Still wird die Nacht in Bad Rappenau. Ab Freitag gilt auch im gesamten Landkreis Heilbronn eine nächtliche Ausgangssperre. Dann ist es nur mit einem triftigen Grund erlaubt, sich zwischen 21 und 5 Uhr im Freien aufzuhalten. Foto: Falk-Stéphane Dezort
Von Falk-Stéphane Dezort
Kraichgau. Während in der Stadt Heilbronn bereits seit Dienstagabend zwischen 21 und 5 Uhr eine Ausgangssperre herrscht, folgt eine solche Einschränkung nun auch für den Landkreis. Das hat das Landratsamt in Heilbronn am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz mitgeteilt. Wie vom Land Baden-Württemberg vorgeschrieben, haben die Verantwortlichen eine Allgemeinverfügung erlassen, in der weitere Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verfügt werden. Gelten soll die Ausgangsbeschränkung ab Freitag, 11. Dezember, und zunächst bis zum 20. Dezember andauern.
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"Nach den Entwicklungen der vergangenen Tage war das erwartbar", sagt Ittlingens Bürgermeister Kai Kohlenberger im Gespräch mit der RNZ. Seit dem Wochenende liegt die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen innerhalb einer Woche auf 100.000 Einwohner, über dem kritischen Schwellenwert von 200. In Ittlingen selbst sind momentan acht Menschen mit dem Corona-Virus infiziert. "Wir waren lange die Insel der Glückseligen", sagt Kohlenberger. Doch die Zahlen nehmen zu, und die Erkrankten wiesen immer schwerere Verläufe auf. "Bei manchen muss die Quarantäne verlängert werden, weil die Symptome noch nicht abgeklungen sind." Für ihn ist die Ausgangssperre ein "notwendiges Übel", und es sei wichtig, dass nun gegengesteuert wird. "Es ist unliebsam aber notwendig."
In die gleiche Kerbe schlägt auch sein Amtskollege aus Gemmingen, Timo Wolf. "Wir bedauern sehr, dass es zu dieser Maßnahme kommt, aber sie ist wichtig und notwendig." Allerdings kritisiert Wolf auch die Bundes- und Landespolitik der vergangenen Wochen. Er sieht keinen Grund, warum Gaststätten und jetzt auch meistergeführte Frisörbetriebe schließen mussten. "Sie sind keine Infektionsherde." Vielmehr hätte man die Restaurants verstärkt kontrollieren sollen, ob die Hygienevorgaben eingehalten werden.
Die kommende Ausgangssperre trifft auch die ganz kleinen Kommunen im Landkreis wie Siegelsbach. Die 1600-Einwohner-Gemeinde weist seit Pandemie-Beginn insgesamt 16 Corona-Fälle auf. Aktuell ist eine Person infiziert. In den zurückliegenden Wochen war die Kommune sogar tagelang als einzige im Landkreis ohne aktiven Fall. Für Siegelsbachs Bürgermeister Tobias Haucap ist das aber kein Grund, sich über die Ausgangssperre zu ärgern. "Es wäre nicht richtig, Siegelsbach isoliert zu betrachten. Wir sollten zusammenhalten und uns solidarisch verhalten." Haucap stimmt der Maßnahme grundsätzlich zu und vertraut darauf, dass das Gesundheitsamt die richtigen Entscheidungen trifft. "In Siegelsbach wird sich keiner beschweren", ist sich Haucap sicher. Darüber hinaus betont er, dass die Gemeinde mit nur vier Fällen selbst schnell den Inzidenz-Wert von 200 überschreiten würde.
Skeptisch sieht hingegen Gerd Kreiter, Bürgermeister in Kirchardt, die Beschränkungen. Die Ausgangssperre sei eine Maßnahme, die zwar in Ballungsräume funktioniere. Aber das "flache Land ist kein Infektionstreiber". Für die Kirchardter Bürger empfindet er die Maßnahme als "am ehesten verkraftbar". Weil Hallen geschlossen und Vereinsaktivitäten sowie Veranstaltungen untersagt sind, gebe es für viele ohnehin keinen Grund mehr, nach 21 Uhr noch unterwegs zu sein. "Das Kirchardter Nachtleben hält sich in Grenzen", sagt Kreiter. Schwerwiegender wäre es, wenn Geschäfte und Schulen wieder schließen müssten.
Auch Bad Rappenaus Oberbürgermeister Sebastian Frei spricht von Einschränkungen, die "keine sonderliche Beeinträchtigung der Lebensqualität" mit sich bringen werden. Dennoch habe sie "ihre Berechtigung". Und: "Ich möchte die Entscheidung nicht treffen."
In einem Punkt sind sich alle Bürgermeister einig: Es wird schwer das Einhalten der Ausgangssperre zu kontrollieren, vor allem im privaten Raum. "Die Spielregeln sind nur so gut, wie man sie auch kontrollieren kann", sagt Kohlenberger. "Es wird ein großes Problem. Viele kleine Gemeinden haben keinen eigenen Vollzugsdienst." Es sei sportlich, das alles zu kontrollieren. "Wir werden mit denen uns zur Verfügung stehenden Mitteln helfen", kündigt Frei an. Aber man dürfe sich auch nicht der Illusion hingeben, dass überall jederzeit alles kontrolliert werden kann. Es gehe ein Stück weit auch um die Eigenverantwortung jedes Bürgers, sich an die Regeln zu halten.