Von Tim Kegel
Sinsheim. Leicht steigende Umsätze im Vergleich zum Vorjahr, spürbar weniger Umtausch, so verlief das Weihnachtsgeschäft bei vielen Sinsheimer Einzelhändlern. Wie sich beobachten lässt, nehmen sich die Kunden mehr Zeit für den Einkauf und wissen genau, was sie wollen - und wenn's auch nur der Gutschein ist. Auskunftsfreudig sind dabei eher die "Kleinen" und die "Klassiker".
Nicole Katzenberger vom Sinsheimer "H&M" ist zwar getreu des trendig-jungen Konzernjargons sofort auf Du und Du mit dem Anrufer, darf dann aber "überhaupt nichts sagen" zu allem, das nur annähernd nach Interna riecht. Anders die Sinsheimer Einkaufs-Klassiker: Bereitwillig steht der Einzelhandel Rede und Antwort und wirkt einen Tick zufriedener als in den Vorjahren; etwa Leder-Fachhändler Werner Gmelin.
Die Überraschung des Jahres sei 1899-Star Firmino gewesen, der sich im Vorweihnachts-Trubel mit hochwertigen Koffern eingedeckt habe. Der brasilianische Profikicker habe sogar gesagt, er wolle das Fachgeschäft weiter empfehlen, was den eingefleischten Sinsheimer Kaufmann dann doch ein wenig stolz gemacht hat. Ansonsten sei "ziemlich gezielt eingekauft" und auffallen weniger umgetauscht worden. Auch der Heiligabend - ansonsten der Tag der eher einkaufsmuffeligen Männer - sei "bunt gemischt" gewesen, wie Verkäuferin Veronika Gotthard aufgefallen ist. Verbesserungsfähig ist nach Gmelins Auffassung die innerstädtische Weihnachtsatmosphäre: "Meistens zu laut", sagt er. "Nach Ladenschluss war's kein Advent mehr, sondern Stadtfest."
Dem Wurst- und dem "Quints"-Glühweinstand zugute halten müsse man aber, "dass es Leute in die Stadt zieht." Klaus Gaude von der Buchhandlung Doll ist ohnehin ganz zufrieden, was die Stadt für ihre vorweihnachtlichen Händler tut, etwa das Christkindl-Shopping zum Weihnachtsmarkt. Lange Samstage habe man gut angenommen; einzig am 26. November habe man das 1899-Heimspiel und den Auftritt von Schlagersänger "Nik P." spüren können. "Die Leute nehmen sich Zeit zum Einkaufen", schildert Gaude, Empfehlungen würden "sehr gern angenommen", man habe außerdem "wesentlich mehr Gutscheine" als in den Vorjahren verkauft.
Ähnlich klingt auch Markus Schneider, mit Urgestein Gabi Tütüncü neuer Geschäftsführer im "Bücherland", das im vergangenen Jahr den tragischen Tod von Inhaber Jürgen Bauer zu verkraften hatte. "Ganz besonders entspannt und lässig" empfand der neue Mann das Sinsheimer Einkaufsklima und spricht hierbei auch für zahlreiche neue Kollegen. Beide Buchhandlungen sind erstaunt, wie wenig Umtausch es gibt, trotz großer Topseller wie "Eragon" oder die Biografie vom verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs.
"Kann aber noch kommen" meint Uwe Uhrig von Foto Burkhardt. "Erst zwei Wochen später weiß man's genau. Im Wesentlichen teilt Uhrig die Erfahrungen der Händlerkollegen; für sein Metier hat er festgestellt, "dass sich die Leute wieder mehr fotografieren lassen." Hochwertige Portraits gingen noch in der Weihnachtswoche in Auftrag, was dafür spreche, dass sich manche Einkäufer tatsächlich Zeit nehmen. Ansonsten der Renner: Kameras mit Touchscreen á la i-Phone. Schnelllebiger Trend oder echtes Novum? "Eine nette Spielerei, aber nicht jedermanns Geschmack", so das Urteil des Fotografenmeisters.
"Auf dem Niveau von 2010" sieht Marco Schechter von Juwelier Schick das Einkaufsverhalten rund um Weihnachten und Jahreswechsel. Die Kunden seien "wesentlich besser informiert als noch vor zehn Jahren", insofern seien auch leicht rückläufige Umtäusche erklärbar. Weihnachtsbuden schätzt er als Frequenzbringer und stellt der ein gutes Zeugnis aus, was die Pflege, Instandhaltung und Reinigung des weihnachtlichen Straßenbilds betrifft: "Die tun ihr Möglichstes."
Bodenständiges gibt "Tricot"-Chefin Loni Bihler von sich: Sie hält wenig vom oft proklamierten Familieneinkauf bis spät anlässlich des Weihnachtsmarkts. "In tausend Wintern nicht" wolle sich der Kunde ausgerechnet dann Dessous oder feiner Wäsche zulegen. "Kauft man gemeinsam mit der Familie Überraschungen?" Mit einem "ganz normalen" Weihnachtsgeschäft ist sie zufrieden, freut sich, "wenn sich die Damen schon im November was gönnen" oder auf "sehr relaxte Männer an Heiligabend."
Der Sinsheimer Einzelhandel, so ist herauszuhören - er wirkt mit dem Weihnachtsgeschäft zufrieden und muss sich nicht hinter den großen Einkaufsstädten verstecken. Fast unerwähnt blieben da die innerstädtischen Baustellen im Dezember - aber nur fast.
"Für die Kunden war die Einbahnstraßenlösung in der Friedrichstraße nervig" hat Juwelier Marco Schechter beobachtet. Und auch das einzige echte Geschäft in der Werderstraße hatte Probleme: Im "Zwergenland", wo Gudrun Link mit hochwertigem Handarbeits-Spielzeug gleichermaßen Kinder und romantische Mamas zu verzaubern sucht, war der Laden stellenweise nur auf Anruf besetzt. "Eine Zumutung - seit Monaten." Also kreativ sein: Improvisiert wurde "auf dem Weihnachtsmarkt rund ums Bruchsaler Schloss oder über ein Internet-Portal."