Die heimische Bachforelle ist die Leitfischart in der Elsenz. Nun aber ist in einem Fischzuchtbetrieb eine Viruserkrankung nachgewiesen worden, die im schlimmsten Fall vielen Forellen den Garaus machen könnte und damit auch das gesamte Ökosystem gefährdet. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Ittlingen/Sinsheim-Steinsfurt. Angler, Ökologen und Tiermediziner sind alarmiert: In einem Fischzuchtbetrieb nahe der Grenze der Landkreise Heilbronn und Rhein-Neckar ist vor wenigen Tagen eine meldepflichtige Fischkrankheit nachgewiesen worden. Diese befällt zwar ausschließlich Forellen, endet dann aber sehr oft tödlich.
Das Problem: Noch weiß niemand mit letzter Sicherheit, ob das Virus, das die Krankheit auslöst, nicht bereits aus der Aquakultur in die Elsenz gelangt ist. Wäre dies der Fall, würde wohl ein Großteil der hiesigen Forellen dahingerafft.
Der Veterinärdienst des Landkreises Heilbronn hat dem betroffenen Betrieb nun untersagt, lebende Jungfische in den Handel zu bringen und Abnehmer, beispielsweise Angelvereine, zu "Kontaktbetrieben" erklärt, die nun keine Fische aus dem betroffenen Betrieb in einem Gewässer auswildern dürfen. Außerdem werden sämtliche Fische des Betriebs getötet und die Becken desinfiziert und vorerst stillgelegt.
Am heutigen Freitag wollen sich Veterinärmediziner und Mitarbeiter des Fischgesundheitsdienstes zusammensetzen, um über das weitere Vorgehen zu beraten, sagte Manfred Körner, Sprecher des Landratsamtes Heilbronn, der RNZ auf Nachfrage. Erschwerend kommt hinzu, dass die Veterinärmediziner gerade ohnehin alle Hände voll zu tun haben, weil in einem Betrieb in Bretzfeld die Geflügelpest ausgebrochen ist.
Außerdem kann die Behörde zwar die betroffene Aquakultur sperren, nicht aber die beiden angrenzenden Fließgewässer: Ein kleiner Bach, der durch die Aquakultur fließt und zwischen Ittlingen und Reihen in die Elsenz mündet.
Genau darin liegt auch der Grund für die Unsicherheit. Das Virus, das bei Forellen die sogenannte Infektiöse Hämatopoetische Nekrose (IHN) auslöst, kann sich nicht nur von Tier zu Tier, sondern – über Kot oder Schuppen – auch über das Wasser verbreiten. Für andere Fischarten, für Vögel und auch für den Menschen ist das Virus ungefährlich, aber allesamt können sie es weiterverbreiten.
Das Virus ist tückisch: "Verluste treten vorwiegend bei Jungfischen und Brut auf, ältere Fische zeigen meist einen chronischen Krankheitsverlauf mit geringeren Verlusten", schreibt der Fischgesundheitsdienst des Landes und warnt: "Fische, welche die Seuche überstanden haben und gesund erscheinen, sind gefährliche Seuchenüberträger."
Laut Körner werden nun wohl die Angler in Bereich Ittlingen/Reihen aufgefordert, sämtliche Ausrüstungsgegenstände, auch Stiefel und Wathosen, zu desinfizieren und ihre Reviere zu beobachten. Viel mehr könne man nicht tun, sagte Körner.
"Wir sind extrem beunruhigt", bekannte Tobias Müller vom Ittlinger Angelverein. Falls das Virus ins Gewässer gekommen sein sollte, hat es sich hier schon verbreitet. Da noch bis 1. März Schonzeit ist und nicht gefischt werden darf, könnten möglicherweise bereits verendete Fische noch gar nicht aufgefallen sein. Wenige Kilometer flussabwärts gibt sich Christian Gresler vom Steinsfurter Angelsportverein noch recht gelassen. Den letzten Besatz aus dem betroffenen Betrieb, dessen Besitzer vor wenigen Monaten gewechselt hat, hatten die Steinsfurter im September geholt.
Tote Fische seien ihm bislang nicht gemeldet worden, sagte Gresler. Man werde nun zu Beginn der neuen Saison ganz genau hinschauen: "Wenn’s ausbricht, können wir’s ja auch nicht halten", sagte er, räumte aber auch ein, dass sich das Virus dann schnell bis Neckargemünd weiterverbreiten könnte und dann die ganze Elsenz in Gefahr wäre, denn verwesende Fischkadaver würden die ohnehin nicht allerbeste Wasserqualität schnell stark beeinträchtigen.
Während die Steinsfurter nun im Odenwald junge und offenbar resistentere Regenbogenforellen als Neubesatz kaufen wollen, sind sich die Ittlinger Angler noch nicht sicher, wie sie vorgehen. Sie setzen eher auf die kleinere, für Angler wegen ihres geringeren Gewichts weniger attraktive Bachforelle. Sie ist die standorttreue Leitfischart der Elsenz, während die Regenbogenforelle ursprünglich aus Nordamerika stammt und gerne auf Wanderschaft geht. So oder so: Müllers Informationen nach befällt das Virus beide Arten.
Außerdem könnte IHN auch über Vögel, beispielsweise Reiher, schnell über große Strecken weiterverbreitet werden, also auch flussaufwärts Richtung Eppingen. Man müsse abwarten. In wenigen Tagen beginnt die neue Saison. "Nach dem ersten Hegefischen wissen wir mehr", sagt auch sein Steinfurter Kollege Gresler. Einig sind sie sich in der Einschätzung möglicher Folgen: Wenn sich das Virus ausbreitet und zugleich durch die Klimaerwärmung die Wassertemperatur steigt und der Wasserstand sinkt, wäre das eine katastrophale Kombination für das Ökosystem der Elsenz.