Die Arbeit muss weitergehen
Rückschau auf 30 Jahre - Ein kleiner Kurs in Antigewalttraining
Wiesloch. (silv) Die Begrüßung der fachkundigen Gäste im Bürgerhaus Altwiesloch sprach Friedrich Stetzelberger, der Vorsitzende des Jugendhilfswerks Wiesloch, das seit nunmehr 30 Jahre besteht. Er verwies auf die einzigartige Leistung, die der relativ kleine Verein mit Sitz in Wiesloch seit seiner Gründung im April 1987 in den Landgerichtsbezirken Heidelberg und Mannheim erbracht hat. Auch in den Jugendarrest-Einrichtungen Kislau und Rastatt hat der Verein Spuren hinterlassen.
Diese Vereinsgeschichte war willkommener Anlass, die mit Jugendkriminalität befassten Fachkräfte aus der Rhein-Neckar-Region zum 30-jährigen Jubiläum nach Wiesloch einzuladen. Die Wurzeln des Jugendhilfswerks Wiesloch reichen bis in die Mitte der 1970er Jahre zurück. Damals erkannten die Vollzugsbediensteten in Wiesloch, dass die vom Gesetzgeber gebotene erzieherische Ausgestaltung des Jugendarrests am ehesten im Weg der Selbsthilfe durch einen justiznahen Verein bewirkt werden konnte.
Zielgruppe waren junge Straffällige, die in der Jugendarrestanstalt Wiesloch ihren Arrest verbüßten. Sie erfuhren nun intensivere Zuwendung in Fragen des Umgangs mit ihren Mitmenschen, mit Behörden und sonstigen Institutionen, auch untereinander und erlebten (zum Teil erstmals) gemeinsamen Einkauf und Essenszubereitung, gemeinsame Mahlzeiten - alles unter fachkundiger Anleitung. Auch die Widerstandskraft der Jugendlichen gegen Suchtmittel und Drogen wurde gestärkt.
Für all das hat der Verein einen großen Kreis von haupt- und nebenamtlichen Fachleuten eingesetzt, die sich ihrerseits regelmäßig auf Tagungen fortbildeten. Einen großen Raum nahmen auch sportliche Wettkämpfe in der Arrestanstalt ein, die auch eine eigene Lehr-Werkstatt besaß.
Im September 2010 wurde die hiesige Jugendarrestanstalt wegen eines ungenutzten Platzangebots in Rastatt durch die Justizverwaltung des Landes geschlossen. Rettungsanker für den Verein war die schon im September 2008 eingegangene Kooperation mit den Jugendreferaten des Rhein-Neckar-Kreises und der Stadt Heidelberg sowie die Mitfinanzierung des Antiaggressions-Trainings für Jugendliche und Heranwachsende.
Hinzu kam die hälftige Übernahme der Kosten der sozialen Trainingskurse im Rhein-Neckar-Kreis. Seit dem 1. Januar 2014 fördert der Verein das Projekt "läuft?!" der Jugendagentur Heidelberg. Hinzu kam die hälftige Förderung für betreute Arbeitsweisungen zusammen mit dem Internationalen Bund für Sozialarbeit Heidelberg.
Damit ist der Verein zum reinen finanziellen Förderverein geworden. Für ihn stehen nach wie vor junge Menschen im Zentrum, die mit dem Gesetz bereits in Konflikt geraten sind oder sonstige Schwierigkeiten in Sachen gesellschaftlicher Integration haben. Am Ende seiner Begrüßungsansprache dankte der Vorsitzende allen Kooperationspartnern und den Zuweisenden von Geldbußen.
Wichtigster Teil der Veranstaltung war der Fachvortrag des Fachreferenten für Gewaltprävention und Deeskalation, Lars Groven. Er konnte seinerzeit vom Jugendhilfswerk Wiesloch gewonnen werden und ist heute für eine bundesweite Stiftung zum Thema "Gewalt an Schulen" tätig.
Sein Erfahrungsfeld, von welchem er in einem Vortrag sowie mit praktischen Übungen für die Teilnehmer berichtete, ist mittlerweile sehr speziell, aber auch sehr vielfältig. Fazit: Nur ein im Umgang mit jugendlichen Aggressionstätern besonders geschultes Personal kann hier halbwegs erfolgreich wirken.
Der Direktor des Amtsgerichts Wiesloch, Andreas Schlett, berichtete in seinem abschließenden Grußwort, dass der Raum Wiesloch mit seinen vielen mit gestörten, behinderten oder psychisch kranken Menschen befassten Institutionen ein geeigneter Ort für die Entwicklung einer gezielten und fachkundigen Zuwendung sei - insbesondere auch, wenn es darum gehe, fehlgeleitete Jugendliche für die bürgerliche Welt zu retten.
In der ehemaligen Jugendarrestanstalt Wiesloch habe man deutlich erkannt, welche (meistens wirksamen) Hilfestellungen die Jugendlichen benötigten. Die Arbeit des Jugendhilfswerks bleibe notwendig und müsse weitergehen, so die Worte des Amtsgerichtsdirektors.