Hintergrund - HDM Elektromobilität

23.10.2017 UPDATE: 23.10.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 22 Sekunden

Annähernd 8000 Ladestationen in Deutschland. Was ist die Henne, was ist das Ei? Fahren in Deutschland auch deswegen noch so wenige Elektroautos, weil die Zahl der Ladestationen noch ziemlich überschaubar ist? Oder halten sich die Betreiber der Stationen deswegen zurück, weil es noch nicht genügend Fahrzeuge und damit Nachfrage gibt?

Bei Diskussionen über die Zukunft der Elektromobilität taucht immer wieder diese Frage auf. Tatsache ist: Zwischen der Ostsee und dem Bodensee finden sich derzeit rund 7700 Ladestationen mit etwa 23.000 Anschlüssen. Zum Vergleich: hierzulande gibt es rund 14.500 konventionelle Tankstellen für Benzin und Diesel. Während diese Zahl seit Jahren leicht rückgängig ist, zeigt die Kurve bei den Stromzapfstellen steil nach oben - ausgehend freilich von einem niedrigen Niveau. Innerhalb von weniger als zwei Jahren stieg die Zahl der Ladestationen in Deutschland um 80, die der Anschlüsse um 60 Prozent.

Eine der Herausforderungen dabei: Die Autohersteller in Europa, den Vereinigten Staaten und in Asien konnten sich bis heute nicht auf einen gemeinsamen Standard für die Steckersysteme einigen. Die meisten europäischen und amerikanischen Anbieter setzen auf den so genannten Combined Charging System Standard (CCS), die Asiaten dagegen auf einen Standard mit dem eigensinnigen Namen CHAdeMO. Auch die technischen Ladeprotokolle sind verschieden.

Um dennoch die Batterien sämtlicher Hersteller an einer einzigen Station laden zu können, sind im öffentlichen Raum zunehmend Multistandard-Ladestationen gefragt. Ähnlich wie konventionelle Zapfsäulen an der Tankstelle bieten sie nicht nur einen einzelnen Standard, bildlich gesprochen also Diesel oder Normalbenzin. Stattdessen fließt aus der Kombisäule Wechselstrom mit einer höheren Ladeleistung als aus der normalen 230 Volt-Haushaltssteckdose mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie Gleichstrom für CCS und für CHAdeMO. Vor allem mit Gleichstrom lassen sich die Ladezeiten deutlich verkürzen.

Das dichteste Netz an Ladestationen in Europa gibt es im kleinen Estland. Wesentlich dazu beigetragen hat ABB. Das Unternehmen mit seinem Deutschland-Hauptsitz in Mannheim lieferte bereits vor vier Jahren 165 Schnell-Ladestationen, an denen sich die Batterien von Elektroautos in 15 bis 30 Minuten wiederaufladen lassen. Die Stromtankstellen wurden in jedem Ort mit mehr als 5000 Einwohnern sowie an den Hauptverkehrsstraßen des Landes im Abstand von höchstens 60 Kilometern installiert. Estland ist mit 45.000 Quadratkilometern etwa so groß wie Niedersachsen, hat aber nur halb so viele Einwohner wie die Metropolregion Rhein-Neckar.