Verdächtiger war Mechaniker bei der Polizei
30-Jähriger soll im September an fremdenfeindlich motiviertem Angriff auf Gäste einer Wieslocher Eisdiele beteiligt gewesen sein
Von Carsten Blaue
Wiesloch/Mannheim. Die Berufsbezeichnung des Tatverdächtigen ließ aufhorchen, war gleichzeitig aber wenig erhellend. Das Innenministerium sprach von einem "Tarifbeschäftigten der Polizei". Auch war davon die Rede, der Mann sei Verwaltungsangestellter der Polizei. Genaueres war nicht in Erfahrung zu bringen. RNZ-Anfragen liefen ins Leere. Stets wurde in Stuttgart auf die Persönlichkeitsrechte des 30-Jährigen verwiesen. Also blieb offen, was er arbeitete und wo. Seit Donnerstag gibt es zumindest etwas Klarheit. Der Mann, der im September an einem Überfall auf vorwiegend türkischstämmige Gäste einer Eisdiele in Wiesloch beteiligt gewesen sein soll, war bis dahin Mechaniker bei der Polizei gewesen. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor, die Donnerstag bekannt wurde.
Die Vorwürfe wiegen schwer
Als der Verdacht gegen den Polizei-Angestellten aufkam, war er sofort freigestellt und von sämtlichen Aufgaben entbunden worden. Außerdem erhielt er ein Hausverbot. Die Vorwürfe gegen ihn und fünf andere wiegen noch immer schwer: Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung, Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Sachbeschädigung. In den Reihen der Polizei sei kein Platz für Straftäter oder fremdenfeindliches Gedankengut, hatte der Inspekteur der Polizei, Detlef Werner, in den Tagen nach der Tat vorsorglich betont.
Die sechs Männer im Alter zwischen 23 und 36 Jahren aus dem südlichen Rhein-Neckar-Kreis und dem Kreis Karlsruhe sollen am Abend des 8. September in der Wieslocher Innenstadt einen Junggesellenabschied gefeiert haben. Mit reichlich Alkohol. Dabei, so schilderte es die Polizei danach, hätten sie erst fremdenfeindliche Parolen gebrüllt und "politisch motivierte Schmähgesänge" von sich gegeben. Doch das war nicht alles. Die Gruppe hatte es anschließend auf die Familien abgesehen, die offenbar völlig friedlich vor dem Eiscafé saßen. Die Schläger griffen dabei sogar zu den Möbeln der Außenbestuhlung. Das war auch auf einem Amateurvideo zu sehen, das aus dem Stockwerk über der Eisdiele heraus gedreht worden war. Bei dem Vorfall wurden insgesamt fünf Personen leicht verletzt.
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Die mutmaßlichen Täter wurden wenig später von Polizisten des Wieslocher Reviers unweit der Eisdiele gestellt und vorläufig festgenommen. Die Beamten hatten offenbar Unterstützung benachbarter Dienststellen erhalten und waren gleich mit mehreren Streifenwagen vorgefahren. Auf dem Video sah man Polizisten, die den Angreifern folgten und Gäste des Eiscafés, die in die Richtung zeigten, in die die Schläger geflüchtet waren.
Die Polizei nahm den Vorfall sehr ernst. Eine 20-köpfige Ermittlungsgruppe aus mehreren Dezernaten wurde eingerichtet. Sie wurde "Marktbrunnen" genannt, weil die Eisdiele diesem in Wiesloch gegenüber liegt. Wohnungen wurden durchsucht, gegen zwei mutmaßliche Rädelsführer im Alter von 23 und 36 Jahren Haftbefehle erlassen und gegen Auflagen außer Vollzug gestellt. Geständig sei aber keiner der Verdächtigten, hieß es gestern.
"Sollten sich im Zuge des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens die Anschuldigungen gegen den 30-Jährigen erhärten, muss er mit der Entlassung aus seinem Angestelltenverhältnis rechnen", hatte Werner schon im September auf Anfrage mitgeteilt. Gleiches bekam jetzt auch die SPD zur Antwort.
Der für die Anfrage der Fraktion zuständige Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete, Boris Weirauch, würdigte die Reaktion des Ministeriums. Dass kein beschleunigtes Verfahren gewählt wurde, zeige, wie ernst die Behörden den Fall nähmen. Der Verzicht darauf verdeutliche, dass aus deren Sicht der Tatvorwurf Straftaten berühre, die mit Haft über ein Jahr geahndet werden. "Ich finde diese Härte gut", sagte Weirauch gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.