Stadt will einen "Privatgutachter" einsetzen

Im Naturbad-Prozess stößt die Verwaltung an ihre Grenzen

23.03.2018 UPDATE: 23.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden

Im Naturbad-Prozess stößt die Verwaltung an ihre Grenzen

Im Schadensersatzprozess um Planungs- und Baufehler beim Naturbad (siehe Artikel rechts) braucht die Stadt einen langen Atem. "Wir müssen das Verfahren bis zum Schluss durchziehen", sagte Andreas Weglage, der Rechtsanwalt der Stadt, in der zurückliegenden Sitzung des Gemeinderates. Die Gegenseite spiele auf Zeit und versuche mit "umfangreichen Schriftsätzen" den vom Gericht beauftragten Gutachter zu widerlegen. Nun habe er wieder sieben Seiten bekommen, was zeige, dass dieser Versuch noch lange nicht beendet sei. Da die Gegenseite eigene Gutachter einsetze, müsse man sich überlegen, ob man zum Widerlegen auch einen "Privatgutachter" beauftrage.

Bisher habe man dank des großen Einsatzes der städtischen Angestellten "gute Ergebnisse" im Verfahren erzielt. Es sei bisher stets gelungen, das Gericht zu überzeugen. Da es aber um technische Fragen und sehr komplexe Vorgänge in den drei Filterstufen des Naturbades gehe, stoße man an "Kapazitäts- und Kompetenzgrenzen". "Der juristische Erfolg liegt in der technischen Seite", erklärte Weglage. Er wisse, dass Kommunen kein Geld haben, so Weglage. Ein Gutachter koste zwischen 100 und 200 Euro die Stunde, müsse aber "nicht ewig" eingesetzt werden. "Er wäre auch ein guter Begleiter für den nächsten Gerichtstermin und könnte den Sachverständigen des Gerichts stützen", so der Anwalt. "Dann wären wir gut aufgestellt."

Im Gemeinderat sorgten die neuerlichen Entwicklungen für Diskussionen: Dietmar Keller (SPD) wunderte sich, wie einfach es für Verantwortliche wie den Badplaner sei, sich in Thailand der deutschen Gerichte zu entziehen, und wollte wissen: "Gibt es irgendeine Möglichkeit, doch an den Mann ranzukommen?" Sonst müsse am Ende der Steuerzahler die Zeche zahlen. Man habe nicht einmal eine Anschrift, antwortete Rechtsanwalt Weglage: "Die juristischen Mittel, Herrn Grafinger in Thailand habhaft zu werden, tendieren gegen Null - selbst wenn man ihn finden würde, hat er wohl kein Geld mehr in der Badehose." Deshalb müsse man die Lehre ziehen, so Keller, keine Verträge mehr mit einer Haftungssumme von 300.000 Euro abzuschließen. Es sei damals ein Muster für Architektenverträge vom Land genommen worden, so Weglage. Das Versäumnis liege daher auf Länderebene. "Hinterher ist man immer schlauer", meinte Bürgermeister Frank Volk. Man könne nicht wissen, welche Haftungssumme notwendig sei.

Auf die Frage von Manfred Rothe (Freie Wähler) erläuterte Weglage, dass die Schadensersatzsumme von knapp 400.000 Euro einen "kompletten Sieg" voraussetze. Es sei auch ein kleinerer Teil denkbar. Deshalb sei es so wichtig, dass man den Gutachter des Gerichts stütze.

Bürgermeister Volk sagte, dass die technischen Schriftsätze der Verwaltung viel Mühe bereiten. "Es ist zudem kein Vergnügen für die Mitarbeiter, immer vor Gericht zu erscheinen." Er selbst werde beim nächsten Termin dabei sein, auch weil es dann um ein Vergleichsangebot gehen könnte, so Volk. "Dann müssten wir aber auch unsere Anwaltskosten selbst zahlen", gab Thomas Schmitz (Grüne) zu bedenken. Deshalb müsse man überlegen, wie viel Honorar man für einen eigenen Gutachter investieren möchte, entgegnete Volk, der auf ein erneutes Jahr ohne Sperrung des Naturbads hofft. "Die vergangene Saison hat gezeigt, dass das Konzept des Naturbads robust ist", meinte Schmitz dazu. "Es kann funktionieren, obwohl viel falsch gemacht wurde - das ist die gute Nachricht."

"Wenn das Honorar im Bereich meiner Verfügungsmittel - also bis 8000 Euro - liegt, beauftrage ich einen eigenen Gutachter, ansonsten muss der Hauptausschuss oder der Gemeinderat entscheiden", sagte Volk - und erntete damit keinen Widerspruch aus dem Gremium.