Freiwilligendienst

Wie eine junge Wieslocherin sich in Malawi engagiert

Maraike Schäfer aus Wiesloch leistet ihren Freiwilligendienst in einer Schule für Waisen in Malawi, Afrika

06.04.2018 UPDATE: 08.04.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 24 Sekunden

Maraike Schäfer, die ihren Freiwilligendienst im malawischen Blantyre leistet, freut sich mit ihrem Team junger Schauspieler über den Sieg bei einem Theaterwettbewerb. Foto: privat

Wiesloch. (rnz) Natürlich ist es eine Herausforderung und eine große Umstellung, aber "trotzdem freue ich mich über diese Aufgabe". Seit September ist Maraike Schäfer 7688 Kilometer entfernt von ihrer Heimat, im malawischen Blantyre in Afrika. Die Hauptstadt der Südregion Malawis hat 750.000 Einwohner, liegt im Shire-Hochland und ist zusammen mit der Schwesterstadt Limbe die zweitgrößte Stadt Malawis.

Dort leistet Maraike ihren Freiwilligendienst und unterrichtet an der "Jacaranda School": Getragen von einer Stiftung, bietet sie Waisenkindern kostenlos Unterricht an einer Grund- und einer weiterführenden Schule an. Derzeit besuchen 350 Kinder die beiden Schularten, weitere 29 arbeiten intensiv daran, Stipendien für eine Universität zu erlangen.

Maraike kommt aus Wiesloch und hat ihr Abitur im Sommer 2017 am Englischen Institut in Heidelberg gemacht. "Schon in der 11. Klasse war mir klar, dass ich vor dem Studium ein Jahr im Ausland verbringen möchte, am liebsten in Afrika." Schon immer habe sie die Frage beschäftigt, wie ihr Leben aussähe, wäre sie woanders geboren, ebenso der Gedanke des Lernens und des kulturellen Austauschs. "Durch eine Freundin habe ich von ’Weltwärts’ gehört, einem Programm des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit." Als sogenannte "Entsende-Organisation" bewarb Maraike sich beim Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen, der ihr die Jacaranda School vorstellte.

Erst musste Maraike sich eingewöhnen, war auch "froh über meine Mitfreiwilligen", die schon länger als sie dort sind. Wobei sie betont, dass sie die Menschen dort stets als "sehr freundlich und hilfsbereit" erlebt, "sie stellen Familie und Freunde an erste Stelle". Zunächst waren Maraike vorwiegend die Unterschiede zu Deutschland aufgefallen, sie sah die oberflächlichen Eindrücke bestätigt, die Bilder etwa von Hilfsorganisationen vermitteln, von spürbarer Armut, wundervollen Landschaften, aber staubigen Pisten und brennendem Müll sowie hungernden Menschen auf der Straße.

Doch was "hinter diesen Momentaufnahmen" stecke, erfahre sie eben erst vor Ort, wenn sie sich aufs Leben dort einlasse. "Langsam erkenne ich, wie schön dieses Land ist." Sie möchte auch ein differenzierteres Bild vermitteln als das Vorherrschende von Afrika, als wäre der riesige Kontinent mit seinen vielen Ländern überall gleich. Unter "Menschen, die lachen und singen", umringt von neugierigen Kindern "voller Hoffnung und Lebenskraft", will keine Trostlosigkeit aufkommen, auch wenn es viele Probleme gibt, vor allem bei der Bildung.

Ein unvermeidlicher Lernprozess wurde ihr von der Infrastruktur abverlangt, fallen doch ihr zufolge praktisch täglich Wasser- und Stromversorgung aus. Nun geht sie viel bewusster mit Ressourcen um. Mit zwei anderen Freiwilligen "sowie sieben Hunden und einer Katze" lebt Maraike in einem kleinen, einfachen Haus mit großem Garten, ganz in der Nähe der Schule. Die "Jacaranda School" wurde 2002 von Marie Da Silva gegründet, von allen liebevoll "Aunt Marie" genannt. Ihr Mann Luc Deschamps ist der "Executive Director". Die Schule ist stark abhängig von der Großzügigkeit von Spendern und Sponsoren: Die haben bisher unter anderem einen Schulhof mit Garten und kleinem Gewächshaus möglich gemacht, sodass die Schule sich teilweise selbst mit Lebensmitteln versorgen kann, einen Sportplatz, eine große Mehrzweckhalle und Gästehäuser. Neben einer Berufsschule, dem einzigen "Culture Center" in Blantyre und zahlreichen Büchereien hat die Stiftung kürzlich eine Kinderklinik für Physiotherapie eröffnet. "So versucht die Schule, nicht nur ihren Schülern zu helfen, sondern auch dem Rest der Bevölkerung", erklärt Maraike.

"Bildung ist in Malawi ein Privileg": So werde den Schülern stets klar gemacht, "wie glücklich sie sein können, auf dieser Schule zu sein". Viele Eltern nämlich messen der Schulbildung kaum Bedeutung zu oder können sich nicht leisten, "auf die Mithilfe der Kinder beim Geldverdienen zu verzichten". Maraike unterrichtet Französisch an der weiterführenden Schule und begleitet eine Lehrerin mitunter an die Grundschule, um sie zu unterstützen.

"Das Unterrichten ist eine große Herausforderung": Natürlich hat Maraike noch keine Ausbildung und wenig Erfahrung, aber den Anspruch, ihren Schützlingen etwas von Wert mitzugeben. Die Schulleitung schien einfach froh zu sein, jemanden zu haben, der Französisch spricht: "Ein Gespräch auf der Busfahrt mit dem Chef der Schule, Luc, und meine Aufgabe war klar." Die Sache wurde aber schwerer, als der andere Französischlehrer die Schule verließ und Maraike als einzige den Unterricht übernehmen konnte. So hat sie "sehr viel Arbeit".

Als wäre das nicht genug, ist Maraike Schäfer auch bei mehreren AGs aktiv, "ich leite einen Ballett-, Film- und einen German Culture Club". Außerdem hat sie im Dezember mit den Grundschul-Kindern ein Krippenspiel einstudiert und probte mit den älteren Schülern ein Theaterstück - "die Herausforderung: Alle Stücke mussten auf Französisch aufgeführt werden". Bei einem Wettbewerb waren sie und ihre jungen Schauspieler nicht nur auf regionaler Ebene erfolgreich, sie holten sich sogar den Sieg im Landes-Finale. "Die Kids waren unglaublich glücklich und natürlich bin ich auch ein bisschen stolz."

Umweltschäden durch Brandrodung, schlechte Luft, weil der Müll verbrannt oder achtlos weggeworfen wird, Armut und andere Missstände sind Maraike aufgefallen, aber vor allem für die Bildung ist noch viel zu tun. "Malawi befindet sich in einem Teufelskreis", hat sie festgestellt: "Schlecht ausgebildete Lehrer unterrichten Schüler, die später selbst schlecht unterrichten werden." Trotzdem "bin ich sehr froh, hier zu sein, und stelle fest, dass ich tatsächlich sehr viel lerne und die Schule trotzdem auch ein bisschen unterstützen kann". Nach dem Freiwilligendienst, der Anfang September endet, möchte Maraike Internationale Wirtschaft und Entwicklung oder International Economics studieren.

Info: Mehr über die Schule, die auch von der deutschen Jacaranda-Stiftung unterstützt wird, gibt es im Internet www.jacarandafoundation.org.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.