"Wir bauen quasi ein Schiff"
Man sieht es nicht, aber hinter den Kulissen des Wohnquartiers Elsenz Mitte in der Muthstraße laufen die Arbeiten auf Hochtouren
Von Tim Kegel
Sinsheim. Die Baugenehmigung hatte Günter Kotlik diesen Donnerstag in der Hand, starke drei Jahre nachdem über das Großprojekt erstmals öffentlich gesprochen wurde. Kommenden Dienstag werden die ersten Verkaufsprotokolle aufgesetzt, für einige der 66 Wohnungen und sieben Penthäuser im Wohnquartier Elsenz Mitte. Geplant sind auch eine Seniorentagespflege und Geschäftseinheiten in der Muthstraße.
Doch noch türmen sich bis zu fünf Meter hohe Schuttberge auf dem früheren Zweydinger-Gelände. Ein Bagger vermengt schwarzbraunes Material mit grauer pudriger Masse: Emailleschlacke wird gekalkt. Der Kalk bindet, nur so wird die mit Schwermetallen durchsetzte Erde überhaupt transportfähig. Der Abtransport erfolgt voraussichtlich noch im September. Eine geeignete Deponie, die die giftigen Reste aus der Sinsheimer Industrialisierungszeit aufnimmt, fand man in Köln.
Solche und ähnliche Feinheiten sind es, welche die Bauvorbereitungszeit auf Laien schier endlos wirken lassen. Günter Kotlik nennt sie "das eigentlich Schwierige bei Projekten", da nicht bis ins Detail planbar, logistisch aufwendig, volle Aufmerksamkeit fordernd. Seit Beginn der Arbeiten tauchten im Baugrund die Reste einer Mühle auf, der verschüttete Kanal des Ilvesbachs, seinerzeit Mühlkanal, die Überbleibsel eines Brands auf dem Gelände, mit dessen Resten aufgeschüttet und angebaut wurde. Holzstücke fanden sich konserviert im Untergrund. Einzelne Sandsteinbrocken sind schwarz verfärbt, andere überzieht Rost, wieder andere Salpeter.
"Du brauchst für alles Scheine, gesonderte Genehmigungen, Abfuhrgenehmigungen, Unternehmen, Deponien", schildert Günter Kotlik. Vor dem Gebäudekauf wurden zur Risikoabwägung umfangreiche Proben der Abbruchimmobilie sowie des Baugrunds genommen. Ein Fachbüro begleitet den Bau, bis heute finden Untersuchungen verschiedenster Bereiche des Baugrunds statt, werden Bodenproben unter die Lupe genommen. Denn: Die künftig vierstöckigen Gebäude stehen im für Sinsheim so typischen, schlammig-torfigen Untergrund, eigentlich der Elsenzaue. "Ständig", sagt Kotlik, habe man es "in irgend einer Form mit Grundwasser zu tun." Eine enge Zusammenarbeit mit der Wasserrechtsbehörde im Landratsamt tue Not, Auflagen gingen bis in kleinste Details.
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Etwa die Pfahlgründung: Spezielle grundwasserechte Pfähle müssen verbaut werden. Außerdem kann der beim Gebäudeabriss entstandene Schotter, der sich gerade entlang der Dührener Straße auftürmt, aus umweltrechtlichen Gründen nicht einfach in der Baugrube genutzt werden. Das Material wird im Straßenbau recycelt - später kommt Reinschotter zum Einsatz.
Grundwasser wird auch beim Bau der Tiefgarage zur Herausforderung. Deren Boden liegt etwa vier Meter unter der Gehwegkante der Muthstraße. "Da braucht man Spezialfirmen, die das dicht kriegen", sagt Günther Kotlik. "Wir bauen quasi ein Schiff."