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18.03.2018 UPDATE: 18.03.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden

Der Torturm aus dem 15. Jahrhundert ist Teil der Jugendherberge. Foto: Alex

Historie

Die Dilsberger Jugendherberge ist noch keine 100 Jahre alt, hat aber bereits eine wechselvolle Geschichte, wie im spannenden Buch "80 Jahre Jugendherberge Dilsberg 1924-2004" des örtlichen Heimatforschers Frans Hermans nachzulesen ist: Die Ursprünge der Jugendherbergen - auch jener auf dem Dilsberg - lagen in der sogenannten Wandervogel-Bewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts. Jugendliche zogen wandernd und singend durch Städte und Dörfer.

> Im Jahr 1921 gerieten der Dilsberger Torturm aus dem 15. Jahrhundert und das benachbarte Wachthaus ins Visier der Heidelberger Wandervogel-Gruppe. Die jungen Leute bekamen vom Rathaus den Schlüssel für die Jahrzehnte leerstehenden Räume und brachten sie auf Vordermann. Dabei erlaubten sie sich immer wieder den Spaß, die Bürgerglocke aus dem Jahr 1732 im Torturm nachts zu läuten. Als die Gemeinde den Torturm wieder beanspruchte, trat die Wandergruppe zur Rettung dem "Verband für Deutsche Jugendherbergen" bei - die Geburtsstunde der Dilsberger Herberge, die danach einen Riesenansturm erlebte.

> In den Jahren 1933 und 1934 erfolgte die erste Erweiterung, da das Anwesen Leibfried gleich neben dem Torturm in der Unteren Straße baufällig war. Aus dieser Zeit stammen auch der heute noch erhaltene Kachelofen und das Wandbild "Feldlager am Fuße des Dilsbergs" im Rittersaal. Wenig später versuchte die Gemeinde erneut, den Torturm zurückzubekommen - wieder erfolglos.

> Im Frühjahr 1935 kam es zu einem nächtlichen Attentat auf den Begründer der Jugendherbergen, Richard Schirrmann, der auf dem Dilsberg auf einer Tagung weilte. Schirrmann war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Der Beschuss mit Tränengas hatte Folgen: Schirrmann erblindete.

> In den Kriegsjahren fanden Mütter mit Kindern aus Großstädten Unterschlupf, gegen Ende des Kriegs wurde die Herberge zum "Wehrertüchtigungslager" umfunktioniert. Kurz vor Kriegsende, am Karfreitag, 30. März 1945, zog das deutsche Militär noch 17-Jährige von dort an die Front ein.

> Nach der Eroberung des Dilsbergs durch die Amerikaner beschlagnahmte der Dilsberger Bürgermeister die Herberge als Rathaus, doch das Herbergswerk beharrte auf das Eigentum. In dem Gebäude fanden zunächst Vertriebene eine Heimat, bis 1949 der Herbergsbetrieb mit 60 Betten erneut aufgenommen wurde.

> Im Jahr 1950 räumte das Rathaus die Herberge. In dieser Zeit gesellte sich "Yolande" als neues Haustier zur Herberge - ein Schwein, das von allen Gästen heiß geliebt und mit Essensresten gefüttert wurde. Ein Jahr später verließen die letzten Flüchtlinge die Herberge, alle Betten standen wieder für Gäste bereit. Bis der Torturm wieder genutzt werden konnte, dauerte es aber noch: Die letzten Untermieter zogen im Jahr 1955 aus. In den Folgejahren kamen Schulklassen aus ganz Deutschland auf den Dilsberg.

> In den Jahren 1973 und 1974 wurde die Herberge für 600.000 Mark vergrößert und modernisiert. Eine angrenzende Scheune machte Platz für eine Großküche und eine Wohnung für die Herbergseltern.

> Im Jahr 2003 erfolgte die letzte, 15.000 Euro teure Renovierung: Die Steuerung der rund 200 Kilo schweren Bürgerglocke mit einem Durchmesser von 71 Zentimetern und das Ziffernblatt der Uhr wurden erneuert, ebenso wurde an der Innenseite des Turms wieder eine Uhr angebracht. Die Glocke läutete in der Folge immer zur vollen und zur halben Stunde sowie in der Silvesternacht und bei der Beerdigung eines Bürgers. cm