"Digitale Methoden verändern die Forstwirtschaft"

Der Leiter des Kreisforstamtes, Dieter Münch, über neue Anforderungen an die Waldarbeit

25.05.2018 UPDATE: 25.05.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 28 Sekunden

Interview wird Forstamtsleiter Dieter Münch

Der Messschieber wird bald ausgedient haben. Dafür zieht die Foto-Optik in den Wald ein. Dessen Holzvorrat werden künftig Drohnen aus der Luft ermitteln. Die RNZ sprach mit dem Leiter des Kreisforstamtes, Dieter Münch, über neue Herausforderungen an die Waldbewirtschaftung.

Herr Münch, sind die Herausforderungen für die Forstbeamten in den letzten Jahren tatsächlich größer geworden?

Das ist zweifelsohne der Fall. Und das geht weit über die Umweltaspekte wie den Klimawandel und veränderte Niederschläge hinaus. Immer häufiger wird ökologisches Wissen benötigt bis hin zur Kenntnis von rechtlichen Umweltauflagen für den Wald. Auch hat eine zunehmende Technisierung der Forstwirtschaft die Qualifikationsanforderungen an die Förster verändert. Alle Welt spricht von Industrie 4.0, dass auch die Forstwirtschaft immer stärker von digitalen Methoden und Geräten verändert wird, nehmen die wenigsten wahr.

Um was genau geht es da?

Zum Beispiel ist in naher Zukunft zu erwarten, dass der Durchmesser von Holzstämmen nicht mehr mit der Hand mit den sogenannten Kluppen, eine Art großer Messschieber, vermessen werden muss, um daraus das Volumen des Stamms zu errechnen. Vielmehr erfolgt eine fotooptische Holzvermessung und -berechnung mit neuartigen Geräten. Holzvorratsdaten werden digital aus der Luft mit Hilfe von Luftbildern und Drohnen ermittelt. Der Umgang damit erfordert neue Qualifikationen.

Gibt es bedeutende Veränderungen über die Technik hinaus?

Die gesamte Struktur der rundholzverarbeitenden Industrie ist im Umbruch. Man kann schon fast von einem Sägewerksterben sprechen. Das hat Auswirkungen auf die Vermarktung, Logistik und Abtransport der Stämme. Auch da werden den Forstbeamten neue Qualifikationen abverlangt.

Welche Rolle spielen heutzutage die Belange von Natur- und Artenschutz?

Das spielt eine immer wichtigere Rolle. Die Erhaltung der Biodiversität, besondere Rücksichtnahme auf seltene Arten und die Erfassung der Lebensräume erfordern zusätzliche Kenntnisse. Ursprünglich, vor über 200 Jahren, bezog sich die forstliche Nachhaltigkeit nur auf die Holzproduktion. Doch heute müssen die Förster immer stärker die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Waldbesitzer und Waldnutzer unter einen Hut bringen - als da sind die Erholungsfunktion des Waldes, seine ökologische Bedeutung aber auch die Wirtschaftlichkeit des Holzeinschlags. Es gilt dabei, ein spürbares Auseinanderdriften der Interessen zu vermeiden. Hinzu kommt eine pädagogische Bildungsarbeit, die zum Repertoire des Försters heute dazu gehört. Etwa die Heranführung von Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, an eine ganzheitliche Waldarbeit, die letztlich eine Generationenaufgabe ist. (hab)