"90 Minuten kämpfen und Vollgas geben"
Ein Ehemaliger und ein Zukünftiger zeigen, wie es bei 1899 mit dem Toreschießen wieder klappen könnte
Ein Ehemaliger und ein Zukünftiger zeigen, wie es bei 1899 mit dem Toreschießen wieder klappen könnte
Zumindest ein Hoffenheimer hatte am Wochenende ein Erfolgs-Erlebnis. Kevin Volland, der vor einem Jahr beim Fußball-Bundesligisten einen Vertrag bis 2015 unterschrieb, aber erst im Sommer in den Kraichgau wechseln wird, erzielte beim 2:1-Sieg von 1860 München gegen Zweitliga-Tabellenführer Eintracht Frankfurt bereits sein neuntes Saisontor. "Es freut mich, dass ich weiter für die Löwen spielen kann", wird der 19-jährige Angreifer in der Münchner Abendzeitung zitiert. Bis wenige Stunden vor Ablauf der Frist war offen, ob Volland schon zur Rückrunde nach Hoffenheim kommen würde oder aber erst im Sommer. Ernst Tanner setzte sich schließlich durch. "Der Unterschied zwischen Bundesliga und Zweiter Liga ist beträchtlich. Ich will nicht, dass Kevin bei uns zum fünften Rad am Wagen wird", sagte der Manager. Trainer Holger Stanislawski hätte den Stürmer dagegen am liebsten sofort gehabt – trotz des Überangebots an Offensivspielern. Um vier Plätze rangeln nicht weniger als zehn Spieler. Zuletzt hatte man das Gefühl, dass der Konkurrenzkampf eher lähmt als beflügelt.
Dabei bringt Volland offenbar genau die Tugenden mit, die in Hoffenheim vermisst werden. "Ich kann 90 Minuten lang kämpfen und Vollgas geben", beschrieb er der Abendzeitung seine Stärken, "und ab und zu mach ich auch mal ein Tor." Den unbändigen Einsatzwillen hat der Allgäuer von seinem Vater: Andreas Volland war Eishockey-Crack, unter anderem auch in Mannheim.
Mit dem 1:1 am Samstag im Derby gegen den SC Freiburg blieb Hoffenheim zum vierten Mal in Folge ohne Sieg. Die Kritiken werden heftiger. So schrieb Spiegel online: "Hoffenheim ist ein Team ohne Herz und Seele. Es herrscht Apathie. Der Stanislawski-Effekt ist verpufft, Lethargie greift um sich."
Auffallend ist die Schwäche im Angriff. Nur fünf Spieler – rekordverdächtig in der Bundesliga-Geschichte – teilen sich die bescheidene Ausbeute von 16 Toren: Roberto Firmino (5), Ryan Babel (4), Sejad Salihovic und Vedad Ibisevic (je 3). Dazu kommt ein Eigentor des Mainzers Nikolce Noveski.
Wie schwer sich Stanislawski tut, eine Idealformation zu finden, beweist auch diese Zahl: In 14 Spielen hat Hoffenheim bereits 24 Spieler eingesetzt. Nur Marvin Compper, Roberto Firmino und Ryan Babel waren immer dabei.
Während im Kraichgau zu wenige Tore fallen, macht ein Ehemaliger weiter Schlagzeilen.Demba Ba verwandelte beim 1:1 von Newcastlem United bei Manchester United einen Elfmeter. Der Senegalese, der sich vor knapp einem Jahr aus Hoffenheim wegstreikte, belegt damit in der Torschützenliste mit neun Treffern hinter Robin van Persie (Arsenal/13) sowie Sergio Aguero (12) und dem Ex-Wolfsburger Edin Dzeko (10/beide Manchester City) den vierten Platz. Newcastle ist Vierter, die Blackburn Rovers fielen durch ein 1:3 in Stoke auf den letzten Platz zurück – was das Interesse am Hoffenheimer Vedad Ibisevic vergrößern könnte. Laut Daily Mirror sollen die Rovers auch ein Auge auf Daniel Williams geworfen haben. "Das ist hanebüchen", sagt dazu Tanner.
Während Ba in der Premier League eine Erfolgsgeschichte schreibt und damit auch den Hoffenheimer Chinedu Obasi von der Insel träumen lässt, kann es, wie das Beispiel Carlos Eduardo zeigt, auch anders gehen. Der Brasilianer folgte dem Ruf des Geldes und wechselte vor eineinhalb Jahren von Hoffenheim zum russischen Erstligisten Rubin Kasan. Dort konnte er – auch wegen einer Knieverletzung – nie richtig Tritt fassen. Jetzt erklärt er, er könne sich eine Rückkehr zu seinem Heimatverein Gremio vorstellen. Aber auch Felix Magaths VfL Wolfsburg soll die Fühler ausgestreckt haben. Eduardos in Schieflage geratene Karriere kann ein warnendes Beispiel für eine Reihe von 1899-Profis sein: Es reicht nicht, gut Fußball spielen zu können, genau so wichtig sind Willensstärke und Durchsetzungsvermögen.
