Hintergrund Alte Zigarrenfabrik Sandhausen

19.11.2018 UPDATE: 19.11.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden

Von außen sieht das helle Backsteinhaus mit den grünen Fensterläden einfach nur nach einem alten Gebäude aus. Dass sich im Inneren Musikstars wie Max Giesinger die Klinke in die Hand geben, würde man nicht ahnen. Und das ist Absicht: "Die Künstler haben hier ihre Ruhe und die Promis sind geschützt", sagt Chris Stader. Er hat zusammen mit seiner Frau Jeanette Friedrich vor sechs Jahren das Tonstudio "Alte Zigarrenfabrik" gekauft.

Das 1890 errichtete Gebäude ist eng mit der Geschichte Sandhausens verwoben. Früher war die Gemeinde eine Zigarrenhochburg und eben hier war eine der 33 Tabakfabriken untergebracht. Zuerst die Josef Schönemann Tabakfabrik und bis 1969 die Havilla Zigarrenfabrik. In den 1980ern wurde das 1600 Quadratmeter große Areal schließlich zu einem Tonstudio umgebaut. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

"Hier haben die ,Söhne Mannheims’ angefangen", berichtet Stader. Und damit sind sie nicht alleine. "Wenn es gut werden muss, kommen die Leute hier her", sagt der Tonstudio-Betreiber nicht ohne Stolz. Das Besondere an der Alten Zigarrenfabrik ist nämlich, dass dort 15 Produzenten unterschiedlicher Ausrichtungen unter einem Dach arbeiten. "Wir arbeiten hier als Netzwerk", erklärt Stader. "Man hilft sich gegenseitig, um neue Projekte zu entwickeln."

Die Vielfalt der Produzenten zeigt sich auch am Staraufgebot, das schon in Sandhausen gearbeitet hat: Es reicht von Schlagersängerin Beatrice Egli und ihrem Genre-Kollegen Tony Marshall über Popstar Laith Al-Deen, Rapper Casper, Liedermacher und "Herz über Kopf"-Sänger Joris über Soulstar Xavier Naidoo, Jazz-Schlagzeuger Peter Erskine und Echo-Preisträger Gregor Meyle bis hin zur irischen Folk-Rockerin Wallis Bird und den Indie-Rockern von "Get Well Soon".

Seit Jahrzehnten hat auch Klassik-Genie Günter Appenheimer sein zweites Zuhause in der "Alten Zigarrenfabrik". Würde man etwa die CDs des Tonmeisters aneinanderlegen, käme man auf eine Länge von elf Metern, erklärt Stader hochachtungsvoll. Zweimal wurde Appenheimer auch schon mit Opernaufnahmen für den "Grammy" nominiert.

Was alle in der "Alten Zigarrenfabrik" eint, ist die Liebe zur handgemachten Musik. Für besondere Fälle steht sogar noch eine alte Band-Maschine zur Verfügung, mit der Frank Farian stets arbeitete. "Hier drauf ist etwa Boney M. geboren worden", sagt Stader. 40 Jahre nach "Daddy Cool" wird allein wegen der Kosten aber meistens digital produziert. Hierfür stehen den Künstlern und Produzenten zehn "Control Rooms", also Regieräume zum Basteln, sowie zwei große Aufnahmeräume zur Verfügung. Dazu gibt es eine Gemeinschaftsküche, eine Tischtennisplatte im Keller und im Obergeschoss eine Wohnung, in der die Musiker auch mal übernachten. "Das Wichtigste für einen Künstler ist, dass er eine Umgebung hat, in der er kreativ sein kann." Und die ist in Sandhausen ganz offensichtlich gegeben.