer. Wir brauchen auch eine Vermögensabgabe. Während der Krise hat der Reichtum in Deutschland zugenommen und gleichzeitig ist die Armut gewachsen.