Hintergrund

31.01.2021 UPDATE: 31.01.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 25 Sekunden

> Der Manschettenbauer ist – gestern wie heute – eine nicht unumstrittene Figur der Dührener Ortsfolklore, wobei deren Ursprung unklar ist. Hartnäckig hält sich die Legende aus der Hungerkrise Mitte des 19. Jahrhunderts, als einige wohlhabende Dührener Bauern ins angrenzende Sinsheim fuhren, um dort von verarmten Landwirten Äcker zu erwerben – für kleines Geld, während der eigene Reichtum zur Schau gestellt wurde. Ein eher dunkles Kapitel der Ortsgeschichte? Kann sein, kann aber auch nicht sein.

Andere Stimmen sagen, die Dührener von damals seien sehr gläubig gewesen und hätten sich sonntags nach hartem Tagwerk für den Kirchgang und den Weg in die vielen Wirtshäuser im Ort besonders herausgeputzt. Wieder andere behaupten, die Manschetten seien eigentlich Lederstulpen gewesen, die die auf dem Feld getragenen Leinenhemden vor Abnutzung schützen sollten. Wenn dem so war, ist die heute auf Umzügen und Festen getragene Kluft aus schwarzem Frack und Zylinderhut ein Deutungsfehler.

Umstritten – wie jedoch die meisten Installationen im öffentlichen Raum – ist die Bronzefigur vor der Verwaltungsstelle auch, weil sie einiges an öffentlichem Geld gekostet hat, ein öffentlicher Beteiligungsprozess jedoch im Ort kaum wahrgenommen wurde. Vieles lief hinter verschlossener Tür ab. Das Geld zur Erschaffung der Figur stammte zudem aus Töpfen, mit denen in der Regel Waldsofas, Bürgertreffs, Vereinsküchen, Kneippanlagen und Ähnliches finanziert werden. Auch kursierte im Vorfeld der Unternehmung der Entwurf einer zweiten Statue: erstellt von einem örtlichen Steinmetz, deutlich größer als die jetzige Figur – und wohl auch ein starkes Drittel günstiger. Schwarzer Granit hätte bei dieser verwendet werden sollen – man habe sich aus Sorge vor Vandalismus dagegen entschieden, heißt es offiziell. Den Zuschlag für die Bronze-Variante erhielt eine Firma mit Sitz in Timmendorfer Strand in Schleswig-Holstein. Gegossen wurde die finale Figur im Schwarzwald. Die Gesichtszüge der vom Stiefelabsatz bis zum Zylinder-Rand rund 1,65 Meter messenden Statue sind übrigens einem Urahnen eines der Initiatoren entliehen – er lebte im Nachbarort Eschelbach.

Allerdings ist davon auszugehen, dass den Gründervätern der Manschettenbauern dies alles reichlich egal war: Ursprünglich war die Figur ein Dorffest-Ulk in den frühen 1990er-Jahren, erfunden in den Ortsvereinen und völlig harmlos und unpolitisch. Die Manschettenbauern waren seither Aushängeschilder Sinsheims und Dührens bei Umzügen und Festen. Bei den abgesagten Landesheimattagen 2020 war der Gruppe – unter anderem beim Landesfestzug – eine zentrale Rolle zugedacht. (tk)