Meckesheim

Denkmalschutz lastet schwer auf dem Geldbeutel

Bei der geplanten Sanierung des Alten Rathauses drohen die Kosten zu explodieren

21.09.2018 UPDATE: 22.09.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Das Alte Rathaus wurde 1729 erbaut. Die Gemeinde möchte ihr "Wahrzeichen" unbedingt erhalten und geht dafür an die Schmerzgrenze. Foto: Alex

Von Nicolas Lewe

Meckesheim. Am Ende ließ sich Johannes Edinger dann doch noch eine Zahl entlocken. 150.000 Euro zusätzlich könnten nach Ansicht des Freien Architekten aus Lobbach auf die Gemeinde zukommen, sollte sich das Landesamt für Denkmalpflege in Karlsruhe bei der Sanierung des Alten Rathauses unnachgiebig zeigen.

Hintergrund

Stimmen zu den Sanierungkosten

Zu den bisherigen 2,1 Millionen Euro kommen noch knapp 325.000 Euro Mehrkosten und möglicherweise weitere 150.000 Euro hinzu, um die Forderungen des Denkmalamtes zu erfüllen. Im Gemeinderat sorgten diese Zahlen für eine

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Stimmen zu den Sanierungkosten

Zu den bisherigen 2,1 Millionen Euro kommen noch knapp 325.000 Euro Mehrkosten und möglicherweise weitere 150.000 Euro hinzu, um die Forderungen des Denkmalamtes zu erfüllen. Im Gemeinderat sorgten diese Zahlen für eine kontroverse Diskussion. An deren Ende war klar: Mit einer Gegenstimme steht der Gemeinderat trotz der Zusatzkosten weiter hinter dem Sanierungsprojekt Altes Rathaus. Die Verwaltung wurde beauftragt, beim Denkmalamt auf eine zeitnahe Beantwortung der noch offenen Fragen zu drängen.

Steffen Walter (MuM): Er findet, dass die Erhaltung des Alten Rathauses bei Weitem nicht mit dem erheblichen Aufwand einer Generalsanierung aufzuwiegen ist. Man solle "das Fass ohne Boden zumachen." Die Gemeinde habe nicht genug Geld "für so ein altes Haus." Walter: "Das ist Geld zum Fenster rausgeschmissen."

Jürgen Köttig (MuM): "Es gibt eine Schmerzgrenze", befand auch der MuM-Fraktionsvorsitzende. "Wir sollten nichts anschieben, was wir später bereuen." Allerdings wiederholte Köttig auch das, was er in den vorherigen Sitzungen zu diesem Thema immer wieder verdeutlicht hatte: "Das Alte Rathaus ist ortsbildprägend und sollte unbedingt erhalten bleiben."

Inge Hanselmann (CDU): Sie pflichtete ihrem Vorredner Jürgen Köttig bei. Die CDU-Fraktionsvorsitzende bezeichnete das historische Gebäude als "das Wahrzeichen Meckesheims" und ärgerte sich, dass so lange nichts gegen den Verfall unternommen wurde. Es gebe jetzt zwei Möglichkeiten: "Wir lassen es stehen und weiter verfallen oder wir wagen es und vertrauen dem Architekten Herrn Edinger."

Hans-Walter Sonnentag (CDU): "Einen Verfall können wir uns nicht erlauben", betonte der stellvertretende Bürgermeister. "Wir sind in der Pflicht, auch wenn es an die Schmerzgrenze geht. Wären die Umstände nicht gewesen, hätten wir vielleicht schon angefangen." Er meint damit Mehrkosten sowie Beanstandungen des Denkmalamts. Für Letzteres habe er kein Verständnis: "Das ist nichts Neues, sondern schon die letzten 20 bis 30 Jahre so."

Clemens Heck (CDU): Er verwies auf die künftige Nutzung als Ärztehaus. "Eine Absage wäre das falsche Signal", so Heck. Für eine Gemeinde wie Meckesheim sei es nicht selbstverständlich, dass sich dort eine Hausarztpraxis ansiedelt. "So eine Praxis bedeutet Lebensqualität", machte Heck deutlich. Er plädiere dafür, lieber am Gebäude selbst zu sparen. Die inzwischen aus den Planungen gestrichene Empore im zweiten Obergeschoss sei ein guter Anfang.

Rose Schuh (SPD): Die SPD-Fraktionssprecherin wählte wie stets einen pragmatischen Ansatz. "Wann kann die statische Ertüchtigung starten?", wollte sie wissen. Und bekam hierauf von Architekt Johannes Edinger eine klare Antwort: "Im Frühjahr." Auf ihr Nachhaken, ob es Zuschüsse für die Sanierung gibt, nannte Rechnungsamtsleiter Martin Stricker eine Summe von 400.000 Euro aus dem Ausgleichsstock des Landes. Bürgermeister Brandt bemerkte hierzu, dass der "richtige Topf" für Zuschüsse die Ortskernsanierung gewesen wäre. Man habe es aber verpasst, die Sanierung des Alten Rathauses hierin zu integrieren.

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"Wir werden das so nicht hinnehmen", machte Bürgermeister Maik Brandt in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats deutlich. Er halte die Forderungen für überzogen. Außerdem sei er verwundert, dass das Denkmalamt nun bei seinem insgesamt dritten Besuch vor Ort plötzlich Beanstandungen gehabt habe, die bei den vorherigen Besichtigungen 2014 und 2015 nach Einreichung des ersten Bauantrags keine Rolle gespielt hätten.

Worum es bei den Beanstandungen des Denkmalamts geht, erklärte Brandt auf RNZ-Nachfrage. Ausgangspunkt war demzufolge eine statische Überprüfung des Alten Rathauses, bei der das Denkmalamt hinzugezogen wurde. Dabei fielen, so Brandt, erstmals die historischen Kreuzbalken in Verbindung mit der Planung der Dachgauben auf.

Das Amt wünscht eine andere Anordnung der Dachgauben, da in der jetzigen Planung ein Eingriff in die sogenannten Andreaskreuze erfolgen müsse. Der Bürgermeister weiß jedoch: "Eine andere Anordnung gestaltet sich schwierig bis unmöglich." Und weiter: "Man muss kein Architekt sein, um den Unsinn eines solchen Vorschlags zu verstehen." Brandt weist darauf hin, dass die Dachgauben in dem bereits genehmigten Bauantrag beinhaltet sind.

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Doch das ist noch nicht alles: Auch beim Wunsch der Gemeinde, die zwar historischen, aber mit 250 Kilogramm pro Quadratmeter sehr schweren Lehmfüllungen im Deckenbereich zu entfernen, sei von Seiten des Denkmalamts Widerspruch eingelegt worden.

Bei einem Besichtigungstermin im Alten Rathaus mit Bürgermeister Maik Brandt (3.v.r) und Architekt Johannes Edinger (2.v.r.) wurde ersichtlich, wie dringend die Sanierung ist. Foto: Alex

Brandt betont: "Die Gewichtseinsparung von insgesamt 60 Tonnen würden uns in statischer und wirtschaftlicher Sicht sehr entgegenkommen." Es müsse beachtet werden, dass die Lehmfüllungen nach der Sanierung gar nicht mehr zu sehen sind, da von unten eine Brandschutzbekleidung vorgesehen ist ...

Brandt erwartet zu diesen Streitpunkten täglich eine Antwort des Denkmalamtes. Auch was die Planung des Aufzugs anbelangt, der die Barrierefreiheit bis ins Dachgeschoss ermöglichen soll. Zwischenzeitlich sei von Seiten des Statikers sogar angeregt worden, den Aufzug an der Außenseite des Gebäudes zu errichten. Der Bürgermeister steht dieser Forderung jedoch kritisch gegenüber: "Ein Zugang zum Dachgeschoss wäre mit dem Fahrstuhl dann nicht möglich und der barrierefreie Zugang zum neuen Ratssaal unmöglich."

Hintergrund

Das Alte Rathaus in der Friedrichstraße 22 wurde 1729 als Privathaus erbaut. 1731 erwarb die Gemeinde das Gebäude zur Nutzung als Rathaus. 1833 wurde die Fassade klassizistisch angepasst und der Eingangsbereich neu gestaltet. Änderungen im Inneren wurden im

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Das Alte Rathaus in der Friedrichstraße 22 wurde 1729 als Privathaus erbaut. 1731 erwarb die Gemeinde das Gebäude zur Nutzung als Rathaus. 1833 wurde die Fassade klassizistisch angepasst und der Eingangsbereich neu gestaltet. Änderungen im Inneren wurden im Laufe der Zeit zwar sporadisch vorgenommen, die letzte größere Sanierung datiert vom Jahr 1841. Noch bis 1994 war im Alten Rathaus die Gemeindeverwaltung untergebracht. Danach war im ersten Obergeschoss die Gemeindebücherei angesiedelt und im zweiten Obergeschoss befand sich die alte Schulstube. 2015 wurde die Bücherei in die Karl-Bühler-Schule verlegt, 2016 kam die Schulstube in das neue Rathaus. Die vorübergehende Nutzung als Materiallager wurde Ende 2016 wegen der hohen Feuchtigkeit aufgegeben. Seitdem steht das Alte Rathaus von Meckesheim komplett leer.

Die Sitzungen des Gemeinderats finden bereits seit 1976 im heutigen Sitzungssaal in der Friedrichstraße 10 statt. Nach der Generalsanierung will sich das Gremium wieder im barrierefrei zugänglichen Dachgeschoss des Alten Rathauses treffen. Für die Sanierung hat die Gemeinde im aktuellen Haushaltsplan 700.000 Euro eingestellt. Insgesamt sind für das Projekt nach Angaben des Architekten Johannes Edinger 2,1 Millionen Euro plus rund 325.000 Euro Mehrkosten sowie mögliche Beanstandungen des Denkmalamts in Höhe von geschätzt 150.000 Euro (siehe weitere Artikel) veranschlagt. Nach der Sanierung soll im ersten Obergeschoss ein Hausarzt unterkommen, im zweiten Obergeschoss ein Kinderarzt und das Dachgeschoss dient dann sowohl als Ratssaal als auch als Veranstaltungsraum. (lew)

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Die Ausgangslage im Gemeinderat sah Brandt zufolge so aus: "Das Projekt Sanierung des Alten Rathauses steht und fällt mit dieser Sitzung." In Sachen Denkmalschutz habe er den grünen Landtagsabgeordneten Hermino Katzenstein mit ins Boot geholt.

Dieser macht in einem Schreiben an das Landesamt für Denkmalpflege unmissverständlich klar: "Sollte die Sanierung nicht angegangen werden, wäre das Gebäude weiterem Verfall ausgesetzt." Dies könne weder im Interesse des Denkmalschutzes noch im Interesse der Allgemeinheit liegen. Er bitte, so Katzenstein weiter, "um wohlwollende Prüfung und eine Ausschöpfung des Ermessensspielraums".

Doch auch abgesehen von der Frage wie streng das Denkmalamt seine Pflichten interpretiert, kommen auf das Alte Rathaus erhebliche Mehrkosten bei der Sanierung zu. Architekt Edinger präsentierte dem Gemeinderat eine Summe von rund 324.600 Euro: "Die Schäden im Holzwerk sind zum Teil erheblich."

In vielen Räumen riesele die Lehmfüllung der Decken herunter und die stützenden Unterzüge aus Holz müssten dringend durch welche aus Stahl ersetzt werden. Deutlich waren auf den Bildern, die der Architekt zeigte, die Schäden an Balken, Unterzügen, Stützen und Streben zu erkennen. Auch der Befall durch Holzwürmer sei bekannt. Immerhin habe es in jüngerer Vergangenheit statische Ertüchtigungen gegeben. Laut Brandt handelt es sich dabei aber um "Flickschusterei".