Töpel in Walldorf: "Vun do" oder "net vun do", das ist die Frage

Arnim Töpel stellte in Walldorf seine neuen Bücher "Fagrumbelung" und "Isch, de Krutze", vor

28.11.2016 UPDATE: 29.11.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden

Hatte in Walldorf gleich zwei neue Bücher dabei: Arnim Töpel. Foto: Pfeifer

Walldorf. (seb) Natürlich strotzen sie vor Situationskomik und lustigen, anekdotenhaften Zwischenspielen. Aber ein mindestens ebenso guter Grund, sich in Arnim Töpels Bücher zu vertiefen, ist seine bilderreiche, klangvolle Sprache, die besonders schön in den Dialogen zur Geltung kommt. "Laut lesen", empfiehlt er stets, schließlich ist eine Hauptfigur das Kurpfälzische, das sich niedergeschrieben nicht immer gleich erschließt.

Auf Einladung der Evangelischen Gemeindejugend (EGJ) Walldorf stellte Töpel jetzt zwei neue Bücher vor, "Fagrumbelung", den vierten Teil der Krimireihe um "Tschief" Günda, und sein erstes Kinderbuch: "Isch, de Krutze". Nachdem Chantal Schön von der EGJ die zahlreichen Gäste im Foyer des evangelischen Gemeindehauses begrüßt hatte, schwelgte Töpel kurz in Erinnerungen: "Mit der EGJ hat für mich alles begonnen, mit den Jugendfreizeiten und vor allem mit dem Theater." Ein Heimspiel also - und ein Abend voller Heimatverbundenheit. Darauf stimmte er auch mit seinem passend zum Advent umgedichteten Lied "Isch du a gern Weihnachtsgutsel" ein, in dem Töpel ein auch für seine Bücher wichtiges Konzept einführte: "vun do" zu sein oder "net vun do".

 

Einleitend las er Passagen aus vorherigen Krimis, stellte die fiktive Gemeinde Glickerbach vor und wichtige Figuren. Selbst Neulingen wurde damit sofort klar, was Töpels Regionalkrimis aus der Masse der bemüht die Heimatgefühls-Saiten zupfenden Bücher hervorstechen lässt. Mit den vielen schlitzohrigen Charakterköpfen am Rande des Geschehens kann man sich identifizieren, die sorgfältig skizzierten Schauplätze erkennt man wieder und bekommt Lust auf einen Ausflug in die Region. Und die Hauptfiguren, die weiter ausgearbeitet wurden, werden vorm inneren Auge richtig lebendig: "Tschief" Günda, scharfsinniger Ermittler mit der Seele eines Poeten, der ganz klar "vun do" ist, und Assistent, Fritjof Freese, ganz klar "net vun do" und oft Stellvertreter des Lesers, der Kurpfälzisch nicht beherrscht. Aus der Lesung ergab sich natürlich kein Hinweis auf die Lösung des Kriminalfalls um einen (scheinbar) verunglückten Mountainbiker im Heidelberger Wald.

Der Dialekt ist bedroht: Dieser rote Faden zieht sich auch zum Kinderbuch hin, in dem Lars, ebenfalls aus Glickerbach, die Hauptrolle spielt. Der ist anders als die anderen Kinder: Inspiriert von seinem "Oobaa" - "der isch vun do, aba voll" - spricht er nur Glickerbacherisch statt "so, wie es sich gehört". Das bereitet Lars nur Probleme: mit den eigenen Eltern, den Lehrern, mit Eltern seiner Schulkameraden, die offenbar alle Denzel, Brad oder Sören heißen. Befreundet ist er nur mit den Kumpeln seines Opas - sehr zur Entgeisterung seiner Mutter.

Auch interessant
: Arnim Töpel: "Am beschde laut lese, donn kummsch druff" (plus Video)

Nach einer anrührenden Textstelle hob Töpel die Stimmung mit einer brüllend komischen - in der Lars mit gebügeltem rotem Schlafanzug auf eine Geburtstagsfeier geht, aber das Beste aus seiner Lage macht. Nebenbei streute er Kritik an der Bildungsmaschinerie ein, aus der Lars’ Schulkamerad Felix nicht entkommen kann: Nach der Schule wird noch Englisch und Spanisch gelernt, dazu Klavier- und Geigenunterricht "und Yoga, damit er besser lernen kann". Zum Schmunzeln wurden die Zuhörer auch durch die Präsentation einiger der gut 300 Zeichnungen im Buch gebracht, die die Mannheimer Künstlerin Irina Brunsch laut Töpel nach seinen "hässlich-utzlischen Skizzen" angefertigt hat.

Während Lars vor allem durch knappe, treffende Kommentare glänzt, ist bei Tschief Günda Platz für richtig poetische Schilderungen wie die der Letzenberg-Kapelle, die Töpel aus irgendeinem Grund erst beim Open-Air des Kulturkreises Malsch-Mühlhausen 2015 als idyllischen Rückzugsort entdeckt hat: "imposant, unnahbar und behütend zugleich". Dort hört Günda einen Männerchor singen, dessen Lied ihn berührt: "Hoffnungsvoll und schwerelos ergoss es sich über die Wiese und verschwand in den Weinbergen."

Mit einem Lied endete auch die Lesung: Bei Töpels Version von "Walk on the Wild Side", "Des bin isch alles gloffe", sangen alle Zuhörer mit. Vom Rhythmus seiner Dialoge und der Melodie seiner Schilderungen bis zu seinen mitreißenden Mundart-Liedern: Musik ist Töpels Sprache, seine Sprache ist Musik.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.