"Das ist eine Diskriminierung der Schülerin"

Verwaltung ringt seit zwei Jahren um Kostenübernahme

13.10.2017 UPDATE: 13.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Verwaltung ringt seit zwei Jahren um Kostenübernahme

Angefangen mit dem Aufnahmebescheid einen Tag vor der Einschulung über fragwürdige Regelungen bis zum falschen Auftraggeber für Gutachten: Das fast zweijährige Bemühen um eine barrierefreie Friedrich-Ebert-Schule ist eine wahre Odyssee - Ausgang ungewiss. Und dass das Regierungspräsidium Karlsruhe die behinderte Schülerin aus Sicht der Eppelheimer Verwaltung diskriminiert, ist nur die Spitze des Eisbergs.

Am 17. September 2015 entschied das Staatliche Schulamt Mannheim, dass ein behindertes Kind, das in einem Elektrorollstuhl sitzt, im Rahmen der Inklusion die Ebert-Schule besuchen wird. Das war genau einen Tag vor der Einschulung. Zwar wussten alle Beteiligten schon Bescheid - der Zeitdruck war aber immens. Denn es war klar: Um die Ganztagesräume im Untergeschoss und weitere Fachräume der Schule erreichen zu können, muss im Nordtrakt und im Südtrakt jeweils ein Fahrstuhl eingebaut werden.

Diese Maßnahme muss das Land zahlen. Allerdings gab es damals nur ein Gesetz, das dies grundsätzlich regelte. Nicht jedoch, wie und unter welchen Bedingungen der Kostenersatz beantragt werden muss. So nahm das Unheil seinen Lauf: Die Verwaltung versuchte, bei allen Schulbehörden bis hin zum Ministerium für Kultur, Jugend und Sport eine Zusage für die Kostenübernahme zu bekommen. Vergeblich. "Wir wurden überall vertröstet", klagte Hauptamtsleiter Reinhard Röckle in der Gemeinderatssitzung.

Stadt trägt Risiko allein

Erst im März 2016 wurde eine rechtliche Regelung getroffen: Demnach werden die Kosten erst erstattet, nachdem die jeweilige Maßnahme durchgeführt wurde - die Stadt hätte das Geld, insgesamt 525.000 Euro, also vorschießen und abwarten müssen, ob und wie viel das Land zuschießt. Und mehr noch: Voraussetzung ist ebenso, dass mit dem Bau direkt begonnen wird, wenn der Schulort bekannt ist. Was in diesem Fall unmöglich war.

So weit, so schlecht für Eppelheim. "Das ist Behördenwillkür, das Risiko liegt einzig bei der Stadt als Schulträger", echauffierte sich Reinhard Röckle. Die Verwaltung forderte dennoch vor der Umsetzung des Fahrstuhlbaus vom Land eine Zusage, die Kosten zu übernehmen, und stellte im Mai 2016 einen entsprechenden Antrag beim Regierungspräsidium Karlsruhe (RP). Dieses lehnte die finanzielle Unterstützung aber im Dezember ab - eben, weil mit den Arbeiten nicht unverzüglich begonnen worden war.

Doch die "Posse", wie es Röckle nannte, hat noch weitere Austriebe: Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises hatte beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) schon bei der Planung der Arbeiten ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu dokumentieren, dass die Maßnahme unbedingt notwendig ist. Dieses Gutachten wies das RP aber zurück. Denn: Es hatte den falschen Auftraggeber. Im Gesetz vom März 2016 wurde nämlich festgelegt, dass das RP selbst Auftraggeber sein muss. "Unser Wunsch nach Beauftragung eines Gutachtens durch das RP wurde vom RP abgelehnt, da der Antrag auf Kostenersatz sowieso kaum Aussicht auf Erfolg hat, da mit der Baumaßnahme zu spät begonnen wird", erklärte der Hauptamtsleiter - die Ohnmacht angesichts des "Behördenirrsinns" in der Stimme: "Der Schwarze Peter wird uns zugeschoben."

Eppelheim erwägt Klage

Zumal der KVJS mitteilte, dass das Ergebnis des Gutachtens, egal von wem beauftragt, gleich ausgefallen wäre. Übrigens legte sich Eppelheim hier selbst ein Ei: Denn die Stadt selbst hatte in einer Anhörung für das neue Gesetz vorgeschlagen, dass das RP solche Gutachten beantragen soll. "Unser Vorschlag fällt uns nun auf die Füße", so Röckle.

Damit war aber noch nicht die Spitze erreicht. Denn das RP vertrat die Meinung, dass der Unterricht der betroffenen Klasse ausschließlich im Erdgeschoss abgehalten werden sollte. Was freilich gar nicht möglich sind, denn die Ganztagesräume sind im Untergeschoss. "Wir sehen darin eine Diskriminierung der behinderten Schülerin und eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung der Klassenkameraden", schoss Röckle in Richtung RP.

Auch die Hilfe vom Städtetag und von Landtagsabgeordneten war erfolglos. So schluckt Eppelheim die Kröte und baut nun einen Aufzug. Der Kampf um die Kosten geht aber weiter - womöglich vor Gericht.