Ton in der GroKo wird rauer

CDU empört über SPD: Kanzlerwechsel kein Thema

Der Ton in der Koalition wird rauer. SPD-Politiker schließen es aus, bei einem Rückzug von Angela Merkel die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ins Kanzleramt zu wählen. Unionsgranden finden die Debatte unverantwortlich. Und auch in der Europapolitik knirscht es.

10.03.2019 UPDATE: 10.03.2019 08:48 Uhr 1 Minute, 35 Sekunden
AKK und Merkel
Die SPD stellt klar: Sie will Kramp-Karrenbauer nicht die Vorfahrt ins Kanzleramt lassen. Foto: Kay Nietfeld

Berlin (dpa) - Spekulationen über einen vorzeitigen Wechsel im Kanzleramt haben einen heftigen Streit in der großen Koalition ausgelöst. Mehrere Ministerpräsidenten der CDU warfen der SPD vor, eine sinnlose Debatte zu befeuern.

Die Frage nach einem vorzeitigen Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stelle sich nicht. Das Verhalten führender Sozialdemokraten sei "unverständlich, unverantwortlich und koalitionsschädigend", sagte der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) der Funke-Mediengruppe.

Die Diskussion war von der Werte-Union ausgelöst worden, einer besonders konservativen Gruppe von Unionspolitikern. Ihr Vorsitzender Alexander Mitsch hatte am Freitag einen baldigen Wechsel im Kanzleramt ins Gespräch gebracht. Mehrere SPD-Politiker drohten daraufhin mit dem Ende der Koalition, falls die Union versuchen sollte, Merkel vor dem Ende der Wahlperiode durch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zu ersetzen.

Hans kritisierte, man habe mehr und mehr den Eindruck, dass sich die SPD als Regierungspartner auf die Zeit der Opposition vorbereite. "Anders ist die vom Zaun gebrochene Diskussion und der angedrohte Amoklauf einiger Sozialdemokraten im Bund nicht zu verstehen." Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte der Funke-Mediengruppe: "Ich kenne in Union und SPD niemanden, der über so ein Szenario ernsthaft nachdenkt." Auch Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sprach von einer "überflüssigen Diskussion".

Differenzen zwischen Union und SPD zeigen sich auch in der Europapolitik. So reagierten führende SPD-Politiker am Sonntag enttäuscht auf das Konzept, das Kramp-Karrenbauer den jüngsten Reformvorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Europäische Union entgegensetzen will. "Wir wünschen uns etwas mehr Mut bei dieser Debatte", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD).

Kramp-Karrenbauer veröffentlichte ihre Ideensammlung in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag" unter dem Titel "Europa richtig machen". Macrons Vorstoß für einen EU-weiten Mindestlohn erteilt sie darin eine klare Absage. Auf seinen Vorschlag, europäische Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen zu bevorzugen, geht sie nicht ein. Stattdessen will sie Steuerschlupflöcher in Europa schließen und betont: "Dem Ziel eines handlungsfähigen Europas wird kein europäischer Superstaat gerecht."

SPD-Chefin Andrea Nahles betonte dagegen im ZDF: "Die europapolitischen Vorschläge von Macron sind aus unserer Sicht begrüßenswert." SPD-Fraktionsvize Achim Post erklärte: "Frau Kramp-Karrenbauers Antwort auf Präsident Macron ist in vielen Punkten schlicht und einfach eine Absage." Die CDU-Vorsitzende lasse jeden sozialen Gestaltungsanspruch für Europa vermissen.

Macron hatte vor wenigen Tagen in einem leidenschaftlichen Appell tiefgreifende Reformen für die EU gefordert. Er schlug eine europäische Asylbehörde sowie eine "europäische Klimabank", die den ökologischen Wandel finanzieren solle, vor. Der französische Präsident hatte auch mit der Notwendigkeit argumentiert, Nationalisten vor der Europawahl etwas entgegenzusetzen.