Alte Gasthaustradition im Fachwerkglanz: Links das ehemalige 'Weiße Ross', das 1992 restauriert wurde und zum 'Hotel Bären' gehört. Rechts schließt sich der frühere 'Ochsen' an, dessen kunstvolles Wirtshausschild an die Vergangenheit erinnert. Foto: Weis
Von Martin Weis
Sinsheim. Zu den historischen Gastwirtschaften im alten Sinsheim zählte einst auch der "Goldene Adler-Post", der an der Freitagsgasse/Ecke Ecke Hauptstraße im Jahr 1700 mit dem Schildrecht der kurpfälzischen Administration Heidelberg ausgestattet wurde. Die Gastwirtschaft lag außerhalb der Stadtmauer, hatte das Privileg einer Turn- und Taxis' schen Poststation. Die Gastwirte waren gleichzeitig Posthalter.
Die Verbindung von Gasthaus und Poststation bescherte den wechselnden Besitzern einträgliche Einnahmen. Damit stieg auch der Kaufpreis. Seit dem ersten Verkauf von "Adler-Post" 1736 (2300 Gulden) stieg der Kaufpreis binnen 90 Jahren bis zur nächsten Veräußerung im Jahr 1822 auf 35.000 Gulden. Zum Anwesen gehörten Äcker, Wiesen, Gärten sowie Geschirr und Postkutschen. 1839 musste der nächste Käufer 66.000 Gulden für die Liegenschaft berappen.
Mit dem Anschluss Sinsheims ans Eisenbahnnetz 1868 werden die Posthaltereien aufgelöst. Die Posthoheit ging an den badischen Staat, später ans Deutsche Reich über. Danach "wechselt das Gasthaus alle paar Jahre den Eigentümer," skizziert Stadthistoriker Wilhelm Bauer ("Drei Jahrhunderte Sinsheimer Gasthausgeschichte") die Entwicklung des Gasthauses, das 1904 zum "Hotel Post" wurde und nach 1945/46 Unterkunft für Heimatvertriebene. Das Ende kam in den frühen 70er Jahren: das historische Gebäude stand der Stadtsanierung im Weg, wurde 1973 abgebrochen.
Kürzer ist die Geschichte einer Gastwirtschaft unweit des "Adler Post": dem "Weißen Bären" am Carlebuckel (Klostergasse). Das Gebäude wurde 1801 errichtet. Sein Eigentümer beantragte 1808 das Schildrecht für den "Weißen Bären", das er auch erhielt. Der "Weiße Bär" blieb aber nur bis 1847 Gasthaus. Das Haus wurde 1850 ans Großherzögliche Badische Justizministerium verkauft, war bis 1908 Sitz des Notariats und später Wohnhaus von Staatsbeamten. 1986 erfolgte der Abriss.
Dass sich in der nächster Nähe zwei weitere Gasthäuser über Jahrhunderte halten konnten, würde heute als unglaublich bewertet. Ein "Schwanenwirt" wird bereits 1623 erwähnt. Das Schildrecht wurde dem "Schwanen" (Hauptstraße 131) schon vor dem Niederbrennen Sinsheims 1689 erteilt. Der Gasthof lag weit vor den Stadtmauern Richtung Rohrbach, in unmittelbarer Nähe von drei Mühlen: Mittelmühle, der Säge- und Ölmühle Reinig und "Äußere Mühle" (heute Klostermühle).
Gäste im Schwanen waren vor allem Fuhrknechte mit Mahlgut für die Mühlen. Die Brauerei versorgte die Gäste mit dem "Schwanen-Bräu". Bierbrauer waren auch die nachfolgenden Gastwirte, die 1820 den "Schwanen" erwarben. 1889 begann die "Ära" der Schwanenwirt- Familie Bräunling, so Wilhelm Bauer. Das Anwesen umfasste ein zweigeschossiges Wohnhaus mit Gewölbekeller, zweistöckige Brauerei, Scheuer mit Stallungen, Malzdarre, Schweineställe und eine "Wirtschaftshalle mit Kegelbahn." Diese Kegelbahn überlebte bis 1994.
Drei Generationen der Familie Bräunling bewirtschafteten bis 1950 den Schwanen, dessen schattige Gartenwirtschaft ebenso beliebt war, wie das Bier und die Kegelbahn. Das Gebäude hat die Planungen eines Neubaus mit Eigentumswohnungen überstanden. Die Gasthausära ist jedoch beendet.
Die Abrisswelle in den 70er und 80er Jahren unbeschadet überstanden hat das Gasthaus "Zum Ochsen." Es gehört zum einzigen verbliebenen Fachwerkensemble der Innenstadt. Chronisten halten fest, dass französische Offiziere 1688 hier gespeist haben und General Melac im gleichen Jahr im "Ochsen"übernachtete.
In der Familie Kauffmann/Keller wurde das Ochsenwirt-Zepter 200 Jahr (bis 1889) an die nächste Generation weiter gegeben. 1925 wird das Fachwerk unter den Nachfolgewirten der Familie Wacker freigelegt. Jahrzehnte galt der "Ochsen" als "renommierte gut bürgerliche Gaststätte, mit vorzüglicher Küche und Fremdenzimmern." Heute wird das Gasthaus als Pizzeria "Bella Marmarris" bewirtschaftet. Das Ochsenschild an der Fassade erinnert an die Vergangenheit.